FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2019

Foto: © Stephan Wieland A m 18. Januar war es endlich so weit: Das Deutsche Institut für Normung (DIN) veröffentlichte die endgültige Version der Norm 77230 „Basis-Finanzana- lyse für Privathaushalte“. Nach diesem Regel- werk können Finanzberater und Versiche- rungsvermittler standardisiert den Bedarf ihrer Kunden ermitteln (siehe auch FONDS profes- sionell 3/2018, Seite 338). Diejenigen, die das DIN-Regelwerk umsetzen wollen, haben nun die endgültigen Vorgaben, um ihre Prozesse entsprechend zu gestalten, Berater zu schulen, eine passende IT zu programmieren oder zu kaufen. Doch eine Reihe von Branchenvertre- tern hat Vorbehalte gegen den neuen Standard. FONDS professionell hat aus diesem Grund zu einem Streitgespräch über die Plus- und Minuspunkte der Norm eingeladen. Es dis- kutieren: Klaus Möller, Vorstand des Defino Instituts für Finanznorm aus Heidelberg sowie Obmann des DIN-Ausschusses für die neue Norm, und Oliver Pradetto, Gründer und Co- Geschäftsführer des Lübecker Maklerpools Blau Direkt. Herr Pradetto, im vergangenen Jahr hatten Sie in einer Umfrage von FONDS professionell ganz klar Abstand von der neuen DIN-Norm genommen. Nun lie- gen die Vorgaben im Detail vor. Hat sich Ihre Meinung geändert? Pradetto: Nein, unsere Meinung steht fest: Wir werden die Norm nicht empfehlen. Denn die DIN 77230 bringt für Vermittler zusätzlich zu den gesetzlichen Vorschriften aus Mifid II und der IDD Vorgaben, die sie nur unter Druck setzen. Moment, anders als die EU-Finanz- marktrichtlinie und die Versicherungs- vertriebsrichtlinie ist die Norm nicht verpflichtend. Pradetto: Rein rechtlich natürlich nicht, aber es ist doch wohl klar: Wenn eine Norm ein- geführt wird, müssen sich Berater und Ver- mittler früher oder später auch daran halten. Damit sind sie gezwungen, ihre Beratungs- und Vertriebskonzepte, die sie momentan noch recht frei gestalten können, anzupassen. Der Aufwand für die Umstellung ist erheb- lich. Dabei kämpfen Versicherungsvermittler noch mit den Anforderungen der IDD an die Weiterbildung und die Beratung zu Lebens- versicherungen. Finanzanlagenvermittler war- ten auf die Novelle der für sie relevanten Ver- ordnung. Darüber hinaus beschäftigen weitere gesetzliche Änderungen wie die Datenschutz- Grundverordnung oder das Geldwäschegesetz die Vermittler. Die DIN-Norm kommt also zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Herr Möller, Sie haben die Norm stark vorangetrieben. Wäre es nicht besser gewesen, zeitlich etwas mehrAbstand zu großen EU-Regulierungsprojekten zu lassen? Möller: Der Zeitpunkt ist nie optimal. Aller- dings: Hätte man vor 20 Jahren eine Norm für die Finanzanalyse privater Haushalte einge- führt, dann wäre der Branche viel staatlich auferlegte Regulierung erspart geblieben. Gerade weil Berater und Vermittler sich jetzt aber in einem Regulierungsdschungel zurecht- finden müssen, hilft ihnen die DIN 77230. Sie unterstützt mit klaren Regeln für die ganzheit- liche Analyse des Bedarfs eines Kunden. Sie macht aber keine Vorgaben zur Beratung im Die DIN-Norm 77230 „Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte“ hat das Potenzial, die Vermittlung von Finanz- und Versicherungsprodukten stark zu verändern. Auf Einladung von FONDS professionell diskutieren Klaus Möller , Vorstand des Defino-Instituts, und Oliver Pradetto , Co-Geschäftsführer von Blau Direkt, über die Auswirkungen der Norm. „ Zwang sbeglückung“ od » Die ganzheitliche, vollständige Analyse als gut für den Verbraucher darzustellen, ist eine typisch vermittlerzentrierte Denkweise der alten Art. « Oliver Pradetto, Blau Direkt STREITGESPRÄCH vertrieb & praxis I streitgespräch zur din-norm | oliver pradetto  klaus möller 250 www.fondsprofessionell.de | 1/2019

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=