FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2018
riger, das Modell des beratenen Depots anzu- bieten. Die Gespräche dauerten länger und seien mit höherem bürokratischem Aufwand verbunden. „In normalen Marktlagen mag dies zu bewältigen sein“, sagt Klein. „Doch sobald sich die Lage an den Börsen schwie- riger darstellt, steigt der Beratungsbedarf und ist schwieriger zu bewältigen. Daher halte ich es für bedauerlich, dass die Auswahlmöglich- keit für die Anleger faktisch begrenzt wird.“ Mit einem lachenden Auge sieht Klein die Entwicklung jedoch für sein eigenes Haus. „Statt auf Beratungsdepots richteten wir uns bereits frühzeitig auf das Modell der Vermö- gensverwaltung aus“, erläutert der Leiter des Traditionshauses. „Die Kapitalmärkte sind komplexer geworden. Daher erscheint es sinn- voll, dass ein dezidiertes Team die Märkte aktuell beobachtet und bei Bedarf die Kun- denportfolios rasch anpassen kann.“ Bei einem beratenen Depot würden solche An- passungen viel mehr Zeit und Aufwand in Anspruch nehmen, argumentiert Klein. Trotz aller Widrigkeiten hält wiederum die Commerzbank nach wie vor das beratene Modell wie auch die offene Architektur hoch. Das Haus will die Fondsauswahl für die Kun- den über alle Bereiche des Privatkunden- segments möglichst offen halten – und sich nicht eng an Auswahllisten entlanghangeln, heißt es aus Frankfurt. Doch auch bei dem zweitgrößten Geldhaus gehen nur Produkte über den Schalter, die die internen Fonds- analysten abgeklopft und für gut befunden haben. Und im breiten Retailgeschäft hat das Institut eigene Produkte auf den Markt ge- bracht, die sich als vermögensverwaltende Bausteine in die Kundendepots legen lassen. Freiheiten geraubt Die zunehmende Standardisierung und das Abtreten von wichtigen Aufgaben wie das Portfoliomanagement an eine zentrale Stelle scheint so manchen Private Banker in die Unabhängigkeit zu treiben. „Viele sehen sich ihrer Freiheiten beraubt und fühlen sich in dem engen Korsett einer Bank nicht mehr wohl“, verrät ein erfahrener Vermögensver- walter. Immer mehr Kundenbetreuer würden sich selbstständig machen – oder bei bank- unabhängigen Anbietern anheuern. Unternehmensberater Upadek hingegen mag wegen der neuen Regulierung keine Ab- wanderungswelle aus den Banken ausmachen. Es gebe viele Gründe für einen Wechsel. „Auf der einen Seite mag für Berater das Gefühl stehen, dass sie in ihrer Freiheit beschränkt sind“, räumt Upadek ein. „Demgegenüber muss ein Haus aber sicherstellen, dass alle Kunden gleich gut beraten werden. So bleiben am Ende weniger Kunden übrig, die schlechte Erfahrungen machen.“ Für Castell-Bank-Chef Klein stellt das neue Rollenbild des Beraters ohnehin keine Abwer- tung dar. „Dieser entwickelt sich vom Wert- papierexperten zu einem Kommunikator“, er- läutert Klein. „Er nimmt sozusagen die Rolle eines Serviceleiters, eines Chef de Rang in einem Sterne-Restaurant, ein.“ Dort gebe es in der Regel nur wenige Menüs zur Auswahl. „Er erklärt den Gästen, warum es nur genau diese Menüs gibt und welche Spezialitäten in diesen Menüs verarbeitet wurden. Dafür muss er genau wissen, wie gekocht wird.“ SEBASTIAN ERTINGER | FP Stete Zuflüsse Nettoneugeldaufkommen im europäischen Private Banking in Prozent des betreuten Vermögens In Deutschland wächst die Wealth-Management-Branche sehr konstant, anders als bei manchen Nachbarn. Quelle: McKinsey European Private Banking Survey 2017 -3 % -2 % -1 % 0 1 % 2 % 3 % 4 % 5 % 6 % Österreich Großbritannien Schweiz Luxemburg Spanien + Portugal Italien Deutschland Frankreich 6 2016 2012 2 Geld ohne Gewinn Vermögen europäischer Millionärshaushalte im Vergleich zu den durch- schnittlichen Gewinnmargen europäischer Wealth Manager, indexiert Das Potenzial für Banken wächst. Doch das Geschäft mit gehobenen Kunden wirft immer weniger ab. Quelle: Deloitte: Innovationen im Private Banking & Wealth Management 2017 60 80 100 120 140 160 2015 2010 2005 2000 N Vermögen Gewinnmarge Indexstand 2000=100 2 Bernd Scherer, Bankhaus Lampe: „Im Private Banking werden Portfolios gerne als einzigartig angepriesen.“ Sebastian Klein, Fürstlich Castell’sche Bank: „Die Kunden liebten das Beratungsmodell.“ Foto: © Fürstlich Castell’sche Bank; Bankhaus Lampe 270 www.fondsprofessionell.de | 2/2018 bank & fonds I private banking
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