FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018

188 www.fondsprofessionell.de | 4/2018 sachwerte I p&r Foto: © Anusorn | stock.adobe.com, Buss Capital D er Olympiapark in München ging mit tragischen Sommerspielen im Jahr 1972 in die Geschichte ein. Im Okto- ber 2018 wurde die Olympiahalle mit Kapa- zitäten für 15.500 Besucher nun Schauplatz eines Trauerspiels: Das Amtsgericht München hatte zu den ersten Gläubigerversammlungen von drei insolventen P&R-Gesellschaften ge- laden – und mehr als 9.000 Anleger kündigten ihr Erscheinen an. Um in der riesigen Halle jederzeit Herr der Lage zu sein, rückte das Amtsgericht mit vier Richtern, 24 Rechtspfle- gern und 39 Justizwachebeamten an. Im Mittelpunkt stand aber der Insolvenz- verwalter Michael Jaffé, dessen Kanzlei be- reits zahlreiche große Pleiten wie die von Kirch Media oder Grundig bearbeitet hat. Im Fall P&R geht es um 54.000 Anleger, die ins- gesamt 3,5 Milliarden Euro in Container- Direktinvestments gesteckt haben. Jaffé stand vor zwei Herausforderungen: Einerseits muss- te er seinen ersten Insolvenzbericht mit vielen Hiobsbotschaften elegant servieren. Anderer- seits standen seine Bestätigung als Insolvenz- verwalter und die Wahl des Gläubigeraus- schusses an. Beides ging glatt durch. Jaffé sicherte sich mit rhetorischem Geschick den Applaus des Publikums. Und die Bestätigung der vorläufigen Gläubigervertreter, darunter viele Anlegeranwälte, war nur Formsache: Die Juristen hatten per Vollmacht so viele Stimmen dabei, dass ihre Wahl von vornher- ein gesichert war. Was für viele Privatanleger auf den ersten Blick wie eine runde Sache aussieht, stößt manchen professionellen Beobachtern sauer auf. Rechtsanwalt Jan Schoop, Partner in der Kanzlei GGV, äußerte sich nach den Gläubi- gerversammlungen eher skeptisch: „Trotz der breiten Zustimmung für die Insolvenzver- walter ist es angesichts der ausweichenden Antworten auf die von uns gestellten Fragen unbedingt notwendig, den Insolvenzverwal- tern weiterhin sehr genau auf die Finger zu schauen und deren Maßnahmen sehr kritisch zu hinterfragen“, sagt er. Insolvenzverschleppung Jaffé glänzte nämlich nicht nur mit der ge- schickten Verpackung schlechter Nachrichten, er ließ auch zahlreiche der ohnehin begrenz- ten Anlegerfragen schlichtweg unbeantwortet. Einige Punkte stehen allerdings inzwischen außer Frage: So wurden in der P&R-Gruppe schon jahrelang keine neuen Container mehr gekauft. Stattdessen wurden mit frischem Anlegergeld die Forderungen aus den auslau- fenden Verträgen der Altanleger beglichen. Und die Probleme entstanden nicht in jünge- rer Zeit, sondern bereits 2006. In jenem Jahr deckte sich der Soll- noch mit dem Ist-Be- stand an Containern – „möglicherweise zu- fällig“, wie Jaffé meinte, Ende 2009 fehlten dann bereits 461.000 Container. P&R hatte der Krise am Containermarkt mangels Re- serven nichts entgegenzusetzen. „2009 hätte Insolvenz angemeldet werden müssen“, be- richtete Jaffé. Das „System P&R“ konnte bis 2016 wei- terlaufen, weil die Anleger ab 2010 wieder einstiegen – und weil es in zwei Parallel- welten stattfand. In Deutschland wurden die Investments aufgelegt, verkauft und abge- wickelt, während – abgeschottet in der Schweiz – der Kauf und die Vermietung der Container organisiert wurde. Als Letzteres zum Erliegen kam, blieb das von Anlegern und Branchenbeobachtern in Deutschland völlig unbemerkt. Es hängt daher nun von der Schweizer P&R Equipment & Finance ab, wie es im deutschen Insolvenzverfahren wei- tergeht. Dabei existieren zwei Probleme mit gewaltiger Sprengkraft. Hohe Hindernisse Zum einen befinden sich die Container- gesellschaft, die Container selbst sowie die Management- und Leasingverträge in auslän- dischen Rechtskreisen, auf die ein deutscher Insolvenzverwalter – wenn überhaupt – nur geringen Einfluss hat. „Wir haben keinen direkten Zugriff auf die Schweizer Gesell- schaft“, gab Jaffé in München zu. Zum ande- ren ist auch die P&R Equipment & Finance akut insolvenzgefährdet, weil sie nur rund 629.000 Container verwaltet, für die sie Miete erhält. Die deutschen Gesellschaften fordern von der Schweiz aber Zahlungen für die 1,6 Millionen Container, die P&R an Anleger in Deutschland verkauft hat. Aus dieser Pattstellung herauszukommen dürfte rechtlich und wirtschaftlich schwierig Die Insolvenz der P&R-Gruppe mündet in einem unübersichtlichen Schachspiel. Dabei sieht es für Tausende Anleger aus Deutschland leider gar nicht gut aus. Zitter partie Der P&R-Gründer und Firmenchef Heinz R. hat riskant gespielt – und letztlich verloren. Er sitzt in U-Haft und hat ein Chaos hinterlassen, in dem völlig unklar ist, wie und wann die deutschen Gesellschaften zu Geld kommen.

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