FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2019

Foto: © Wilfried Simon W er im Sommer nach einer günsti- gen Haftpflichtpolice suchte, stieß womöglich auf das Portal Klarpreis.de mit Tipps zu solchen Verträ- gen. „Der Vergleich bringt den Erfolg!“, war da zu lesen, und „Kostenloses Ange- bot anfordern“. Derartige Internetseiten gibt es zuhauf. Sie liefern Unternehmen wie Finanzen.de Leads zu, die diese wie- derum weiterverkaufen (siehe Seite 260). Makler sehen solche Portale als Ärgernis, schließlich drohen sie ihnen Kunden ab- spenstig zu machen. Die gute Nachricht: Gegen viele dieser Anbieter kann ein seriöser Vermittler vorgehen, weil ihnen häufig die nötige Erlaubnis nach Paragraf 34d Gewerbeordnung (GewO) fehlt. Die Portalbetreiber sehen sich oft nur als Tippgeber: „Falls Finanzen.de einen Ab- schluss erzielt, bekomme ich eine kleine Provision als Teilnehmer des Partnerpro- gramms“, antwortete Waldemar Siewert, Betreiber von Klarpreis.de, im Juli auf Anfrage der Redaktion. Er selbst verfügt über keine 34d-Zulassung. Im Impressum ver- weist er auf die Finanzen.de Vermittlungsge- sellschaft für Verbraucherverträge GmbH, die seit Kurzem eine solche Erlaubnis besitzt. Tchibo-Urteil und IDD Die Fachwelt ist sich allerdings einig, dass schon Angebote wie Klarpreis.de eine 34d- Lizenz benötigen. Das galt bereits früher – erinnert sei an die sogenannte Tchibo-Ent- scheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2013 (Az.: I ZR 7/13). Der Kaffeeröster hatte online Versicherungen offeriert und argu- mentiert, als Tippgeber nicht der Erlaubnis- pflicht zu unterliegen. Doch den Richtern ging das Angebot deutlich zu weit, sie stoppten die unerlaubte Versicherungsvermittlung. Mit dem Inkrafttreten der EU-Versiche- rungsvertriebsrichtlinie IDD ist die Lage Experten zufolge noch eindeutiger, denn das Regelwerk hat den Vermittlungsbegriff deut- lich erweitert. Wilfried E. Simon, Vorstands- chef der Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler (IGVM), verweist auf die IDD-Umsetzung in deutsches Recht: „Demnach ist auch Versicherungsvermittler (nach Paragraf 59 Absatz 1 Satz 3 VVG), wer eine Vertriebstätigkeit im Sinne von Paragraf 1a Absatz 2 VVG ausführt, ohne dass die Vor- aussetzungen der Absätze 2 oder 3 vorliegen.“ Klartext: „Schon die Bereitstellung von Infor- mationen zu Versicherungen auf einer Web- seite sowie die Möglichkeit, mittelbar einen Versicherungsvertrag abschließen zu können, begründet den Vermittlerstatus und geht über die Tippgeberfunktion hinaus“, sagt Simon, der auch als Dozent für Versicherungsrecht lehrt. Dies gelte auch für den Fall, dass der Nutzer zum Abschluss einer Police auf eine andere Website weitergeleitet wird, deren Betreiber eine Zulassung besitzt. „Wir wünschen uns eine verstärkte Kon- trolle durch die zuständige IHK als Aufsichts- behörde“, sagt Simon. Sonst bleibt Maklern nur die Selbsthilfe. Die IGVM forderte zwi- schenzeitlich mehrere Portalbetreiber auf, sich entweder registrieren zu lassen und damit das Gesetz einzuhalten oder die Seite vom Netz zu nehmen. Die meisten Betreiber sind dem gefolgt, manche zieren sich noch. Wer ohne 34d-Erlaubnis in der Versiche- rungsvermittlung tätig ist, begeht eine Ord- nungswidrigkeit und muss mit einer Geld- buße von bis zu 5.000 Euro durch die IHK rechnen (nach Paragraf 144 GewO). Mög- lich ist auch eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe (nach Pa- ragraf 148 GewO). Zusätzlich steht jedem Makler eine Wettbewerbsklage wegen ille- galer Versicherungsvermittlung zu, da es sich bei Paragraf 34d GewO um ein Schutzgesetz handelt und die Betreiber vielfach unlauteren Wettbewerb führen (nach Paragraf 3 und 3a UWG). Allianz reagiert Unangenehm aufgefallen ist Maklern früher auch das Portal Versicherungsver- gleich.org, das zahlreiche Informationen zu einzelnen Sparten bereithält und Tarife vergleicht. Betreiber ist die bereits erwähn- te Finanzen.de Vermittlungsgesellschaft für Verbraucherverträge GmbH. Bis vor Kur- zem besaß diese Gesellschaft keine eigene 34d-Erlaubnis, sondern verwies im Im- pressum in Bezug auf Versicherungen auf die Finanzen.de Maklerservice GmbH, die über eine entsprechende Lizenz verfügt. Mitt- lerweile sind beide Firmen als Versicherungs- vermittler registriert. Finanzen.de gehört seit Kurzem zur Allianz. Ist dem Konzern klar, dass dieses Unterneh- men mit Portalen ohne 34d-Zulassung koope- riert hat? „Die Allianz hat die vertraglichen und rechtlichen Beziehungen der Finanzen.de- Gruppe in der Vorbereitung des Erwerbs intensiv geprüft. Dazu gehörte auch die beste- hende Zusammenarbeit mit anderen Versiche- rungsvergleichsportalen“, teilt ein Sprecher mit. Und was gedenkt der Versicherer zu un- ternehmen, um diese mutmaßlichen Verstöße zu beenden? „Sollte dies erforderlich sein, wird die Allianz eine gesetzeskonforme Zusammenarbeit mit (…) Kooperationspart- nern (…) sicherstellen“, so der Sprecher. Dies könnte bereits passiert sein, denn Klarpreis.de ist nicht mehr online. FONDS professionell wollte von dem früheren Portal- betreiber die Gründe hierfür erfahren, doch auf neuerliche Kontaktversuche reagierte Wal- demar Siewert bis Redaktionsschluss nicht. DETLEF POHL | FP Viele Internetseiten bieten Versicherungsvergleiche, ohne die nötige Gewerbe- erlaubnis zu haben. Seriöse Makler können sich gegen diese Konkurrenz wehren. Portale unter Beobachtung Wilfried E. Simon, IGVM: „Wir wünschen uns eine verstärkte Kontrolle durch die zuständige IHK als Aufsichtsbehörde.“ 264 www.fondsprofessionell.de | 3/2019 fonds & versicherung I unerlaubte vermittlung

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