FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2018
Heuser: Wobei man zuletzt schon den Ein- druck gewinnen konnte, dass Sie sich ein wenig abwenden von Warren Buffett, so- zusagen statt Jünger nur noch Anhänger sein wollen. Richtig? Leber: Ich glaube, dass die Devise des be- rühmten Eishockeyspielers Wayne Gretzky, wonach man dahin gehen muss, wo der Puck hinfliegt, nicht wo er war – ein Zitat, das übrigens auch Buffett gern benutzt – nach wie vor ihre Gültigkeit hat. Daher versuche ich angesichts der heute sehr viel kürzeren Er- tragszyklen von Unternehmen von nur noch zehn statt früher bis zu 50 Jahren eine Art Weiterentwicklung der Buffett-Philosophie umzusetzen. Damit haben wir uns in Bezug auf die erwähnten Zukunftstrends sicherlich ein Stück weit von Buffett entfernt. Aber auch vorher war es ja allein schon aus rein techni- schen Gründen nicht möglich, die Strategie von Berkshire Hathaway sozusagen nachzu- bilden. Buffett versucht einfach, riesige Geld- mengen zum Beispiel in Infrastrukturprojek- te, Eisenbahnen und Windenergie zu investie- ren. Das kann ich so gar nicht umsetzen mit einem unserer Fonds. Heuser: Mit dem angesprochenen Thema künstliche Intelligenz können Sie aber bis- her nicht zufrieden sein, wie die dürftigen Ergebnisse des AI Global Equities zeigen? Leber: Das stimmt natürlich, aber wir wussten von Anfang an, dass das ein sehr langer Lern- prozess werden würde. Deshalb sind wir ja anfangs nur mit einigen institutionellen Kun- den gestartet, die sich bewusst dafür entschie- den haben. Außerdem hatten wir dem Fonds von Anfang an drei Jahre Zeit eingeräumt, ehe wir über sein weiteres Schicksal entscheiden, einfach weil gerade im Zusammenhang mit dem Fondsmanagement durch künstliche Intelligenz natürlich noch sehr viele Dinge unbekanntes Terrain sind. Wir testen gerade eine Reihe von Modelltypen, um herauszufin- den, wo der fruchtbarste Boden für ein sol- ches Projekt ist. Das ist insgesamt eine wich- tige Lernerfahrung, die man meiner Ansicht nach aber einfach machen muss. Heuser: Ansonsten können Sie sich über mangelnden Zuspruch eigentlich nicht beklagen. Immerhin standen mit dem Gané-Value-Event, dem IFK-Value-Renten und dem Datini Valueflex zuletzt gleich drei Acatis-Produkte auf der Topseller- Liste im freien Vertrieb, während sich das Volumen des Acatis Aktien Global kaum verändert hat. Leber: Was in Bezug auf den Aktien Global aufgrund der zum Teil mäßigen Performance einerseits verständlich, andererseits aber scha- de ist, weil es zeigt, dass viele Anleger das Konzept dahinter noch nicht verstanden ha- ben. Ich kaufe eben bevorzugt dann, wenn es so richtig rumpelt an den Märkten, wenn es billig wird. Da braucht man als Anleger einen sehr langen Atem. Dazu fehlt es aber vielen an der dafür genauso notwendigen Gier … Heuser: … die manch einer erst dann ent- wickelt, wenn ein Fonds bereits eine außergewöhnliche Performance ge- zeigt hat, wie die Zuflüsse im Datini Valueflex zeigen. Leber: Wobei man sagen muss, dass es ursprünglich gar nicht das Ziel war, hier eine Spitzenperformance heraus- zuholen. Das Ziel war vielmehr, situativ und opportunistisch Investmentgelegenheiten zu nutzen, indem ich einfach in Unternehmen und Themen investiere, die ich für aussichts- reich und spannend halte. Manchmal bin ich etwas zu schnell oder zu früh, aber im Regel- fall habe ich einen ziemlich guten Instinkt da- für, wohin die Welt sich bewegt. Die zuletzt starken Rückgänge im Fonds waren sicher är- gerlich, aber wir werden trotzdem nicht vom Gas gehen, haben ganz im Gegenteil sogar die Position an Call-Optionen auf Indizes wei- ter aufgestockt, weil wir mit einer Erholung rechnen. Eine Genugtuung war der starke Anstieg der Put-Option auf Tesla mit einem Plus von knapp 120 Prozent, was zeigt: Man kann auch mit Kursverlierern Geld verdienen. Und im vergangenen Jahr war natürlich unser Bitcoin-Investment ein starker Performance- treiber. Heuser: Aber was passiert in demMoment, da ein Bitcoin mal eben ein paar tausend Punkte verliert? Leber: Gar nichts, ich gehe vielmehr unge- bremst in die Kurve. Dann schleudert es viel- leicht ein wenig hin und her, aber danach geht es wieder weiter. Wir haben unsere Position nicht verändert, weil wir die zunehmend stär- kere Regulierung von Bitcoin als eine positive Entwicklung ansehen, die diese Kryptowäh- rung gesellschaftsfähig machen wird. Heuser: Wobei Sie damit schon ziemlich allein dastehen – viele Branchenteilnehmer warnen vor einem Thema wie Bitcoin. Leber: Es ist wichtig, bei diesem Thema zwi- schen zwei Aspekten zu unterscheiden, dem Hendrik Leber: „Wir haben unsere Position nicht verändert, weil wir die zunehmend stärkere Regulierung von Bitcoins als eine positive Entwicklung ansehen, die diese Kryptowährung gesellschaftsfähig machen wird.“ 74 www.fondsprofessionell.de | 2/2018 markt & strategie I fondsmanager im kreuzverhör » Ich glaube, dass die Devise des berühmten Eishockeyspielers Wayne Gretzky, wonach man dahin gehen muss, wo der Puck hinfliegt, nicht wo er war, nach wie vor ihre Gültigkeit hat. « Hendrik Leber, Acatis KREUZ VERHÖR Alle Fotos: © Christoph Hemmerich
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