FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2019

Foto: © „Q“ | stock.adobe.com I mmer wenn man es am dringendsten be- nötigt, steht kein Geld zur Verfügung“, lautet ein Börsenspruch. Tatsächlich erreg- te das Thema Liquidität in der Fondsbranche zuletzt Aufmerksamkeit. Denn die Invest- ments in illiquide Papiere durch Manager wie Tim Haywood vom Schweizer Haus GAM oder Neil Woodford, den Gründer und einsti- gen Kopf der gleichnamigen britischen Gesellschaft, mündeten in handfesten Skan- dalen. Die milliardenschweren Fonds mussten zusperren. Die GAM-Vehikel wurden in die Liquidation geschickt, Woodfords Flaggschiff- fonds steht dasselbe Schicksal bevor. Dies mögen zwar Einzelfälle sein. Doch mehrere Studien untersuchten, welche Risiken auf Fonds lauern, sollte es an der Börse mal wieder turbulenter zugehen. Zum Teil kamen die Experten zu alarmierenden Ergebnissen. Demnach nimmt die Gefahr zu, dass Manager nicht alle Anteilsrückgaben bedienen können. Zugleich türmen Investoren – darunter auch Fondsmanager – auf der Jagd nach Rendite immer mehr Risiken auf. So nehmen die Ge- fahren für die Stabilität des Finanzsystems insgesamt zu. Dies tritt eine Diskussion los, ob und wie sich Fonds besser für Schocks wappnen sollten. Ein Warnsignal kam von höchster Ebene des weltweiten Finanzsystems: Der Interna- tionale Währungsfonds (IWF) widmete ein Kapitel in seinem Global Financial Stability Report 2019 allein den Liquiditätsrisiken von Rentenfonds. Dafür untersuchten die IWF- Analysten 1.760 Bondfonds aus allen großen Währungs- und Rechtsräumen. Diese stehen für 60 Prozent des von der Branche verwal- teten Anleihenvermögens von 10,5 Billionen Dollar. Das alarmierende Ergebnis: Fonds mit einem Gesamtvolumen von 1,7 Billionen Dollar laufen Gefahr, Anleger nicht sofort aus- bezahlen zu können, sollten diese ihre Anteile zurückgeben wollen. Den Autoren des IWF-Reports zufolge ha- ben Rentenfondsmanager zuletzt deutlich den Anteil liquider Papiere mit guter Bonität in ihren Portfolios zurückgefahren. Zudem kapp- ten sie die Kassequote. Stattdessen investier- ten die Fondslenker verstärkt in Titel schlech- terer Bonität oder in Anleihen ohne jegliches Rating. Diese lassen sich in unruhigen Markt- phasen schwerer losschlagen (siehe Grafiken „Gefährliches Terrain“ und „Liquidität abge- lassen“ auf den nächsten Seiten). „Der Abbau von liquiden Papieren wirft die Frage auf, inwieweit Anleihenfonds noch in der Lage sind, massive Anteilsrückgaben zu schultern“, sagt Tobias Adrian, Finanzmarkt- chef des IWF. Die wachsende Risikobereit- schaft der Rentenmanager scheint der schieren Not entsprungen – das anhaltende Niedrig- zinsumfeld treibt die Fondslenker in immer riskantere Nischen. Im September 2019 wie- sen dem IWF zufolge 26,5 Prozent der welt- weit ausstehenden Bonds negative Renditen auf – eine noch höhere Quote als im Rekord- jahr 2016 (siehe „Akuter Renditeschwund“). Ein Liquiditäts-Paradoxon Zudem unterzogen die Experten die Port- folios einem Stresstest. Dem Szenario legten sie die höchsten monatlichen Anteilsrück- gaben von 2009 bis 2019 zugrunde. Demnach weist bei der Simulation ein Sechstel aller Rentenfonds Liquiditätsdefizite auf, bei den Hochzinsvehikeln ist es sogar fast die Hälfte. Eine weitere Erkenntnis: Je geringer das Fondsvolumen, desto eher kommt es zu Liquiditätsengpässen (siehe „Im Stresstest“). Der Währungsfonds ist mit dieser Einschät- zung nicht allein. Auch die europäische Wert- papieraufsicht ESMA kam in einem Stresstest zu einem ernüchternden Ergebnis. Demnach verfügten bei einem simulierten Schock 40 Prozent der Hochzinsfonds nicht über aus- reichende Puffer, um alle Anteilsrückgaben zu bedienen. Das entworfene Szenario sei „schlimm, aber plausibel“, so die ESMA. Für den breiteren Rentenfondsmarkt signalisieren die Experten aber Entwarnung. Die Wahrscheinlichkeit wächst, dass es zu Turbulenzen an den Märkten und damit zu er- höhten Anteilsrückgaben bei Fonds und einer Zuletzt konnten einige Fonds ihre Anleger nicht ausbezahlen. Aufseher fürchten, dass es nicht bei diesen Einzelfällen bleibt – und wittern weitere Schocks. Dräuende Dürre Ausgetrockneter Stausee in Spanien: Obwohl durch die lockere Geldpolitik der Zentralbanken eigentlich Liquidität die Märkte überschwemmt, kann sich diese unvermittelt verflüchtigen. Der ehemalige Chefökonom der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark, geht in seinem Vortrag auf Einladung von Amundi der Frage nach, inwieweit die Notenbank ihr Mandat überdehnt hat. Anmeldung: www.fondsprofessionell.de MANNHEIM, 29. + 30. JAN. 2020 320 www.fondsprofessionell.de | 4/2019 vertrieb & praxis I liquidität

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