FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018

Foto: © Alex_Po | stock.adobe.com; Bernhard Bruehmann; kwarner | stock.adobe.com F lorian Grenzebach war 20 Jahre lang bei der Unicredit Group in der Betreuung vermögender Privatkunden tätig. „Ein- mal saßen wir bei einem Kunden, den ich schon seit Jahren kannte; plötzlich bat er mich, aus dem Zimmer zu gehen“, erinnert sich Grenzebach, heute Bereichsleiter Vertrieb und Kundenbetreuung bei der Münchner V- Bank. Als Privatkundenbetreuer der Unicredit führte er Gespräche mit den wohlhabenden Klienten oft gemeinsam mit dem Nachlass- planer der Bank. Welche gut gehüteten Ge- heimnisse ans Tageslicht kamen, nachdem Grenzebach den Raum verlassen hatte, erfuhr er nie. Denn diese durften nur die Ohren des Nachlassplaners hören. Nachlassplaner, auch Estate Planner ge- nannt, arbeiten an der Schnittstelle zwischen Anlageberater, Steuerfachmann und Rechts- anwalt. Sie tauchen viel tiefer in die Vermö- gens- und Familienstrukturen ihrer Kunden ein als irgendein anderer Berater. Arbeiten sie umsichtig und sensibel, haben sie die besten Chancen, zu einer echten Vertrauensperson zu werden. Und zwar nicht nur für den Kunden selbst: Oft sichern sie sich gleichzeitig seine Erben als künftige Klientel. Keine schlechte Perspektive angesichts von 400 Milliarden Euro, die dem Deutschen Institut für Wirt- schaftsforschung (DIW) zufolge hierzulande jährlich vererbt werden. Estate Planner für V-Bank-Kunden „Bei uns ist der häufigste Grund für Depot- löschungen der Tod des Vermögensinhabers“, sagt Grenzebach. Die V-Bank führt als Bank- institut im Hintergrund die Depots für Kunden von Vermögensverwaltern. „Viel besser wäre es, wenn die Erben eines Depotinhabers be- reits zu dessen Lebzeiten Vertrauen zu seinem Vermögensverwalter gefasst hätten und sich ebenfalls von ihm betreuen ließen“, sagt Grenzebach. Daher wird die V-Bank ihren Vermögensverwaltern ab Januar kommenden Jahres die Dienstleistungen eines Estate Plan- ners anbieten. Wer der neue Kollege ist, darf Grenzebach noch nicht verraten. Seine Aufgaben stehen aber bereits fest. So können Vermögensver- walter ihn etwa für Vorträge zur Vermögens- und Unternehmensnachfolge buchen. Oder ihn ihren Kunden für die Nachlassplanung empfehlen, die er bei Bedarf komplett übernimmt. „Das Interesse am Thema Ver- mögensnachfolge ist riesig“, weiß Gren- zebach. Und gute Experten sind schwer zu finden. Ein ganzes Jahr hat die V-Bank gesucht, bis sie fündig wurde. Klar ist: Auch für Berater ist Estate Planning ein interessantes Feld. Viel tiefer einsteigen Heinz Ripperger hat das längst erkannt. „Ich war schon viele Jahre in der Vermö- gensberatung tätig“, sagt der zertifizierte Estate Planner, der bei der Mainzer Volks- bank Kunden auch in Sachen Vermögens- nachfolge zur Seite steht. Vor über zehn Jahren, als das Thema „Financial Plan- ning“ bei Banken und Sparkassen aufkam, hatte er überlegt, sich in diese Richtung fortzubilden. „Aber dann wurde mir klar, dass ich als Nachlassplaner viel tiefer ein- steigen kann“, sagt er. Der Grund: Kunden sind bei diesem Thema bereit, fast alles offenzulegen, etwa Vermögenswerte bei an- deren Banken, Zukunftspläne und Familien- verhältnisse. Auch eine Geliebte oder ein un- eheliches Kind kommen da schon mal zum Vorschein. Ripperger entschied sich für eine Ausbildung zum Estate Planner und erwarb später das Zertifikat „Certified Estate Planner“ (CEP). Inzwischen steht er an der Spitze eines Teams von 35 Generationenberatern und zwei weiteren Estate Plannern. Mittlerweile sei es die Erwartungshaltung der Bank, dass jeder Berater Kunden für das Thema Nachlassplanung sensibilisieren kann. Wünscht der Kunde eine wirtschaftliche Aus- wertung, sind die Spezialisten dran. Sie betrachten gemeinsam mit dem Klien- ten, wie sein Vermögen strukturiert ist, und ob die Anlagen zur Lebenssituation passen. Zu- dem nehmen sie unter die Lupe, ob ein Kunde bis zu seinem Lebensende für alle Risiken vorgesorgt hat, ob wichtige Verfügungen und Vollmachten vorliegen und ob Familienange- hörige oder nahestehende Menschen gut ab- gesichert sind. Dann lässt Ripperger den Kun- den mit einer speziellen Software einfach mal Vermögensberater, die sich zum Estate Planner weiterbilden, haben gute Chancen, sich die Familienmitglieder ihrer Kunden gewogen zu machen – und Zusatzerträge zu erzielen. Wie Erben zu Kunden werden Bei ihrer Arbeit gewinnen Estate Planner nicht selten das Vertrauen der ganzen Familie eines Kunden. Gelingt dies, lassen sich seine Kinder, Enkel oder andere Erben oft ebenfalls von ihnen betreuen. 268 www.fondsprofessionell.de | 4/2018 vertrieb & praxis I nachlassplanung

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