FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2018
Anlageberatung, die ja ein ganz wichtiger Bestandteil einer umfassenden Finanzberatung ist, künftig nicht mehr angeboten wird. Zu- dem gibt es Dienstleister, die bei der Abwick- lung des Wertpapiergeschäfts unterstützen. Insgesamt hoffe ich sehr, dass es den Institu- ten auch weiter möglich ist, Wertpapier- beratung anzubieten. Ein ganz heikler Punkt ist die Aufzeich- nung von telefonischen Beratungsgesprä- chen, das Taping. Nicht nur, dass es bei manchen Kunden ein ungutes Gefühl erzeugt: Vor allem erfahrenen Anlegern geht es auf die Nerven, dass sie sich am Telefon jedes Mal die gesamte Ex-ante- Kostenaufklärung vorlesen lassen müs- sen. Ist der Gesetzgeber hier nicht über das Ziel hinausgeschossen? Es ist kein Geheimnis: Deutschland wollte das Taping nicht. Sowohl der deutsche Gesetz- geber als auch die Aufsicht und die Industrie haben sich bis zuletzt dagegen ausgesprochen. Aber auf europäischer Ebene wurde dann ent- schieden, dass das Taping kommt. Damit ist es direkt in Level I angelegt. Wir haben also keine Möglichkeit, die Aufzeichnungspflicht zu ignorieren. Aber es gibt eine Möglichkeit, in der Praxis auf die umständliche Kosten- aufklärung am Telefon zu verzichten. Wie bitte? Die Lösung lautet elektronisches Postfach. Dorthin kann der Berater die Ex-ante-Kosten- aufklärung schon während des Telefonats übermitteln. Das Verlesen einer Kostenaufklä- rung, aufgezeichnet auf einem Band, erfüllt nämlich ohnehin nicht die Anforderungen von Mifid II an einen dauerhaften Datenträger. Daher mein Appell an Banken und Kunden: Die Nutzung eines elektronischen Postfachs hat für alle Beteiligten nur Vorteile. Auch an- dere Pflichtinformationen, zum Beispiel die Risikoaufklärung, lassen sich rechtssicher hierüber übermitteln. Der Ex-ante-Kostenausweis ist auch sehr umfangreich. Von Banken ist zu hören, dass sich manche Kunden von der Kos- tenaufklärung regelrecht erschlagen füh- len. Wird die Bafin sie noch einmal unter die Lupe nehmen? Nein, den Ex-ante-Kostenausweis hat der europäische Gesetzgeber vorgegeben – und zwar sehr genau. Er hat definiert, wie er aus- zusehen hat, dass die Dienstleistungs- und die Produktkosten offenzulegen sind, dass der Kunde die Möglichkeit haben muss, nachzu- fragen. All diese Erfordernisse sind klar gere- gelt, da haben wir als Bafin keinen Spielraum. Spielraum ist ein gutes Stichwort. Ban- ken und Berater wünschen sich zum Teil klarere Vorgaben für die Umsetzung der Mifid-II-Regelungen und weniger Inter- pretationsspielraum. Wird die Bafin noch Standards definieren? Ist vielleicht sogar an eineArt „Benchmark-Bank“ gedacht? Nein, an eine „Benchmark-Bank“ denken wir nicht. Unser Ansatz ist es vielmehr, demMarkt wichtige Hinweise dazu zu geben, was Best Practice ist und wo wir noch Verbesserungs- potenzial erkennen. Hierzu haben wir schon sehr früh im Jahr mit Marktbefragungen begonnen – und den Instituten auch direktes Feedback gegeben. Außerdem haben wir im „Bafin Journal“ eine Serie von Artikeln zu Mifid-Themen aufgesetzt. Diese Artikel sollen auch dem Berater helfen zu erklären, was sich der Gesetzgeber bei einer Regelung gedacht hat, wenn ein Kunde sie vielleicht nicht ver- steht. Dann veröffentlichen wir natürlich auch weiterhin Frage-Antwort-Kataloge, kurz: Q&As, sofern wir das auf deutscher Ebene ohne europäische Abstimmung tun können. Die Artikel und die Q&As sind wichtige Informationsgrundlagen für die Banken. Kommen wir zu einem anderen Thema – den Zuwendungen. Ende vergangenen Jahres ging ein Aufschrei durch die Branche, weil den Instituten plötzlich klar wurde, dass jeder Cent an Provisio- nen in qualitätsverbessernde Maßnah- men für den Kunden fließen muss. Dür- fen mit Zuwendungen tatsächlich über- Elisabeth Roegele: „Im Großen und Ganzen wird die Geeignetheitserklärung gut angenommen. Wenn es an der einen oder anderen Stelle aber Probleme gibt, kann ich die Institute nur dazu aufrufen, uns darüber zu informieren.“ » Deutschland wollte das Taping nicht. Es ist aber auf Level I angelegt. Wir haben keine Möglichkeit, die Aufzeichnungs- pflicht zu ignorieren. « Elisabeth Roegele, Bafin Foto: © Christoph Hemmerich Elisabeth Roegele Elisabeth Roegele studierte Rechtswissenschaften. Sie war Geschäftsführerin der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse und Mitglied im Vorstand der Börse Stuttgart. Von 2004 bis 2006 war sie als Referatsleiterin Ad-hoc-Publizität, Directors’ Dealings, Insiderverzeich- nisse und Börsenfragen bei der Bafin tätig. 2006 wurde Roegele Chefsyndikus, Bereichsleiterin Recht und Pro- duktsteuern bei der Deka Bank Deutsche Girozentrale. Seit 2015 ist sie Exekutivdirektorin Wertpapieraufsicht bei der Bafin, seit August 2018 auch Vizepräsidentin. steuer & recht I elisabeth roegele | bafin 328 www.fondsprofessionell.de | 3/2018
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