FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2019

Foto: © almas | stock.adobe.com, Campus Institut; DLA Piper U nwissenheit schützt vor Strafe nicht – und auch nicht vor Haftung. Das muss- te ein Gesellschafter-Geschäftsführer leidvoll erfahren, als seine Assistentin aus der Elternzeit zurückkehrte. Für diese Zeit hatte die 30-Jährige ihre betriebliche Altersversor- gung (bAV) beitragsfrei gestellt, in ihre Di- rektversicherung flossen per Entgeltumwand- lung keine Summen ein. Kurz nachdem sie drei Monate wieder im Unternehmen tätig war, kam das böse Erwachen. Die Arbeitnehmerin hatte übersehen, ihren Vertrag offiziell erneut in Kraft zu setzen. Da die gesetzlich vorgegebene Frist abgelaufen war, verlor sie das Recht, die Versicherung zu den alten Konditionen weiterzuführen. Dumm nur, dass der Versicherer in der Zwischenzeit den Garantiezins gesenkt hatte. Noch viel dümmer für ihren Chef: Für die Rentensum- me, die der Assistentin durch das Versäumnis später einmal entgeht, haftet der Unternehmer. Denn seine Pflicht wäre es gewesen, die Arbeitnehmerin auf die Frist von drei Mona- ten hinzuweisen, was nicht geschehen ist. Ob sich dieser Fall tatsächlich genau so ereignet hat, ist nicht überliefert. Anton Witt- mann, Geschäftsführer eines Versicherungs- maklers im mittelfränkischen Ansbach und Trainer für betriebliche Altersversorgung an der Deutschen Makler Akademie (DMA) aus Bayreuth, hat ihn der Anschaulichkeit halber konstruiert. Denn er zeigt exemplarisch, was passieren kann, wenn Unternehmer ihre Ver- pflichtungen aus der bAV nicht kennen. „Ich würde sagen, dass im deutschen Mittelstand etwa 95 Prozent der Arbeitgeber gar nicht genau wissen, welche Haftung mit der bAV verbunden ist“, sagt Wittmann. Für Berater sieht er allein in der Aufklärung einen riesigen Markt. Zudem sorgen die steuer-, beitrags- und sozialversicherungs- rechtlichen Verbesserungen, die das am 1. Ja- nuar 2018 in Kraft getretene Betriebsrenten- stärkungsgesetz (BRSG) mit sich gebracht hat, für neue Vertriebsanreize (siehe auch den Artikel auf Seite 218). Das Sozialpartner- modell, das Herzstück des BRSG, mit seinem Garantieverbot kann ebenfalls Chancen bieten – wenn es sich durchsetzt. Doch eines steht fest: Wer sich die bAV dauerhaft als Ge- schäftsfeld erschließen will, braucht eine fun- dierte Ausbildung. Denn vernünftige betrieb- liche Altersversorgung umfasst viel mehr als den reinen Vertrieb. Freiheit und Risiken „Produktverkäufer haben es in den vergan- genen Jahren gut verstanden, die bAV wie ein Versicherungsprodukt darzustellen“, sagt Witt- mann. „Tatsächlich handelt es sich jedoch um eine Ergänzung des bestehenden Arbeitsver- trages um ein Leistungsversprechen wie eine Rentenzahlung“, erläutert der Experte. Dafür können Unternehmen unterschiedliche Sys- teme, insgesamt fünf sogenannte Durchfüh- rungswege, nutzen, die nicht alle auf Versi- cherungen beruhen. In der Gestaltung ihrer bAV haben sie also viel Freiheit. Gleichzeitig aber gehen sie Risiken ein. „Arbeitgeber denken oft: ‚Mit 100 Euro Entgeltumwandlung pro Monat war’s das für mich‘“, berichtet Wittmann. Doch das ist falsch. Unternehmen erwachsen aus ihren bAV-Zusagen auch zahlreiche Hinweis- und Aufklärungspflichten. „Das gilt übrigens auch für das neue Sozialpartnermodell“, mahnt Wittmann. Denn die dort festgelegte reine Beitragszusage entlässt Arbeitgeber zwar aus der Haftung für Garantieleistungen, von an- deren Verpflichtungen werden sie aber nicht entbunden. Kommen sie diesen nicht nach, haften die Geschäftsführer möglicherweise so- gar mit ihrem Privatvermögen. „Hinzu kommen viele steuer- und sozial- versicherungsrechtliche Fragen“, sagt Witt- mann. Hier bestehe gerade bei mittelständi- schen Unternehmen ein hoher Bedarf an nachträglicher Beratung. Durch den jahrelan- gen reinen Produktverkauf gebe es erhebliche Lücken. „Bei rund 22 Millionen laufenden Verträgen ist diese Aufklärung im Nachhinein Die betriebliche Altersversorgung kann für Berater und Vermittler ein interessantes neues Geschäftsfeld sein. Eine gute Ausbildung ist dafür aber unerlässlich. Betriebsrente als Türöffner Bitte eintreten: Versicherungsvermittler, Finanzberater und Financial Planner haben aktuell gute Chancen, in der betrieblichen Altersversorgung neue lukrative Einnahmequellen zu erschließen. » Produktverkäufer haben es in den vergangenen Jahren gut verstanden, die bAV wie ein Versicherungsprodukt darzustellen. « Anton Wittmann, Deutsche Makler Akademie 222 www.fondsprofessionell.de | 1/2019 fonds & versicherung I bav-weiterbildung

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