FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018

ßen und ein vollkommen neues wie einen Staatsfonds aufzubauen, der der bereits beste- henden Riesterrente den Boden entziehen würde. Wie sollten die Fondsgesellschaften im Wettbewerb um Kunden gegen einen Staatsfonds bestehen, dem kaum Marketing- und Vertriebskosten entstünden, weil er den Bundesadler als Gütesiegel auf seinem Pro- spekt trüge? Das würde den Wettbewerb massiv verzerren. Im Übrigen halte ich es für falsch, die Riesterrente, die 40 Prozent der förderfähigen Kunden erreicht hat, für gescheitert zu erklären. Was man allerdings angesichts der Tatsache, dass es die Riesterrente be- reits seit 2001 gibt, nicht wirklich als sensationellen Absatzerfolg bezeich- nen kann. Dass das Riesterprodukt zudem in der Kritik steht, weil es in den Augen vieler zu teuer und nicht renditeträchtig genug ist, dürfte auch Ihnen nicht entgangen sein. Natürlich nicht. Angesichts der Tatsache, dass die Zahl der Riesterverträge zuletzt nur noch in den Bereichen Wohn-Riester und Fondssparpläne gewachsen ist und bei Versicherungs- und Bankprodukten sogar rückläufig war, braucht Riester neue Impul- se. Dazu haben wir vor Kurzem konkrete Vorschläge unterbreitet. Wie sehen diese genau aus? Zunächst einmal müssten die Rahmenbedin- gungen der Riesterrente verbessert werden. Nötig wäre aus unserer Sicht nicht nur eine Erhöhung des Förderrahmens, sondern auch die Einbeziehung aller einkommensteuer- pflichtigen Personen in die Förderung, auch von Selbstständigen. Außerdem müsste das Zulageverfahren erheblich vereinfacht wer- den. Immer noch rufen zu viele Riester- sparer den ihnen zustehenden Förderbetrag nicht ab. Eine Abwicklung über eine zentrale Stelle ohne das Erfordernis eines Zulage- antrags könnte hier für Abhilfe sorgen. Zudem sollte der Sonderausgabenabzug in eine beitragsabhängige Zulage umgewandelt und diese direkt im jeweiligen Riesterspar- plan angelegt werden, damit die Förderung in die Altersvorsorge fließt und nicht in den Konsum. Das alles würde aber nicht helfen, die Rendite der Riesterrente zu verbessern. Nein, das allein reicht nicht. Deshalb müssen wir uns bei Riester von der Garantiepflicht verabschieden. Denn nur wenn man Abstriche bei der Verpflichtung zur Beitragsgarantie machen kann, wird es möglich sein, auch bei einem Riestersparplan stärker in Aktien zu in- vestieren, um durch höhere Renditechancen das Verhältnis von Kosten und Ertrag zu ver- bessern. Wir verlangen kein Garantieverbot, aber eine flexible Gestaltung sollte möglich sein. Ein Kunde, der nicht komplett auf eine entsprechende Absicherung verzich- ten möchte, hätte dann die Möglichkeit, vielleicht 50 oder 70 Prozent seiner ein- gezahlten Beiträge abzusichern, während ein junger Berufseinsteiger in Anbetracht des vor ihm liegenden jahrzehntelangen Sparvorgangs komplett auf eine Garantie verzichten könnte. Das würde Riester profitabler und damit attraktiver machen. Vielen Dank für das Gespräch. HANS HEUSER | FP Thomas Richter: „Nur wenn man Abstriche bei der Verpflichtung zur Beitragsgarantie machen kann, wird es möglich sein, auch bei einem Riestersparplan stärker in Aktien zu investieren, um den Ertrag zu verbessern.“ » Wie sollten die Fondsgesell- schaften im Wettbewerb um Kun- den gegen einen Staatsfonds be- stehen, dem kaum Marketing- und Vertriebskosten entstünden? « Thomas Richter, BVI Foto: © Christoph Hemmerich Thomas Richter Thomas Richter wurde am 8. Juni 1966 in Ansbach geboren. Er stu- dierte Jura und Französisch in Frankreich und Augsburg, war in einer Anwaltskanzlei in Toronto tätig und ist geprüfter Börsenhändler und Investment Analyst DVFA/CEFA. Von 1995 bis 1998 arbeitete er bei der Deutschen Börse und anschließend bis zum Jahr 2007 in leitenden Positionen bei der DWS. Von 2007 bis 2010 war er Mitglied der Ge- schäftsführung der DWS und Mitglied des Vorstands des BVI. Seit 2010 ist er beim BVI. Thomas Richter ist Mitglied im Verwaltungsrat der Bafin und stellvertretendes Mitglied in deren Übernahmebeirat. Er wurde in den Beirat des Finanzmarktwächters berufen. Zudem ist er Mitglied des Vorstands des europäischen Fondsverbandes EFAMA. vertrieb & praxis I thomas richter | bvi 286 www.fondsprofessionell.de | 4/2018

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