FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2019

Foto: © Kadmy | stock.adobe.com W er ein Haus baut, der errichtet es für mehrere Generationen. Doch im Lauf der Zeit kommt es zu Verän- derungen. Die alten Bewohner ziehen aus, neue ein. Diese trennen Räume ab, errichten Anbauten oder reißen Wände wieder ein. So wie sich die eigentlich starren Gemäuer eines Hauses den wechselnden Lebensweisen seiner Bewohner anpassen, so durchläuft auch die Branchensystematik von Börsenindizes einen Wandel. Manche Firmen und Wirtschaftszweige sterben aus, neue kommen hinzu, andere ändern ihre Ausrichtung. Entsprechend passen die Konstrukteure der Indizes die Regeln zur Eingruppierung von Unternehmen an, um das Wirtschaftsgeschehen mög- lichst passgenau widerzuspiegeln. Solch einen großen Umbau der Brancheneinteilung gab es im Herbst 2018, als wichtige Marktmesslatten wie die Dax-Familie, das US-Leitbarometer S&P 500 oder Indizes der MSCI-Grup- pe eine grundlegende Erneuerung durchliefen. Dabei wanderten Börsen- riesen wie die Google-Muttergesell- schaft Alphabet, das Videoportal Netflix, das soziale Netzwerk Facebook oder der Kurz- nachrichtendienst Twitter sowie der Bezahl- service Paypal in die neue Branche namens Kommunikationsdienstleistungen. Eine solche Operation zieht erhebliche Fol- gen für die Finanzbranche nach sich. Börsen- gehandelte Indexfonds (ETFs) müssen ihre Portfolios anpassen, um das Vorbild noch kor- rekt widerzuspiegeln. Aktive Fondsmanager wiederum gleichen ihre Leistung an modifi- zierte Messlatten an. So kam es im Zuge der Umstellung im vergangenen Herbst zu einem hektischeren Handel an den Börsen. Ab dem Sommer steht der nächste Umbau an: Dann richten die Indexanbieter FTSE Russell und Stoxx ihre Klassifizierung eben- falls neu aus. Die zeitlich versetzte Anpassung der Branchenstruktur bei den verschiedenen Indexanbietern hat einen bestimmten Hinter- grund. Weltweit konkurrieren nämlich zwei Standards um die korrekte Einteilung der Industriewelt: einmal der Global Industry Classification Standard (GICS). Er wurde 1999 von den Anbietern MSCI und Standard & Poor’s (S&P) entwickelt. Auf der anderen Seite steht die Industry Classification Bench- mark (ICB). Diese entwarfen Dow Jones und die britische FTSE Group im Jahr 2006. Diesem Standard folgen auch viele nationale Börsen weltweit, in den USA etwa die Nas- daq und die NYSE. Auch die europäischen Stoxx-Indizes fußen auf dieser Einteilung – und damit die wichtigen Marktmesslatten Euro Stoxx 50 und Stoxx 600. Zwei-Klassen-Welt Dow Jones Indexes zog sich allerdings aus dem ICB-Konsortium zurück und baute seine eigene Branchensystematik auf. Das Unter- nehmen ging später in einem Joint Venture mit S&P auf. Im Zuge dessen stellte das Haus im März 2019 einen Teil seiner Barometer aus der Dow-Jones-Fami- lie von der hauseigenen Einteilung auf den GICS-Standard um. Einen ähnlichen Hintergrund haben auch die Umbauten bei ICB. Denn der verbliebene Betreiber FTSE hatte 2014 Russell Indexes übernommen, der wiederum selbst einer hausinter- nen Systematik folgte. „Die Anpas- sung ist das Ergebnis der Integration von FTSE und Russell“, sagt Susan Quintin, Produktmanagerin bei FTSE Russell. Die Indexfamilien fußen dann auf einer einheitlichen Syste- matik, der von ICB. Die Überholung solle zugleich die Veränderungen in Die Wirtschaftswelt ändert sich. Darauf reagieren die Indexanbieter – und passen ihre Börsenbarometer an. Das hat große Folgen für die Fondsbranche. Umfassender Umbau Alte Mauern einreißen: Nachdem Leitindizes wie der S&P 500 neu aufgestellt wurden, beginnen nun auch bei europäischen Börsenbarometern die Bauarbeiten. Die Großen dominieren Marktanteile der Indexanbieter nach globalem ETF-Volumen Auf drei Marktführer entfällt mehr als die Hälfte des ETF-Volumens von 4,9 Billionen Dollar. *Preise für Gold, Öl etc. | Quelle: First Bridge Data, per Ende Dezember 2018 Center for Research in Security Prices | 5 % Sonstige 26 % Rohstoffe* 6 % Bloom- berg % 9 FTSE Russell 12 % MSCI 15 % S&P Dow Jones 27 % 120 www.fondsprofessionell.de | 2/2019 markt & strategie I indexanpassung

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