FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2019

lösen lassen würde. Dabei entwerfen die Ratingprofis Szenarien, die sich zum einen auf das durchschnittliche, zum anderen auf das geringste Handelsvolumen der vergan- genen 30 Tagen stützen. Diese Werte ver- gleichen die Morningstar-Analysten dann mit vergangenen Daten oder den Kennzahlen der Vergleichsgruppe. Dies lässt Schlüsse zu, ob sich die Manager eines schwergewichtigen Fonds noch im grünen Bereich bewegen oder an Grenzen stoßen. „Solche Angaben sind jedoch nicht der Weisheit letzter Schluss“, schränkt Whitelaw ein. Flüchtiges Gut Denn die Handelbarkeit eines Wertpapiers an den Märkten gilt als flüchtiges Gut. „Liqui- dität kann genau in dem Moment verdunsten, wenn man sie am dringlichsten benötigt“, sagt Amin Rajan, Vorstandschef des Analysehau- ses Create Research. Die expansive Geld- politik der Notenbanken gaukle nur vor, dass Liquidität im Überfluss an den Märkten her- umwabere. Aufgrund der strikteren Regulie- rung zogen sich Banken, die einst bereitwillig Kurse stellten, aus einigen Marktbereichen wie Unternehmensanleihen zurück. Sie fallen bei Turbulenzen als Puffer aus. Andererseits wagen sich Investoren aufgrund der Niedrig- zinsen in immer riskantere Felder. Gerade hier könne die Liquidität in unruhigen Zeiten rasch versiegen, so Rajan. Um dies zu vermeiden, wählen Fondsma- nager den Weg, bei wachsendem Volumen an- dere Felder zu bestellen. So könnte etwa ein Nebenwertefonds auch in Aktien mittlerer Marktkapitalisierung investieren. Damit wür- de er die Grenzen dieser Nische überwinden und die Mittelströme bewältigen. Solange die Manager auch Erfahrung in dem erweiterten Universum mitbringen und hier überzeugend agieren können, stelle das per se auch noch kein Problem dar, meint Whitelaw. Wichtig ist auch, dass in der Portfoliosteuerung die Strukturen mitwachsen, um die Zuflüsse in Investments umsetzen zu können. Strategie verwässert Schwieriger gestaltet sich die Lage jedoch, wenn Managern angesichts von Mittelströmen die guten Investmentideen ausgehen. In die- sem Fall stecken sie das Neugeld einfach in die bestehenden Positionen und vernachläs- sigen die Routine, gut gelaufene Positionen gegen neue, vielversprechendere Investments auszutauschen. Oder die Portfoliolenker lassen das zufließende Geld einfach ganz liegen und türmen eine immer höhere Kasse-Position auf. „Das verwässert die Strategie und vermindert die Aussicht, dass die Manager auch in Zu- kunft einen Mehrwert gegenüber dem Markt erwirtschaften“, sagt Whitelaw. Fondslenker tun sich ohnehin schwer, nach hohen Mittel- zuflüssen die Outperformance früherer Phasen zu wiederholen, hat der Morningstar-Analyst beobachtet. Um einen Ansturm der Anleger abzuweh- ren, haben Manager mehrere Möglichkeiten. Sie reichen vom Vermarktungsstopp bis hin zu „Strafgebühren“ für Neuanlagen. Die Morningstar-Analysten sehen es dabei gern, wenn Manager eher zu früh als zu spät zu solchen Maßnahmen greifen. „Dann bleibt noch genug Rollstrecke auf der Landebahn übrig“, meint Whitelaw. SEBASTIAN ERTINGER | FP Foto: © Create Research Amin Rajan, Create Research: „Liquidität kann dann verdunsten, wenn man sie am dringlichsten benötigt.“ Wo Fonds an ihre Grenzen stoßen Rechenbeispiel für Aktienportfolios Die Analysten der Gesellschaft Chom Capital zeigen in einer Beispielrechnung auf, in welchen Feldern des Aktienmarktes Fonds- manager – je nach Volumen ihres Vehikels – an Grenzen stoßen. Das Team um Christoph Brenner teilt dazu das Aktienuniversum anhand der Marktkapitalisierung in sechs Klassen ein. Für diese Kategorien errechnen sie wiederum das durchschnittliche Volu- men des Streubesitzes eines Titels. In dem Beispiel ziehen die Chom-Analysten dann Fonds mit drei unterschiedlichen Gewichts- klassen heran. Dabei zeigen sie auf, wie viel des Streubesitzes ein Fonds jeweils verein- nahmen würde. Bei einem zwei Milliarden Euro schweren Portfolio mit 40 Titeln entfallen auf jede Position 50 Millionen Euro. Im kleinsten Aktienmarktsegment würde dieser Fonds schon den durchschnittlichen kompletten Streubesitz einer Aktie praktisch komplett auffressen. Erst in Mid Caps könnte dieser Manager guten Gewissens investieren. Quelle: Chom Capital, Bloomberg Beispiel 1 Beispiel 2 Beispiel 3 Fondsvolumen: 500 Mio. Euro 1 Mrd. Euro 2 Mrd. Euro Größe einer Einzelposition (bei 40 Titeln im Portfolio, jeweils gleichgewichtet) 12,5 Mio. Euro 25 Mio. Euro 50 Mio. Euro Anteil des Fonds am Streubesitz Micro Cap (bis 500 Mio. Euro Marktkapitalisierung, durchschnittlicher Streubesitz: 51 Mio. Euro) 24,6 % 49,1 % 98,2 % Extra Small Cap (bis 1,5 Mrd. Euro Marktkapitalisierung, durchschnittlicher Streubesitz: 565 Mio. Euro) 2,2 % 4,4 % 8,9 % Small Cap (bis 3 Mrd. Euro Marktkapitalisierung, durchschnittlicher Streubesitz: 1,38 Mrd. Euro) 0,9 % 1,8 % 3,6 % Mid Cap (bis 5 Mrd. Euro Marktkapitalisierung, durchschnittlicher Streubesitz: 2,48 Mrd. Euro) 0,5 % 1,0 % 2,0 % Large Cap (bis 10 Mrd. Euro Marktkapitalisierung, durchschnittlicher Streubesitz: 4,70 Mrd. Euro) 0,3 % 0,5 % 1,1 % Mega Cap (mehr als 10 Mrd. Euro Marktkapitalisierung, durchschnittlicher Streubesitz: 26,95 Mrd. Euro) 0,0 % 0,1 % 0,2 % 120 www.fondsprofessionell.de | 3/2019 markt & strategie I fondsvolumen

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=