FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2018

D ieses Zitat ist in die Geschichtsbücher eingegangen: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Zugeschrieben wird es dem früheren Staatspräsidenten der Sowjetunion, Michail Gorbatschow. Ob er den Satz tatsächlich so gesagt hat, steht nicht fest, aber der Spruch bewahrheitet sich immer wieder. Ein aktuelles Beispiel: die EU-Daten- schutz-Grundverordnung (DSGVO). „Bei uns im Unternehmen ist der Start der Verordnung am 25. Mai völlig geräuschlos verlaufen“, sagt Christine Mühlberger, Daten- schutzbeauftragte des Wuppertaler Vermö- gensverwalters Michael Pintarelli Finanz- dienstleistungen. Kein Wunder, Mühlberger hatte sich über ein Jahr in die komplexen neuen Regelungen eingearbeitet, die daten- schutzrechtlichen Vorgaben auf die Finanz- branche heruntergebrochen, Formulare und Verträge angepasst. „Aber ich war vor Kurzem noch mal auf einemWorkshop zur DSGVO“, berichtet sie. An den Fragen, die dort gestellt wurden, habe sie erstaunt bemerkt, dass viele Vertreter der Branche mit dem Thema offenbar noch gar nicht vertraut sind. „Und die haben jetzt wirk- lich ein Problem“, sagt Mühlberger. In der Tat zeigt sich die Finanzbranche in Sachen DSGVO im Moment dreigeteilt. Während vor allem bei größeren Finanz- dienstleistern und den Maklerpools soweit alles rund läuft, sind viele Vermittler und Be- rater mit der Umsetzung der neuen Vorschrif- ten in Verzug. Manche fangen nun eilig an, sich DSGVO-konform aufzustellen – gera- de für „Einzelkämp- fer“ kein einfaches Unterfangen. Und dann gibt es noch diejenigen, die den Kopf in den Sand stecken und erst ein- mal gar nichts tun. Das ist gefährlich. „Die Vorbereitung war natürlich sehr viel Arbeit, aber der Start- termin der DSGVO und die ersten Monate mit den neuen Datenschutzregeln sind an uns einfach so vorbeigezogen“, sagt Mühlberger. Ähnlich glatt lief es bei den Maklerpools. „Der Übergang in die DSGVO-Welt ist pro- blemlos vonstatten gegangen ist“, berichtet etwa Christoph Eifrig, Syndikus des Hambur- ger Finanzdienstleisters Netfonds. „Das Ganze wurde viel heißer gekocht als gegessen.“ Das findet auch Oliver Pradetto, Komman- ditist und Mitgründer des Versicherungspools Blau Direkt aus Lübeck. „Ich habe den Ein- druck, dass aus der Sache mehr gemacht wird, als eigentlich dran ist“, erklärt er. Die EU- Verordnung sei in weiten Teilen schließlich eine Übernahme des deutschen Datenschutz- gesetzes, so viele Veränderungen habe es gar nicht gegeben. „Wir haben die Einführung der DSGVO zumAnlass genommen, alle Prozes- se noch einmal zu checken und gründlicher zu regeln als bisher“, berichtet Pradetto. „Das ist aber alles völlig entspannt gelaufen.“ Enormer Aufwand Ganz anders sieht es so mancher Versiche- rungsmakler oder Finanzanlagenvermittler. „Natürlich ist es für ein kleines Unternehmen extrem aufwendig, ein Datenschutzkonzept zu erstellen, das den Anforderungen der Aufsicht Genüge tut“, sagt etwa ein Versicherungsmak- ler im niedersächsischen Oldenburg. Er und seine drei Mitarbeiter hätten das einfach nicht rechtzeitig stemmen können. Ein Finanzanla- genvermittler, der seinen Namen lieber nicht in der Presse lesen möchte, bringt seinen Är- ger deutlich zumAusdruck: „Wie soll ich als Ein-Mann-Unternehmen denn bitte ein Datenschutzkonzept mit einem Verarbei- tungsverzeichnis erstellen?“, fragt er. Im- merhin sind in diesem Verzeichnis sämt- liche Prozesse zu beschreiben, die mit der Datenverarbeitung zusammenhän- gen. „Das kann ich nicht, und das ma- che ich auch nicht“, stellt der Berater unmissverständlich klar. Netfonds-Syndikus Eifrig kann diesen Unwillen in gewisser Weise nachvollziehen. „Das Verarbeitungsverzeich- nis ist und bleibt eine echte Herausforderung“, sagt er. Zumal die Arbeit an der umfassenden Dokumentation mit dem DSGVO-Start längst nicht erledigt ist. Schließlich ist das Verarbei- tungsverzeichnis permanent zu pflegen. Dass sich Einzelmakler da überfordert fühlen, sei nicht verwunderlich. Zumindest für Versicherungsvermittler gibt es in dieser Hinsicht erfreuliche Nachrichten. „Unsere Kanzlei hat gemeinsam mit der Deutschen Vorsorgedatenbank und dem Mak- lerpool Fonds Finanz ein EDV-Tool ent- wickelt, mit dem sich jeder Vermittler sein Datenschutzkonzept erstellen kann“, berichtet Norman Wirth, Partner der Berliner Kanzlei Wirth Rechtsanwälte und Geschäftsführer des Branchenverbandes AfW. Natürlich kostet es Die EU-Datenschutz-Grundverordnung ist schon seit dem 25. Mai in Kraft. Doch längst nicht alle Vermittler haben die neuen Vorschriften bereits umgesetzt. Sie sollten nicht länger damit warten. Daten rundum gut geschützt ? Viele Themen, viele Fragen: Die Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung bringt jede Menge Arbeit mit sich. Den Kopf in den Sand zu stecken hilft aber nichts. Foto: © Alexander Limbach | stock.adobe.com; Montage: FONDS professionell 260 www.fondsprofessionell.de | 3/2018 vertrieb & praxis I datenschutz-grundverordnung

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