FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2018

I n Schweden ist die Sache ganz einfach: Jedes Jahr erhalten alle Bürger, die für ihren Ruhestand vorsorgen, einen orange- farbenen Brief vom Rentenamt. Darin finden sich übersichtlich aufgelistet alle Summen, die sie in die staatliche Rentenkasse, die betrieb- liche und private Altersvorsorge bisher einge- zahlt haben. Zu sehen sind außerdem die mo- natlichen Ansprüche, die der Sparer erwarten darf, in der Höhe gestaffelt nach Lebensalter bei Renteneintritt. Zusätzlich erhält er eine Empfehlung für den optimalen Zeitpunkt, sich aus dem Berufsleben zurückzuziehen – und einen Code. Wer sich damit auf der Webseite Minpension.se registriert, kann sämtliche Ren- tenansprüche jederzeit auch online einsehen. „Ein solches Online-Rentenkonto würde ich mir auch wünschen“, erklärt Olaf Lübke. In 17 Jahren wird der heute 50-jährige ange- stellte Prokurist in den Ruhestand gehen. Wie viel Geld ihm dann monatlich zur Verfügung stehen wird, weiß er nicht. Dafür müsste er sich regelmäßig die Standmitteilungen der gesetzlichen Rentenversicherung sowie die seines Lebensversicherers anschauen, die Ent- wicklung der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) und seines Fondssparplans prüfen. Doch dafür ist ihm seine knappe Freizeit ein- fach zu schade. „Eine Übersicht, der immer zu entnehmen ist, wie hoch meine Gesamt- rente einmal ausfallen wird, fände ich sehr praktisch“, sagt er. Komplettübersicht gewünscht Damit ist Lübke nicht allein. So zeigt eine aktuelle Untersuchung des Meinungsfor- schungsinstituts Insa-Consulere, dass 41 Pro- zent der Bundesbürger eine Komplettübersicht für notwendig halten. In der Politik wird eine sogenannte säulenübergreifende Rentenin- formation bereits seit 2001 immer wieder dis- kutiert, bislang kam die Sache jedoch nicht voran. Nun aber haben CDU/CSU und SPD das Projekt in ihren Koalitionsvertrag auf- genommen. Erste Fintech-Unternehmen ent- wickeln Online-Rentenkonten im kleinen Stil – und machen der Politik vor, wie ein solches Portal aussehen könnte. Ganz konkrete Vorstellungen von einer digitalen Komplettübersicht hat auch das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) in Berlin. Das DIA hat im Herbst 2017 einen ausgefeilten Vorschlag für ein unternehmens- unabhängiges Online-Rentenkonto vorgelegt, letztendlich auch um dazu beizutragen, dass das Thema endlich einmal Eingang in einen Koalitionsvertrag findet. „Damit eine unabhängige digitale Renten- übersicht tatsächlich realisiert wird, bedarf es einiger Gesetzesänderungen“, sagt DIA-Spre- cher Klaus Morgenstern. Anders käme ein solches Großprojekt nicht vom Fleck. Dies zeigten auch Erfahrungen aus Ländern wie Australien oder den Niederlanden, in denen es solche Onlineportale bereits gibt. Nach dem Vorschlag des DIA sollen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung sowie die Anbieter der privaten und der betrieblichen Altersvorsorge dazu ver- pflichtet werden, alle nötigen Daten elek- tronisch bereitzustellen und regelmäßig zu aktualisieren. Daten werden nicht gespeichert Für die Entwicklung des Datenstandards macht sich das DIA für ein Private Public Partnership zusammen mit den Altersvor- sorgeträgern stark. „Selbstverständlich muss sichergestellt sein, dass die Daten nicht zentral und auf Vorrat gespeichert werden“, sagt Mor- genstern. Stattdessen sollen die Informationen zu den Rentenanwartschaften bei den Anbie- tern der Altersvorsorge in allen drei Schichten nur abgerufen werden, wenn sich der Konto- inhaber einloggt. Auf der Plattform selbst wären lediglich die nötigsten Stammdaten gespeichert. Der Blick auf das Rentenkonto soll über Computer, Tablet und Smartphone möglich sein. Zur sicheren Identifizierung schlägt das DIA die „Electronic Identity“ Funktion (EID) des neuen Personalausweises vor. Alternativ käme auch das Elster-Verfah- ren in Frage, das die Finanzämter nutzen. Als Betreiber des Online-Rentenkontos kann sich das DIA nur eine neutrale Stelle vorstellen. Andernfalls könnte leicht der Ein- Alles auf einen Blick Erst wenn alle Puzzleteile zusammengesetzt sind, ergibt sich ein Bild. Auch Sparer wissen nur, was sie an Rente einmal erwartet, wenn alle Einzelinformationen verfügbar sind. Die meisten Bürger wissen nicht, wie viel Geld ihnen im Alter zur Verfügung stehen wird. Eine digitale Rentenübersicht könnte das ändern. Die Idee gibt es schon lang, doch jetzt kommt Bewegung in die Sache. Foto: © M. Schuppich | stock.adobe.com 324 www.fondsprofessionell.de | 2/2018 steuer & recht I online-rentenkonto

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