FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2019
Die Zielsetzung seiner CSR-Analyse be- schreibt Zielke so: „Da wir den Bereich Go- vernance, also das Thema Unternehmensfüh- rung, bereits durch unsere Analyse der soge- nannten SFCR-Berichte (Anm. d. Red.: Sol- vency and Financial Condition Report – kurz: SFCR) abgedeckt haben, lag unser Fokus beim CSR-Thema auf der Aussagefähigkeit der Nachhaltigkeitsberichte deutscher Versi- cherer in Bezug auf die Bereiche Soziales und Umweltbelange.“ Sein Hauptkriterium galt dabei der Frage: Will uns das Unternehmen in dieser Hinsicht etwas konkret Relevantes mitteilen, und hinterlegt es das mit Fakten? Insgesamt seien die 42 untersuchten CSR- Berichte deutscher Versicherer vor allem wenig konkret, so Zielkes eher ernüchterndes Gesamturteil. Die höchste Punktzahl erreichen Debeka und Allianz mit jeweils sieben von möglichen 16 Pluspunkten, gefolgt von der Munich Re auf Platz zwei mit sechs Punkten. Unter den Verlierern finden sich Gesellschaf- ten wie die Provinzial Nordwest und die WWK mit der erreichten Maximalzahl von elf Minuspunkten. Die Itzehoer Versicherung kommt mit zehn von elf möglichen Minus- punkten auf ein nur unbefriedigend besseres Ergebnis. „Die Verliererunternehmen scheinen so gut wie kein Interesse an der Veröffentlichung ihrer CSR-Maßnahmen zu haben“, so Zielkes Eindruck nach seiner Analyse. Deshalb müsse man davon ausgehen, dass Nachhaltigkeit keinen besonders hohen Stellenwert in der Unternehmenskultur dieser Gesellschaften besitze. Zielgröße „null Prozent“ Im Bereich Soziales, in dem es vor allem um das Engagement des Unternehmens für Mitarbeiter, Kunden und soziale Projekte geht, fiel Zielke auf, dass das Thema Inklusion von körperlich beeinträchtigten Personen für deut- sche Versicherer immer noch ein Fremdwort zu sein scheint. Sonst sei nicht zu erklären, dass sich nur eine von 42 Gesellschaften die- sem Thema aktiv widme. Auch würden nur drei Gesellschaften einen sogenannten „Net Promoter Score“ veröffentlichen, eine in- zwischen bei vielen Unternehmen gängige Marketingkennzahl, die die Loyalität von Kunden widerspiegelt. Immerhin 25 Gesellschaften bieten attrak- tive sportliche Aktivitäten für ihre Mitarbeiter an, wobei es die DKV dabei bewenden lässt, ihren Mitarbeitern die Mitgliedschaft in einem kooperierenden Fitnessstudio mit zehn Euro monatlich zu sponsern. Den Vogel abgeschos- sen im Bereich Soziales hat jedoch die Rhein- land Versicherung. Das Unternehmen lobt sich in seinem Bericht dafür, dass die Ziel- größe von „null Prozent“ in Bezug auf die Frauenquote im Vorstand während des Be- richtszeitraums tatsächlich erreicht worden ist. Im ebenfalls untersuchten Bereich Umwelt ging es nicht nur um konkrete Maßnahmen zur Messung und Reduzierung des CO 2 -Aus- stoßes im Unternehmen, sondern auch um die Integration oder zumindest die Berücksich- tigung von ESG-Kriterien in der eigenen Anlagepolitik. Auch hier vermitteln die CSR- Berichte der Versicherer eher Ernüchterung denn Aufbruchstimmung: Insgesamt machen laut der Zielke-Analyse nur zehn Versicherer überhaupt Angaben zum CO 2 -Ausstoß pro Mitarbeiter, und nur zwölf berücksichtigen ESG-Kriterien effektiv in ihrer Investment- strategie. Die LVM teilt von vornherein mit, dass Nachhaltigkeitsaspekte bei ihren Produk- ten gar nicht erst berücksichtigt werden. Kritik vom Verband Dass die Ergebnisse von Zielkes Analyse dem Gesamtverband der Versicherer (GDV) nicht gefallen, war zu erwarten. GDV-Ge- schäftsführer Jörg von Fürstenwerth kritisiert in einem ausführlichen Kommentar, die Aus- wertung falle durch ein hohes Maß an Sub- jektivität auf, auch werde nicht klar getrennt zwischen Kritik an der Berichterstattung durch Versicherer und Kritik an den von Ver- sicherern verfolgten Zielsetzungen. Außerdem habe eine Bafin-Studie gezeigt, dass ein Groß- teil der Versicherer die nachhaltigen Invest- ments in Zukunft ausbauen wolle. Auch die Versicherer sind auf Nachfrage bemüht zu verdeutlichen, dass das ESG- Thema sehr wohl hohe Bedeutung habe. So erklärt beispielsweise ein Sprecher der Halle- schen, die aufgrund ihrer hohen Punktzahl für ihren SFCR-Bericht in der Gesamtwertung sogar am besten abschneidet: „Unser Nach- haltigkeitsbericht wurde in der Studie leider nur verkürzt dargestellt.“ Eine ESG-Risiko- analyse der eigenen Kapitalanlage durch eine externe Nachhaltigkeitsratingagentur habe ergeben, dass 94,5 Prozent des Kapitalanlage- portfolios frei von ESG-Risiken seien. Außer- dem investiere man verstärkt in erneuerbare Foto: © Christoph Hemmerich, Klaus Berner, Allianz Felix Hufeld, Bafin: „Das Thema Nachhaltigkeit ist für die Bafin keineswegs neu.“ Oliver Bäte, Allianz: „Es ist uns sehr ernst mit dem Thema Nachhaltigkeit.“ Carsten Zielke, Zielke Research Consult: „Das Thema Umwelt und Soziales ist noch nicht angekommen.“ 240 www.fondsprofessionell.de | 2/2019 fonds & versicherung I nachhaltigkeit
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