FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2019

Foto: © cyrano | stock.adobe.com, Ajco Solutions R und acht Monate ist es her, dass ein Ausschuss aus Branchenvertretern un- ter Leitung des Deutschen Instituts für Normung (DIN) nach mehrjähriger Arbeit den Entwurf der DIN 77230 „Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte“ veröffentlichte. Seit dem 18. Januar 2019 liegt nun auch die endgültige Version der ersten Norm im Finanz- dienstleistungsbereich vor. Diese weicht nur in Details vom Entwurf ab (siehe FONDS professionell 3/2018, Seite 338). Finanzberater, die sich für die Norm interessieren, sollten vorher prüfen, welche Vor- und Nachteile die Im- plementierung des Standards für ihr Geschäftsmodell und die internen Pro- zesse hat. Die Anwendung der neuen Regeln ergibt für viele, aber nicht für alle Vermittler Sinn. „Die Norm ist kein Gesetz. Jeder Berater muss für sich entscheiden, ob er nach der Norm analysieren möchte oder nicht“, betont auch Klaus Möller, Vorstand des Defi- no-Instituts und Obmann des Normen- ausschusses, der die DIN 77230 erar- beitet hat. FONDS professionell hat sich in der Branche umgehört, für wen sich die Norm eignet, wer sie einsetzen wird und was für die Umsetzung nötig ist. Spartenanbieter Pauschale Empfehlungen mit Blick auf die Anwendung der Norm sind schwierig. Jeder Vermittler hat ein individuelles Geschäfts- modell und eigene interne Prozesse. Eini- ge allgemeine Feststellungen lassen sich dennoch treffen. „Für Gesellschaften, die sich mit ihren Produkten oder ihren Dienstleistungen auf eine bestimmte Spar- te konzentrieren, würde die Nutzung der Norm eine massive Umstellung ihres Ge- schäftsmodells bedeuten und damit wenig oder keinen Sinn ergeben“, sagt Andreas Adam, Geschäftsführer der Unterneh- mensberatung Ajco Solutions. Der Grund: Die Norm verfolgt einen ganzheitlichen Analyseansatz, sodass in der nachfolgen- den Beratung eine Vielzahl von Versiche- rungs- und Anlageprodukten angeboten werden muss. Allerdings könnten Spar- tenanbieter mit anderen kooperieren. Ein Versicherungsmakler, der rund 80 Prozent der im Nachgang einer normkonformen Analyse benötigten Produkte vermitteln darf, könnte sich etwa mit einem Finanz- anlagenvermittler zusammentun, der die Fondsseite abdeckt. Im Umkehrschluss ist der Standard für Finanzdienstleister interessant, die ohnehin ganzheitlich arbeiten. Dazu zählen Versiche- rungsmakler, die auch über eine Erlaubnis ge- mäß Paragraf 34f Gewerbeordnung verfügen, sowie Banken und Allfinanzvertriebe. Aller- dings: Selbst wenn das Geschäfts- modell nicht gegen die Nutzung der Norm spricht, gilt es, vorher die inter- nen Prozesse und die IT zu überprüfen. Ansonsten handeln sich die Firmen womöglich ungeahnte Probleme ein. „Viele Vertriebe haben ihre eigene Analysesoftware, die auf die angebo- tenen Produkte oder Beratungsschwer- punkte ausgerichtet ist“, sagt Joachim C. Pichen, Co-Geschäftsführer des IT-Dienstleisters JCP. „Die DIN-Um- stellung würde also für viele pro- duktorientierte Vertriebe einen großen Aufwand bedeuten, da sie entweder ihre Software anpassen oder ihren Anbieter wechseln müssten. Wir wer- den sehen, wie die Vertriebe diesen wirklich guten und systematischen Ansatz annehmen.“ … das ist hier die Frage. Vermittler, die die neue Finanzanalysenorm nutzen wollen, müssen sich das gut überlegen. Der Standard eignet sich nicht für jeden. DIN oder nicht DIN … Mancher Vermittler fühlt sich wohl wie Hamlet, der Held aus dem Drama von William Shakespeare, der fragte: „Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage.“ Finanzberater stehen vor der Entscheidung: „Nutze ich die Norm – oder nicht?“ Schulungen zur DIN 77230 Das Defino-Institut aus Heidelberg, das die Norm initiiert hat und sich nun als Zertifizierer für Normanwen- der positioniert, gibt sechs Weiter- bildungsdienstleister als Partner an. Drei davon nannten auf Anfrage der Redaktion zumindest einige Details zu ihren Seminaren. Going Public bietet ein Programm mit 13 webbasierten Schulungen, zwei Webinaren und einer Präsenz- veranstaltung an. Die Kosten belau- fen sich auf 400 Euro. Das Campus Institut gibt keine fixen Online-Trainingseinheiten vor, die Vorbereitungsdauer im Selbst- studium sei „zeitlich flexibel“. Ferner ist ein Präsenztag eingeplant. Die Kosten standen bei Redaktions- schluss noch nicht fest. Bei der Frankfurt School of Busi- ness and Management findet die entsprechende Schulung in 14 Un- terrichtseinheiten statt. Hinzu kom- men ein Präsenztag, zwei Webinare mit je anderthalb Stunden sowie eine Stunde Übung im Selbstlern- verfahren. Die Kosten „ab zwölf Teilnehmern inhouse“ betragen 600 Euro pro Kopf. Die Deutsche Maklerakademie (DMA) befindet sich noch in der Planungsphase und konnte daher keine Details nennen. Das Finanz Colloquium Heidelberg wollte zu seinen Angeboten keine Auskunft geben. Bankenimpuls Consulting reagierte nicht auf mehrfache Anfragen der Redaktion. 246 www.fondsprofessionell.de | 1/2019 vertrieb & praxis I din-norm zur finanzanalyse

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