FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2019

Foto: © Roman St etsky| stock.adobe.com I n den 1980er- und 1990er-Jahren war die Welt für Banker noch in Ordnung. Die Berater bekamen über einen Blick aufs Girokonto die Übersicht über die Finanzen des Kunden – sie hatten die Datenmacht. Mittlerweile haben viele aber zwei oder mehr Konten bei verschiedenen Banken. Die Haus- bank hat den Kunden also aus den Augen ver- loren. Versicherer sind noch schlechter aufge- stellt: Abgesehen von den eigenen Beständen kennen sie die Finanzsituation ihrer Kunden nicht. „Finanzanlagenvermittler haben eben- falls viele dunkle Flecken, was die Vermö- genssituation ihrer Kunden betrifft. Sie sehen in der Regel nur das Depot, das sie selbst ver- mittelt haben“, sagt Marco Richter, Mitgrün- der und Geschäftsführer von Wealthpilot. Doch es gibt Abhilfe: Vermögenscontrol- ling-Apps. Diese Tools geben Kunden – und Beratern – einen Überblick über Giro-, Tages- und Festgeldkonten, Depots, Versicherungen und manchmal sogar über illiquide Assets wie Immobilien. Mit einigen Apps lässt sich sogar Geld überweisen – sie sind „multibankfähig“. Wie gut die Program- me die Vermögenswerte abbilden, hängt vom Anbieter und mitunter von techni- schen Details ab (siehe Kasten Seite 300 und Tabelle Seite 302). Vertriebshilfe Die Apps dienen Banken, Versicherern, Vertrieben und einzelnen Vermittlern als Vertriebsunterstützung. „Die Apps helfen Beratern zu erkennen, wo Kunden noch Bedarf und Poten- zial haben. Dann kön- nen sie ihnen entspre- chende Produkte emp- fehlen“, sagte Johannes Cremer, Geschäftsfüh- rer von Moneymeets. „Mit einer umfassenden Vermögenscontrolling- App inklusive Konten können Sie Kunden re- gelmäßig erreichen und mit ihnen kommunizieren – auch zwecks neuer Ange- bote“, ergänzt Reinhard Tahedl, Vorstandschef des Fintech-Inkubators Finconomy. Wenn ein Vermittler etwa erfährt, dass der Kunde 100.000 Euro auf dem Girokonto lie- gen hat, kann er ihm ein Angebot für ein Investment unterbreiten. Ebenso sieht er, ob ein Zweitdepot existiert, das mit ungeeigneten Fonds bestückt ist. „Dann kann der Berater sagen: ‚Lieber Kunde, ich habe hier eine tolle Lösung für dich‘“, so der Wealthpilot-Vertriebschef, der die ange- schlossenen Vermögensverwalter der V-Bank sowie die BCA zu seinen Kunden zählt. Ver- sicherer und Makler könnten Kunden nach eingehender Analyse mithilfe der Daten eine verbesserte Absicherung anbieten. Das funk- tioniert tatsächlich, berichtet Sebastian Grab- maier, Vorstandschef des Maklerpools Jung, DMS & Cie.: „Durch den Einsatz der App können Makler die Zahl der Verträge pro Kunde im Schnitt vervierfachen – von 1,6 auf 6,5 Verträge – und dadurch wesentlich höhere laufende Courtagen erzielen.“ Kundenberuhigung Die Anwendungen haben für Finanzberater weitere Vorteile: Sie bieten dem Kunden je- derzeit einen aktuellen Report, was dem Ver- mittler Zeit erspart. Die Gesamtübersicht kann Anleger zudem beruhigen. „Es kann durchaus beruhigend sein, wenn Kunden in volatilen Phasen wie vergangenen Dezember sehen, dass nur ein Teil ihrer Assets an Wert verloren hat“, sagt Udo Schindler, Vorstand der KSW Ver- mögensverwaltung in Nürnberg, die mit der V-Bank kooperiert und Wealthpilot nutzt. Ein anderer Plus- punkt der digitalen Tools liegt auf der Hand: Schafft es ein Berater, dass ein Kunde alle Assets in der von ihm be- reitgestellten App bündelt, verhin- dert er, dass ein Mitbewerber allzu detaillierte Einblicke erhält. Auch beim Ausfül- len der WpHG-Bö- gen hilft die App: Manche der Daten können einfach eins zu eins über- nommen werden. Den Kunden selbst bieten die Anwendun- Berater können ihre Kunden besser unterstützen, wenn sie deren finanzielle Situation genau kennen. Neuerdings bieten sich einige Apps als Helfer an. Eine Frage der Daten Ob sich jeder Kunde so über seine Vermögenscontrolling- App freut, ist ungewiss. Sie wird ihm aber helfen, den Überblick über sein Geld zu behalten. Auch der Berater profitiert, denn er erhält damit detaillierte Einblicke in die Kundenfinanzen. » Es kann durchaus beruhigend sein, wenn Kunden in volatilen Phasen sehen, dass nur ein Teil ihrer Assets an Wert verloren hat. « Udo Schindling, KSW Vermögensverwaltung 298 www.fondsprofessionell.de | 2/2019 vertrieb & praxis I vermögensübersicht

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