FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018

ED I TOR I A L www.fondsprofessionell.de | 4/2018 11 Die Kollateralschäden und -nutzen von Mifid II Laut Duden ist der Kollateral- schaden „ein bei einer militä- rischen Aktion entstehender [schwererer] Schaden, der nicht beabsichtigt ist und nicht in unmittelbarem Zu- sammenhang mit dem Ziel der Aktion steht, aber den- noch in Kauf genommen wird“. In diesem Sinne lässt sich wohl auch bei Mifid II von Kollateralschäden sprechen. Denn dass zahlreiche Banken die Anlageberatung zurückfahren oder ganz aufgeben, war sicherlich nicht im Sinne des Gesetzgebers (siehe Seite 348). Auch wenn manche Berichte und Umfragen die Lage wahrscheinlich dramatisieren: Es fällt tatsächlich schwer, der EU-Finanzmarktrichtlinie allzu viel Gutes abzugewin- nen. Dennoch gibt es auch positive Punkte, darunter ein bislang viel zu wenig beleuchteter Aspekt: Mifid II könnte dazu beitragen, mehr Ruhe in die Depots der Endkun- den zu bringen. Weil die Anlageberatung ein immer mühsameres Unterfangen wird, dürfte sich der Trend hin zu vermögensverwaltenden Mischfonds verstärken, die im besten Fall Jahrzehnte im Depot liegen bleiben. Mitt- lerweile müssen Bankberater Umschichtungen außerdem begründen. Erlaubt sind sie nur, wenn die Vorteile die Kosten überwiegen. Diese Verpflichtung wird künftig auch für Finanzberater mit Erlaubnis gemäß Paragraf 34f Gewerbeordnung gelten, wie aus dem jüngst vorge- legten Entwurf der neuen Finanzanlagenvermittlungs- verordnung hervorgeht (siehe Seite 358). Die größere Ruhe in den Depots sorgt im Idealfall auch dafür, dass in den Fonds selbst weniger Handel statt- findet. Wenn die großen Anbieter oder Branchenverbän- de ihre Zahlen melden, berichten sie immer nur, wie viel Geld sie unterm Strich neu eingeworben haben. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, denn dieses Nettomit- telaufkommen ist das Ergebnis gigantischer Bruttozu- und -abflüsse. Die Anbieter deutscher Publikumsfonds haben in den vergangenen 25 Jahren brutto im Schnitt fast 134 Milliarden Euro im Jahr eingesammelt, zeigt eine Auswertung von FONDS professionell. Die Abflüsse waren jedoch fast genauso hoch, deshalb stand unterm Strich nur ein Nettomittelzufluss von gut 17 Milliarden Euro (siehe Seite 316). Dieses Hin und Her schadet allen Anlegern, weil es die Transaktionskosten im Sondervermögen nach oben treibt. Mehr Ruhe im Depot sorgt im Idealfall auch für mehr Ruhe im Fonds. Diesen Effekt hat der Gesetzgeber mutmaßlich nicht beabsichtigt, er ist in jedem Fall aber positiv – ein Kollateralnutzen von Mifid II. Ihr Bernd Mikosch Chefredakteur

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