FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2019

Betreuung eines Kunden bezahlt wird. Aber auch diese Vergütungen will das BMF begrenzen: Das Ministerium will dafür Para- graf 32a VAG neu einführen, der die Kosten für Leistungen der Versicherer behandelt – insbesondere solche, die an freie und gebun- dene Vermittler ausgelagert werden. Im Be- gründungsteil des Entwurfs stellt das Minis- terium klar, dass damit insbesondere Be- standspflegeprovisionen gemeint sind, die nicht zu hoch ausfallen dürfen. Allerdings bleiben die Vorgaben dazu schwammig: Das BMF bestimmt in diesem Kontext nur, es sollte „ Maxime des Handelns eines jeden or- dentlichen Kaufmanns sein (...), sich zu markt- üblichen Preisen einzudecken “. Wenn den- noch höhere Vergütungen gezahlt werden, muss das auf Seiten der Assekuranz zu Er- sparnissen führen. „ Hier soll Vorsorge getrof- fen werden, dass Versicherer und Vermittler zur Umgehung einer Deckelung der Ab- schlussprovision ‚beliebig‘ neue Dienstleistun- gen bestimmen, deren gesonderte Vergütung den Deckel für die Abschlussprovisionen im Ergebnis leer laufen ließe “, heißt es weiter. Auch Riester und bAV betroffen All diese Regeln gelten für klassische wie moderne Kapitallebens- und Rentenversiche- rungen inklusive fondsgebundener Varianten. Ferner sind alle sogenannten „Termfix-/Aus- bildungsversicherungen“ sowie lebenslange Todesfallversicherungen betroffen, bei denen Überschüsse zur Abkürzung der Laufzeit ver- wendet werden. Staatlich geförderte Riester- und Rürup-Renten sowie Direktversicherun- gen im Rahmen der betrieblichen Altersvor- sorge fallen ebenfalls darunter. Für Vermittler ist auch wichtig, dass der Deckel für sie direkt und nicht über den Um- weg VAG schlagend wird. Daher soll Paragraf 34d Absatz 1 der Gewerbeordnung geändert werden. Laut Gesetzbegründung sollen damit Vermittlerketten erfasst werden: Ein Berater darf also mit Untervermittlern keine abwei- chenden Provisionsvereinbarungen treffen. Der Deckel gilt überdies für Versicherer mit Hauptsitz in einem anderen EU-Land. Damit sollen Schlupflöcher gestopft werden, etwa die gruppeninterne Verlagerung des Vertriebs von Lebenspolicen auf Gesellschaften, die im Ausland beheimatet sind. Massive Kritik Vermittlerverbände haben in Stellungnah- men alle Punkte scharf kritisiert. Nur zwei Beispiele: „Es ist fraglich, ob es auf den Ver- braucher negative Auswirkungen hätte, wenn die Provision höher als 2,5 bis 4,0 Prozent ausfällt“, schreibt der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung. „Eine Studie der Uni- versität Hohenheim und des Ifa Instituts kommt zu dem Ergebnis, dass eine Senkung der Abschlussprovisionen nur marginale Aus- wirkungen auf die Rendite hat.“ Der Bundes- verband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) kritisiert vehement, dass Versicherer kontrollieren sollen, ob Vermittler die Krite- rien für höhere Courtagen erfüllen. „Hier wird das Versicherungsunternehmen in die Rolle eines Hilfspolizisten bei der Überwachung von Versicherungsvermittlern geradezu hin- eingedrängt“, sagt Hans-Georg Jenssen, Ge- schäftsführender Vorstand des BDVM. Verfassungsrechtliche Bedenken Bereits vor Veröffentlichung des Entwurfs haben einige Verbände mit Nachdruck auf die Rechtswidrigkeit eines Deckels hingewiesen – ein Vorwurf, den sie in den Stellungnahmen an das BMF erneut vorbringen. Sie berufen sich auf Hans-Jürgen Papier, bis 2010 Präsi- dent des Bundesverfassungsgerichts. Dieser argumentiert in einem Gutachten, das im Februar veröffentlicht wurde, dass der Deckel einen „Eingriff in die Freiheit der Berufsaus- übung der Versicherungsunternehmer und der Versicherungsvermittler aus Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz darstellt“. Hans-Peter Schwin- towski, Professor an der Berliner Humboldt- Universität, wies in einer zweiten Studie da- rauf hin, dass die IDD keinerlei Regelungen enthalte, die es rechtfertigen würden, die Ver- triebsentgelte für alle Vermittlertypen bei Lebensversicherungen jeder Art der Höhe nach zu deckeln. Der Entwurf des BMF kontert die Einwän- de der beiden Rechtskoryphäen. Unter Be- rücksichtigung der eingangs genannten Ziele sei es vertretbar, „ wenn mittels eines gesetzli- chen Provisionsdeckels in verfassungsrecht- lich geschützte Positionen, die Art (Erfolgs- vergütung oder tätigkeitsbezogene Vergütung) und die Höhe der Vergütung, insbesondere bei Zahlung von Abschlussprovisionen, frei ver- einbaren zu können, eingegriffen wird “. Fer- ner verweist das Ministerium darauf, dass der Deckel sehr wohl im Einklang mit der IDD stehe. Diese bezwecke eine „Mindestharmo- nisierung. „Gemäß Artikel 29 Absatz 3 Un- terabsatz 1 IDD können die Mitgliedstaaten das Zahlen von Provisionen ‚verbieten oder weiter einschränken‘“ , heißt es im Begrün- dungsteil. Es bleibt spannend, welche Rechts- auffassung sich durchsetzen wird – und ob die Kritik der Verbände gehört wird. JENS BREDENBALS | FP Foto: © Joerg Mueller; Andreas Klingberg für AfW Berlin Hans-Georg Jenssen, BDVM: „Der Versicherer wird in die Rolle eines Hilfspolizisten geradezu hineingedrängt.“ » Der Deckel stellt einen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung der Versicherungsunternehmer und -vermittler dar. « Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Bundesverfassungsrichter Norman Wirth, AfW: „Die Senkung der Provisionen hat nur marginale Auswirkungen auf die Rendite.“ 226 www.fondsprofessionell.de | 2/2019 fonds & versicherung I provisionsdeckel

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