FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2018

Menschen zugeht. „Das ist aber alles eine sehr komplexe Geschichte, was die Programmie- rung betrifft“, betont er. „Man muss sich be- wusst machen, dass die Fähigkeiten humanoi- der Roboter noch beschränkt sind. Doch die Entwicklung schreitet voran. In zehn Jahren wird vieles möglich sein, was heute noch nicht funktioniert.“ Ob Numi zukünftig Bankmitarbeiter erset- zen kann, bleibt fraglich. Die meisten Institute nutzen die Roboter bisher nur zum Vorzeigen bei Kundenveranstaltungen, da ist die Sparkas- se Marburg-Biedenkopf bereits einen deutli- chen Schritt weiter. Doch der Sparkassenvor- stand schränkt ein: „Auf absehbare Zeit blei- ben Roboter eine Ergänzung im Service. Nicht mehr, nicht weniger.“ Gehaltsmäßig befindet sich der humanoide Roboter übrigens eher im Mindestlohnbereich. Er bekommt so viel Strom gratis, wie sein Akku verlangt. „Außer- dem haben wir ihm eine kuschelige Transport- box gekauft und streicheln ihm von Zeit zu Zeit über den Kopf. Dann seufzt er glücklich“, so der Sparkassenchef. MARCUS HIPPLER | FP Stefan Heng | Duale Hochschule Baden-Württemberg „ Maschinen ersetzen längst Menschen“ Stefan Heng, Professor für digitale Medien an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, über die zunehmende Automatisierung in der Finanzbranche und die Frage, wie sich die Ängste der Mitarbeiter und Kunden abbauen lassen. S tefan Heng ist Professor für digitale Medien an der Dualen Hochschule Ba- den-Württemberg (DHBW) in Mann- heim. Davor arbeitete er bei der Deutschen Bank, wo er im Think-Tank der Konzernzen- trale zuletzt den Bereich „Digitale Transfor- mation der Wirtschaft“ verantwortete. Herr Heng, Sie forschen zu den wirt- schaftlichen Aspekten der digitalen Transformation. Welchen Vorteil hat der Einsatz von Robotern gegenüber der Beschäftigung von Menschen? Stefan Heng: Ob Roboter tatsächlich schlauer sind als Banker, bleibt zu beweisen. In jedem Fall können Roboter schneller und mehr Information verarbeiten. Zudem sind sie nicht an Öffnungszeiten oder Beratungstermine gebunden. Sofern der Algorithmus, nachdem der Roboter entscheidet, insgesamt für den Bankkunden nachvollziehbar ist, stellen sol- che Maschinen eine konsequente Erweiterung des bisherigen Angebots im Finanzbereich dar – umso mehr, als in den vorangeschalte- ten Wertschöpfungsstufen wie dem Wertpa- pierhandel oder der Zahlungsabwicklung die Automatisierung schon längst eingezogen ist. Dient der Einsatz von Numi in der Sparkasse lediglich dazu, Aufmerk- samkeit zu generieren? Oder ist das als ernsthaftes Experiment anzusehen? Die Banken, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und überleben wollen, spielen derzeit in abgegrenzten Bereichen mit vielen Einsatz- möglichkeiten der digitalen Transformation – und freuen sich dabei umso mehr, wenn solche Projekte, die ja durchaus immer auch bedenk- liche Aspekte mit sich tragen, in der Öffent- lichkeit positiv wahrgenommen werden. An- ders als ein abstrakter Algorithmus hat ein Roboter, der greifbar ist und zudem noch das Kindchenschema anspricht, als Sympathie- träger zunächst gute Erfolgschancen. Wie kann man die vorhandene Skepsis und die Ängste mancher Menschen gegenüber Robotern abbauen? Neben den hoffnungsfrohen Entwicklungen, die die Protagonisten der digitalen Transfor- mation in buntesten Farben malen, gibt es durchaus auch kritische Aspekte zu berück- sichtigen: vom Datenschutz über die Ausge- staltung von Beschäftigungsverhältnissen bis hin zur Kundenakzeptanz. Gleichwohl findet die digitale Transformation im Finanzbereich bereits statt und gewinnt mit dem Einstieg kalifornischer und chinesischer IT-Riesen immer mehr an Dynamik. Weder die Banken noch die Kunden werden sich dieser Dyna- mik entziehen können. Um die mit der digi- talen Transformation verbundenen positiven Potenziale zu heben, braucht es daher nicht nur eine leistungsfähige technische Infrastruk- tur, sondern auch einen passenden Rechtsrah- men, der einen guten Kompromiss zwischen Innovationsförderung und dem Schutz von gesellschaftlichen Werten darstellt. Hier wer- den in den kommenden Jahren noch zahlrei- che Diskussionen zu führen zu sein – auf in- nenpolitischer wie auf internationaler Ebene. Können hoch entwickelte Roboter in Zukunft den Servicemitarbeiter in der Bankfiliale ersetzen? Ich möchte mich nicht am Begriff „Roboter“ allein aufhängen. Tatsächlich hat die Digita- lisierung zusammen mit dem gesellschaft- lichen Wandel die Bankenlandschaft bereits radikal verändert – innerhalb der etablierten Häuser, insbesondere aber auch außerhalb. Wann waren Sie beispielsweise zum letzten Mal in einer Bankfiliale? Oder fragen Sie Ihre Kinder, ob Sie sich vorstellen können, dass man Kontoauszüge am Bankschalter ab- holen musste. Die Dynamik steigt also immer weiter und wird auch im Finanzbereich noch zunehmen. Maschinen ersetzen auch im Finanzgewerbe schon längst Menschen und werden dies künftig in immer größeremAus- maß tun – vom bislang vergleichsweise gut bezahlten Servicemitarbeiter im Privatkun- dengeschäft bis hin zum hochbezahlten Ana- lysten im Investmentbanking. Stefan Heng, Duale Hochschule Baden-Württemberg: „Es braucht auch einen passenden Rechtsrahmen.“ Foto: © Stefan Heng 286 www.fondsprofessionell.de | 2/2018 bank & fonds I automatisierung

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