FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2019

Foto: © Fanny Taboada H olger Mai will die Vorhänge zuzie- hen – sonst könnte Thomas Jordan reinschauen, scherzt er. Tatsäch- lich: Die Schweizerische Nationalbank, deren Präsident Jordan ist, residiert direkt gegenüber. Hier, in der Börsenstraße mit- ten in Zürich, hat die Frankfurter Bank- gesellschaft ihren Sitz. Das Tochterunter- nehmen der Helaba mischt seit geraumer Zeit den deutschen Wealth-Management- Markt auf. Die „Privatbank der Sparkas- sen“ konnte schon 5.000 Millionäre als Kunden gewinnen. Mai, Jahrgang 1961, kam 2007 zur Bank, seit Juli 2008 ist er Vorsitzender der Geschäftsleitung. Beim In- terview mit FONDS professionell bleiben die Vorhänge auf – die Fotografin wünscht es so. Herr Mai, Sie sind Chef der Frankfurter Bankgesellschaft. Warum liegt deren Zentrale in Zürich? Holger Mai: Dazu muss ich kurz die Ge- schichte unseres Instituts beleuchten: Hier in diesen Räumen saß früher die LB Swiss Pri- vatbank, eine Tochtergesellschaft der Helaba und der BayernLB. 2006 – damals war ich Vorstand einer größeren Sparkasse – wurde ich gefragt, ob ich eine Vorstellung hätte, wie das Institut neu ausgerichtet werden könnte, denn eine klare Wachstums- und Geschäfts- strategie fehlte. Ich hatte damals die Vision, die Bank als „die Privatbank einer der größten Finanzgruppen der Welt“, also der Sparkassen in Deutschland, aufzubauen. Dazu brauchte ich eine Niederlassung oder Tochtergesell- schaft in Deutschland, um einen ungehinder- ten Marktzugang zu haben, und eine gute Marke, denn der Name „Landesbank“ hatte damals unter anderem wegen der WestLB et- was gelitten. Die Frankfurter Bankgesell- schaft, deren Historie bis 1899 zurückreicht und die mittlerweile zum Helaba-Konzern ge- hörte, bot beides, also haben wir dieses Institut gekauft und die Namensrechte nach Zürich geholt. Seit 2010 gibt es uns daher in der aktuellen Aufstellung: die Frankfurter Bank- gesellschaft (Schweiz) AG hier in Zürich mit zwei Tochterunternehmen in Frankfurt: der Frankfurter Bankgesellschaft (Deutschland) AG und der Family Office der Frankfurter Bankgesellschaft AG. Ihr Institut macht keine Werbung, den- noch expandieren Sie rasant: Sie eröff- nen Niederlassungen, kooperieren mit immer mehr Sparkassen und melden hohe Zuflüsse. Was genau ist Ihr Ge- schäftsmodell? Wir schließen strategisch eine Betreuungs- lücke im Angebot der Sparkassen. Die Spar- kassen können fast alles, vom Girokonto über das Bausparen und die Lebensversicherung bis hin zur Firmenfinanzierung. Einige bieten auch Private Banking, aber nicht alle. Genau an diese Institute richten wir uns: Wir akqui- rieren gemeinsam mit ihnen Kunden, die sie allein nicht gewinnen können. Das ist meist eine Frage der Kompetenzvermutung: Selbst wenn die Sparkasse über eine eigene Private- Banking-Einheit verfügt und somit das Re- search und das Know-how hat, um einen ver- mögenden Kunden zu betreuen, ist die Frage, ob der Kunde das auch glaubt. Häufig kennt der Vorstand die entsprechende Klientel vor Ort, kommt aber auf der Private-Banking- Ebene nicht an sie ran. Bei einer kleineren Sparkasse heißt es dann von einem vermö- genden Kunden mitunter: „Seien Sie mir nicht böse, aber mein Privatvermögen vertraue ich nur spezialisierten Häusern an.“ Oft lässt der Unternehmer für seine Firma schon Kon- ten und Finanzierung über die Sparkasse laufen, sein Privatvermögen verwaltet aber mehrheitlich ein Wettbewerber. Oder betrachten Sie das Thema Unternehmens- nachfolge: Die Sparkassen sind Marktfüh- rer im Firmenkundengeschäft in Deutsch- land. Häufig pflegen sie ein mittelständi- sches Unternehmen nach oben, aber wenn es dann verkauft wird, sind sie nicht erste Wahl. Das wollen wir ändern. Treten Sie de facto nicht in Konkur- renz zur Deka oder zu den Private- Banking-Einheiten der Sparkassen? Nein. Die Sparkassen haben bei wohlhaben- den Kunden eine Marktdurchdringung von zirka acht bis zehn Prozent. Unser Ziel ist nicht, diese zehn Prozent umzuverteilen, wir konzentrieren uns auf die anderen 90 Prozent – dort schlummert ein riesiges Potenzial. Wir richten uns an Anleger, die nach Kontakt mit der Sparkasse vor Ort eine Million Euro oder mehr bei uns investieren. Die Kunden kom- men immer auf Empfehlung der Sparkassen zu uns, wir akquirieren sie nie an der Spar- kasse vorbei. Ich möchte auch nicht, dass Sie in eine Filiale gehen und dort einen Prospekt von uns finden. Das ginge völlig an unserem Ansatz vorbei. Die Sparkassen-Gruppe braucht meiner Meinung nach zwei Anbieter: die Deka als breit aufgestelltes Wertpapier- haus, das jedes Beratungscenter mit Produkten versorgt, und die Frankfurter Bankgesellschaft als High-End-Beratungslösung für die sehr vermögenden Kunden. Das haben wir, glaube ich, sauber getrennt. Wie viel Geld haben Kunden im Schnitt bei Ihnen investiert? Rund 2,5 Millionen Euro. Kunden über 100 Millionen Euro finden Sie bei uns eher selten. Das ist aber auch nicht die Klientel der Spar- kassen, für die gibt es andere Lösungen. Un- sere Zielgruppe sind eher die Familienunter- nehmer. Wir müssen wissen, wie dieser Kun- dentypus tickt. „An unserem Wachstum » Gemeinsam mit den Sparkassen akquirieren wir Kunden, die sie allein nicht gewinnen können. « Holger Mai, Frankfurter Bankgesellschaft Die Frankfurter Bankgesellschaft bietet vermögenden Kunden von mittlerweile gut 250 Sparkassen Private-Banking-Dienste an. Das Geschäft brummt. In der Zürcher Zentrale des Instituts erläutert Vorstandschef Holger Mai , wie sein wohl einzigartiges Kooperationsmodell funktioniert. bank & fonds I holger mai | frankfur ter bankgesellschaft 326 www.fondsprofessionell.de | 1/2019

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