FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2019

Wollen Sie im Portfolio Management auch kürzen? Im Gegenteil: Ich würde sehr gern viele junge Leute an Bord holen. Diese können eine her- vorragende Ausbildung und Analystenzeit bei uns verbringen und dann die Karriereleiter hochsteigen. Wir müssen uns dem Thema Talente viel stärker zuwenden. Fondsmanager statt Führungskräfte – lautet so Ihre Personalstrategie? Es werden nie genug Talente zu unserer Organisation zählen. Denn Talente sind das, was langfristig über den Erfolg eines Unter- nehmens entscheidet. Wenn ich mich an die Zeit zurückerinnere, als ich vor mehr als 20 Jahren zur DWS kam, glich das Haus einer Talenteschmiede. Viele der damaligen Berufs- anfänger und Analysten zählen heute zu den etablierten Fondsmanagern. Wenn wir altein- gesessene Manager von anderen Gesellschaf- ten abwerben, muss das auch kulturell passen. Das ist nicht immer der Fall. Nun zu Ihrer eigenen Position: Ihr Vor- gänger war auch Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, Sie hingegen nicht. Ist die Stellung der DWS im Konzern damit geschwächt? Ich bin Generalbevollmächtigter der Bank und ich nehme an allen Vorstandssitzungen des Instituts teil. Mir bietet sich damit die Möglichkeit, in dem Gremium auf Diskussio- nen und Entscheidungen einzuwirken. Daher sehe ich keine wesentliche Schwächung. Auf der anderen Seite ist die DWS ein eigenstän- diges börsennotiertes Unternehmen. Mein Verständnis ist, dass ich der Vorsitzende der Geschäftsführung der DWS bin. Ich bin gegenüber dem Aufsichtsrat der Deutschen Bank für das Asset Management verantwort- lich. Allein dafür stehe ich. Zuletzt wird auch meine Leistung allein daran gemessen, wie erfolgreich die DWS ist. Während Sie in den Zwillingstürmen saßen, kam es bei der DWS zu namhaf- tenAbgängen im Portfolio Management. Henning Gebhardt wechselte zu Beren- berg, Tim Albrecht wollte ihm folgen. Was dachten Sie da? Eine DWS ohne Tim Albrecht war für mich und viele andere unvorstellbar. Das war eine wirklich traurige Nachricht. Der Abgang trüb- te auch die Stimmung in der Belegschaft. Wie kaum ein anderer steht er für die Kultur des Hauses. Er ist ein Eigengewächs und hat sich über die Jahre hochgearbeitet. Zudem zählt er zu meinen Lieblingsfondsmanagern. Mit sei- ner enormen Leistungsbereitschaft zieht er die anderen mit. Henning Gebhardts Weggang habe ich ebenso bedauert. Ich habe ein sehr vertrauensvolles und gutes Verhältnis zu ihm. Albrecht sagte den Wechsel zu Beren- berg schließlich ab – weil Sie zurück zur DWS wechselten. Tim Albrechts Weggang fiel genau in die Übergangsphase. Das Ergebnis stand bereits fest, als ich vom Privatkundengeschäft der Deutschen Bank zurückkehrte. Sein Weggang war schon kommuniziert. Doch noch in der Woche nach meiner Berufung traf ich mich mit ihm. Ich fragte ihn, ob er es sich gut über- legt hatte, seine Heimat zu verlassen. Wir sprachen eine gute Viertelstunde lang über unsere gemeinsame Zeit. Nach 20 Minuten war alles erledigt. Ein paar Tage später rief er mich an und sagte, dass er bleiben wolle. Köderten Sie ihn mit mehr Geld oder mehr Einfluss? Nichts dergleichen. Tim Albrecht hat weder nach mehr Geld noch nach einer hervorge- hobeneren Position gefragt. Das ist etwas, was diesen Menschen ausmacht. Es war kein Kunststück von mir, ihn zu überzeugen. Er bedauerte es vielmehr, die Kollegen auf der anderen Seite enttäuschen zu müssen. Da zeigte er wahre Größe. Albrecht begründete seine Absage an Berenberg offenbar mit der Hoffnung, dass es unter Ihrer Führung „wieder so werde, wie es einmal war“. Ist das nur eine Illusion? Nein, das ist keine Illusion, sondern gelebte Realität. Denn das Team nahm ihn mit Freude auf und band ihn direkt wieder vollständig ein. Auch die anderen Kernfondsmanager wie Thomas Schüssler, Andre Köttner, Klaus Kal- demorgen oder Britta Weidenbach empfingen ihn mit offenen Armen – Stefan Kreuzkamp allemal. Das ist die Kultur der DWS. Holen Sie denn Henning Gebhardt auch zurück? (Lacht.) Ich würde in meinem Leben nie etwas ausschließen. Unabhängig von Ihrer Frage ist aber klar: Wir werden viele gute Fondsmanager zurückgewinnen und neue zur DWS holen. Denn unser Geschäft lebt glei- chermaßen vom Team und von Stars. Vielen Dank für das Gespräch. SEBASTIAN ERTINGER, ANDREA MARTENS | FP » Eine DWS ohne Tim Albrecht war für mich und viele andere unvorstellbar. Das war eine wirklich traurige Nachricht. « Asoka Wöhrmann, DWS Foto: © Christoph Hermmerich Asoka Wöhrmann: „Ich greife nicht in dieselbe Schatulle wie viele andere und entlasse Hunderte Mitarbeiter. Das ist nicht mein Ansinnen. Im Gegenteil.“ vertrieb & praxis I asoka wöhrmann | dws 262 www.fondsprofessionell.de | 1/2019

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