FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2019

Finanzplanung zu tun haben. Sie gehen diese Themen oft intuitiv an, was erst mal in Ord- nung ist. Bei manchen wächst aber der Wunsch, Methoden zu lernen, um künftig strukturierter vorzugehen.“ Eine spezielle Ausbildung zum Finanzcoach gab es aller- dings nicht, also hat Müller selbst ein entspre- chendes Konzept entwickelt. Sie möchte da- mit die Lücke zwischen Finanzberatung und klassischem Coaching schließen. „Finanz- beratung spricht hauptsächlich die Ratio des Kunden an. Die Intuition als wichtiger Teil von Entscheidungen wird übersehen, und auch mit seinen Gefühlen bleibt der Kunde meist allein. Das klassische Coaching dagegen spricht neben der Ratio zwar Intuition und Gefühle an, spart aber die Themen Geld und Risiko aus. Finanzcoaching berücksichtigt auch diese Beziehung.“ Finanzcoaches eröffnet sich ein weites Feld. „Meine Kunden suchen häufig einen Spar- ringspartner, beispielsweise wenn es darum geht, eine Immobilie zu kaufen, Vermögen auf die nächste Generation zu übertragen oder die Unternehmensnachfolge zu regeln“, berichtet Hans-Joachim Barth aus Ulm, der seit 1997 selbstständig in der ganzheitlichen Finanz- und Vermögensplanung tätig ist und auch Finanzcoaching anbietet. Sehr persönlich Müller nennt ein weiteres Beispiel: „Oft haben Kunden bereits einen ausgearbeiteten Finanzplan, aber dennoch herrscht in ihnen ei- ne gewisse Unruhe. Irgendetwas hindert sie, diesen Plan umzusetzen. Daran kann der Coach gemeinsam mit demAnleger arbeiten. Im Idealfall bekommt der Kunde dadurch die Sicherheit, die er benötigt, um bereit für den nächsten Schritt zu sein.“ Es gibt viele weitere Anwendungsfälle, zum Beispiel die Frage, wie ein Erbe gerecht aufgeteilt werden kann. „Es kann auch um eher allgemeine Themen gehen, etwa die Frage, welche Funktion Geld für jemanden hat, zum Beispiel in der Ehe.“ Generell gilt: „Der Coach arbeitet an Fragen, auf die Google keine Antwort weiß. Darum gibt es auch keine digitalen Tools und Apps, die den Coach ersetzen könnten“, sagt Müller. „Coaching ist eine wirklich persönli- che Dienstleistung.“ Das wiederum macht die Aufgabe für Berater interessant: Offensichtlich ist Finanz- coaching ein Arbeitsgebiet, auf dem die Digi- talisierung so schnell keine Jobs zerstören kann. Die Kehrseite der Medaille: Der Coach muss bereit sein, sich auf wirklich tiefgehende Gespräche mit seinen Mandanten einzulassen, was nicht jedermanns Sache ist. Mitunter kommen auch Themen zur Spra- che, die die Kompetenz des Coaches über- schreiten. „Ein Coaching darf nicht zur Therapie ausarten, etwa wenn Signale einer Depression zu erkennen sind“, betont Müller. „Ein guter Coach erkennt, wann er seine Grenzen erreicht hat.“ „Wirkungsvolle Fragen“ Müller versucht, den Unterschied zwischen Finanzberatung und -coaching anhand eines Vergleichs zu veranschaulichen: „Sowohl Berater als auch Coach arbeiten mit Fragen, die Zielsetzung ist jedoch eine andere: Der Foto: © Thomas Schiffmann, Kholghi Finanz- & Vermögensplanung Bijan Kholghi, Kholghi Finanz- & Vermögensplanung: „Psychologie ist an der Börse sehr wichtig.“ Monika Müller, FCM Finanz Coaching: „Ein Coaching darf nicht zur Therapie ausarten.“ Ausbildung zum „FCM Finanz Coach“ Seit 2013 bietet Monika Müller die von ihr konzipierte Ausbildung zum „FCM Finanz Coach“ an. „Unter den Ab- solventen finden sich freie Finanzberater, MLP-Geschäfts- stellenleiter, Vermögensverwalter und Mitarbeiter von Privatbanken“, berichtet sie. Aufnahme: Vor dem Start durchläuft jeder Kandidat ein Persönlichkeits-Assessment für Fach- und Führungs- kräfte. „Ziel ist es, herauszufinden, ob ein Interessent von seinem Persönlichkeitsprofil her als Coach geeignet ist oder nicht“, sagt Müller. Absolviert wird auch ein Test zur finanziellen Risikobereitschaft nach Finametrica (siehe hierzu auch FONDS professionell 2/2015, Seite 250). Ausbildung: Das eigentliche Seminarprogramm erstreckt sich über anderthalb Jahre. Behandelt werden acht Module, die jeweils einen bis fünf Tage in Anspruch neh- men. In Summe umfasst die Ausbildung 25 Tage (200 Stunden). Das Programm wurde von der International Coach Federation (ICF) akkreditiert, dem weltweit größten Berufsverband für Coaches. Zertifikat: Um das Zertifikat „FCM Finanz Coach“ tragen zu dürfen, müssen Absolventen unter anderem drei Coa- chingfälle schriftlich dokumentieren, Audio- oder Video- aufnahmen von drei weiteren Sitzungen einreichen und ein Democoaching absolvieren. Das Zertifikat ist drei Jah- re gültig. Eine Verlängerung erhält, wer jährlich entweder an einem FCM-Trainingstag teilnimmt oder die Aufnahme einer Coachingsitzung einreicht. „Unsere Ausbildung soll für eine hohe Qualität stehen“, betont Müller. Kosten: Einführungsveranstaltung und Aufnahmeprozess kosten 590 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Gebühr für die Ausbildung und das Abschlusszertifikat beläuft sich auf 8.350 Euro (umsatzsteuerbefreit). » Coaching ist kein ge- schützter Begriff. Wenn ein Vermittler nur ‚Finanzcoach‘ auf seine alte Dienstleistung schreibt, ist dem Kunden damit wenig geholfen. « Hans-Joachim Barth, Barth Consulting 270 www.fondsprofessionell.de | 2/2019 vertrieb & praxis I finanzcoaching

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