FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2019

Foto: © eyetronic | stock.adobe.com D as Betriebsrentenstärkungsgesetz, seit 1. Januar 2018 in Kraft, will der reinen Beitragszusage ohne Haftung des Arbeitgebers und ohne Garantieleistungen für Arbeitnehmer zum Durchbruch verhelfen. Doch dieses Sozialpartnermodell (SPM) funk- tioniert nur über einen entsprechenden bAV- Tarifvertrag, über den sowohl Arbeitgeber als auch Gewerkschaften Mitverantwortung über- nehmen, auch bei der Steuerung der Kapital- anlage für die Zielrente (siehe Kasten nächste Seite). Ein solches Tarifwerk existiert bislang jedoch noch nicht – und Eile scheint für die Tarifpartner in diesem Zusammenhang ein Fremdwort zu sein (siehe FONDS professio- nell 1/2019, Seite 218). Guten Einblick in das Seelenleben der Tarifpartner gab kürzlich die bAV-Frühjahrs- Fachtagung des „Handelsblatts“ in Berlin. Dort trafen mehrere Sozialpartner auf Pro- duktgeber, die sich inzwischen mit Lösungen reiner Beitragszusagen in Stellung gebracht haben. Noch aber beißt niemand an. Die anwesenden Tarifpartner von Verdi, der IG Metall und dem Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) reklamieren mehr Zeit für sich, obwohl ihnen klar ist, dass über kurz oder lang ein Obligatorium vom Gesetzgeber droht. Lutz Mühl, Geschäftsführer Wirtschaft und Sozialpolitik beim BAVC, sieht „einen staatlich gelenkten Fonds mit Zwangselemen- ten“ kommen, falls sich das Sozialpartner- modell nicht durchsetzt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hatte einige Wochen zuvor die Richtung vorge- geben: „Wir brauchen mehr Systeme ohne Gewinnerzielungsabsicht und mit besserer Versorgung, wobei das SPM erste Wahl zur Ergänzung der gesetzlichen Rente ist“, sagte er. Da das SPM „etwas Push“ brauche, rich- tete er zu Ostern im Bundesarbeitsministerium (BMAS) ein Forum für Sozialpartner zu Fachfragen und zum Erfahrungsaustausch ein. „Es muss sich noch in diesem Jahr etwas be- wegen. Kommt aus den Strümpfen!“, rief er den anwesenden Sozialpartnern zu. Die Bun- desregierung werde sich ein weiteres Abwar- ten auf Dauer nicht gefallen lassen. Kaum hatte Heil seinen Appell ausgespro- chen, preschte die Dienstleistungsgewerk- schaft Verdi vor. „Bei uns steht eine SPM- Tarifvereinbarung unmittelbar vor dem Ab- schluss“, sagte Verdi-Vizechefin Andrea Kocsis. Der Pilot sei ein Haustarifvertrag für einen Versicherer mit 5.000 Mitarbeitern und werde über ein Versicherungskonsortium organisiert. Zudem liefen Gespräche für einen zweiten „Abschluss mit einem Luftverkehrs- unternehmen“. Namen nennt Kocsis nicht, da die Vorbereitungen noch nicht abgeschlossen seien. Das ist auch besser so: Schon vor zwei Jahren hatte Verdi laut über ein eigenes SPM- Versorgungswerk nachgedacht, aus dem bis heute nichts geworden ist. Auch jetzt steht Verdi wieder auf der Brem- se. Vier Wochen nach der medienwirksamen Ankündigung ruderte Judith Kerschbaumer, Leiterin des Bereichs Sozialpolitik bei der Verdi-Bundesverwaltung, auf der „Handels- blatt“-Tagung zurück: „Wir haben Respekt vor der Beteiligung der Gewerkschaften an der Steuerung des SPM, weil ein Fehlschlag dem Image schaden würde.“ Offenbar lebt das Trauma weiter, das mit dem unrühmlichen Ende des DGB-eigenen Wohnungsunterneh- mens „Neue Heimat“ 1986 verbunden ist. „Keinesfalls ist vorschnelles Handeln sinn- voll“, meint Kerschbaumer. „Eher kapitalmarktfern“ Ähnlich denkt die IG Metall, die in Sachen bAV neben der Chemiebranche als Vorreiter gilt. Man brauche Sicherheit, moderne Garan- tien und Vertrauen. „Lasst uns Zeit!“, fordert Kerstin Schminke, Sekretärin für Tarifpolitik, Tarifrecht und bAV im IG-Metall-Vorstand. Es sei nicht einfach, den Mitgliedern eine bAV ohne Garantien schmackhaft zu machen. Das dürfte auch auf die Führungsriege zutref- fen. „Die IG Metall ist eher kapitalmarktfern eingestellt“, räumt Schminke ein. Gleichwohl greifen die üblichen Klientel- Reflexe. „Wir erwarten eine starke finanzielle Die betriebliche Altersvorsorge nach dem Sozialpartnermodell ist längst möglich, aber noch nirgends eingeführt. Nun erhöht die Politik den Druck auf die Tarifparteien. Warten auf die neue Rente Schlange stehen zu Schichtbeginn: Manchmal müssen Arbeitnehmer warten, bis es weitergeht. Beim Sozialpartner- modell, einst mit großen Hoffnungen angekündigt, zieht sich dieser Prozess nun aber schon seit vielen Monaten hin. » Es muss sich noch in diesem Jahr etwas bewegen. Kommt aus den Strümpfen! « Hubertus Heil, Bundesarbeitsminister 244 www.fondsprofessionell.de | 2/2019 fonds & versicherung I sozialpar tnermodell

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