FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2018

I rgendwann ist es so weit: Die Kinder sind herangewachsen, verlassen die Wärme des elterlichen Nestes, schwärmen hinaus in die Welt und sind fortan auf sich selbst gestellt. Was bei Mensch und Tier zum Gang der Natur dazugehört, spiegelt sich manchmal auch im Lebenszyklus eines Unternehmens wider. So kommt es immer wieder vor, dass sich eine Sparte von der Mutter löst und als eigenständige Einheit an der Börse notiert wird – als sogenanntes Spin-off. Auch in der Fondsindustrie ist dieses Phänomen zu beob- achten, zuletzt sogar häufiger. Ein prominentes Beispiel ist die Deutsche Bank, die ihre Asset-Management-Einheit DWS im Frühjahr 2018 in Frankfurt an der Börse notierte. Daneben spaltet der britische Versicherer Prudential sein Europa-Geschäft ab, schnürt dieses mit der Fondstochter M&G zusammen und bringt beides als Paket aufs Londoner Parkett. Auch das angloafrikanische Finanzinstitut Investec schmiedet Pläne, seine Asset-Management-Tochter in Johannesburg und London als eigenständige Einheit zu lis- ten. Ein bereits erfolgreich an der Börse eta- bliertes Beispiel ist der französische Fonds- riese Amundi. Das Joint Venture von Crédit Agricole und Société Générale ging 2016 aufs Pariser Parkett. Konzentration, bitte! Auch wenn keiner der Bör- senaspiranten unmittelbar im Sinn haben dürfte, die Dimen- sion des 1,5-Billionen-Euro- Verwalters Amundi zu errei- chen – hinter den Abspal- tungen stehen letzten Endes recht ähnliche Überle- gungen. „Generell ist die Tendenz zu beobachten, dass Banken und Ver- sicherungen sich auf ihr Kerngeschäft kon- zentrieren“, sagt Mat- thias Hübner, Partner bei der Unternehmens- beratung Oliver Wyman. Angesichts anhaltender Hemmnis- se wie den Niedrigzinsen, der Ertrags- flaute, den steigenden Kosten und höheren Eigenkapitalanforderungen sortieren Finanz- dienstleister die Felder aus, die nicht zu ihrem Stammbereich zählen. Das aus Südafrika stammende Haus Inves- tec etwa begründet seine Selbstteilung damit, dass die Synergien zwischen der Fondssparte und den anderen beiden Bereichen, Spezial- bankgeschäfte und Wealth Management, gering seien. Eigentlich war der Finanzkon- zern in einem Generationswechsel begriffen. Asset-Management-Chef Hendrik du Toit sollte mit Fani Titi die Leitung der Gruppe übernehmen und damit den langjährigen Vor- standschef Stephen Koseff beerben. Dieser sorgte maßgeblich dafür, dass Investec von einer Johannesburger Leasingfirma zum inter- nationalen Finanzkonzern aufstieg. Künftig leitet nun aber du Toit die Fondsgesellschaft und Titi den verbliebenen Teil der Gruppe. Teilen macht Freude Beim britischen Versicherer Pru- dential wiederum geht die Neu- ordnung mit einer Konzentration auf zukunftsträchtige Geschäftsfelder ein- her. Der Versicherungsteil setzt voll und ganz auf die Wachstumsregionen Amerika und Asien. Das Spin-off M&G Prudential mit dem Europa- geschäft wiederum legt den Schwer- punkt auf Altersvorsorgeprodukte mit einem geringen Bedarf an Eigenkapi- tal und vor allem das Asset Manage- ment. Der britische Lebensversiche- rungsbereich mit einem Bestands- volumen von zwölf Milliarden briti- schen Pfund wandert an den Abwick- ler Rothesay Life. „Wir glauben, dass wir die sich rasch wandelnden Be- dürfnisse unserer Kunden besser bedie- nen können, wenn wir uns in zwei Unternehmen aufteilen“, begrün- dete Prudential-Chef Mike Wells die Scheidungspläne. Das einst gepflegte Ideal eines Allfinanzkonzerns scheint seinen Reiz verloren zu haben. „Für einige stellt sich die Frage, ob sie noch eine eigene Fonds- gesellschaft benötigen“, führt Branchenkenner Hübner aus. Es gebe genügend unabhängige Anbieter am Markt, die ein gutes Produktsortiment anbieten. „Warum also soll- te ich mir eine Kuh halten, wenn ich mir auch die Milch kaufen kann?“, veranschaulicht der Consultant die Kernfrage. Foto: © demidenko | stock.adobe.com Eine ganze Reihe von Finanzkonzernen spaltet ihre Fondsableger ab und bringt diese an die Börse. Dahinter steckt eine bestimmte Strategie. Sprösslinge auf dem Sprung Bereit für die Rei- feprüfung: Kinder entwickeln immer mehr Selbst- ständigkeit. Ebenso ist manchmal für Fonds- ableger die Zeit ge- kommen, sich aus einem Kon- zern herauszu- lösen und als eigen- ständige Einheit zu bestehen. 296 vertrieb & praxis I spin-offs

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=