FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

einander zu tun, doch es gibt eine gemeinsa- me Anlegerschicht. Das ist in kleinen Schwel- lenländern wie Bangladesch, Nigeria oder Vietnam anders. Ich habe mich jüngst mit einem Broker aus Malaysia unterhalten. Der zeigte mir Zahlen, nach denen der Anteil aus- ländischer Investoren an der Börse Kuala Lumpur seit Jahren stetig sinkt. Die interna- tionalen Anleger scheinen die großen Schwel- lenmärkte zu favorisieren. Das zeigt sich auch an den noch jungen Börsen im Nahen Osten. Dort liegen weniger als fünf Prozent der Aktien in den Händen von Ausländern. Bei den gro- ßen Schwellenländern beträgt diese Quote ty- pischerweise 25 bis 35 Prozent. Die interna- tionalen Investoren dominieren zwar die gro- ßen, nicht aber die kleinen Emerging Markets. Ihre Idee, Ineffizienzen zu nutzen, geht nur auf, wenn diese eines Tages ver- schwinden. Hält der Trend an, dass im- mer mehr Geld nach China fließt und die kleineren Schwellenbörsen austrock- nen, bringt das Ihre Fonds nicht voran. Das ist ein guter Punkt. Nehmen die Ineffi- zienzen weiter zu, profitieren wir nicht davon. Das ist erst der Fall, wenn der Markt diese Ineffizienzen erkennt und auflöst. Das wird auch passieren, allerdings benötigt dieser Pro- zess momentan länger, als das früher der Fall war. Als ich neu im Job war, hatten wir eine Woche Zeit, eine Information, etwa neue Ge- schäftszahlen eines Unternehmens, im Port- folio umzusetzen. Das Internet gab es ja noch gar nicht. Die neue Kommunikationstechnik sorgte dann dafür, dass jede Information prin- zipiell sofort und überall vorhanden war, die Märkte wurden immer schneller. Doch in unseren Nischen hat sich das zumindest teil- weise wieder geändert, auch wegen Mifid II. Weil die EU-Richtlinie dafür sorgt, dass Investoren für Research bezahlen müs- sen, das sie früher oft kostenlos bezogen? Das ist der eine wichtige Punkt: In den Re- searchabteilungen der großen Investmentban- ken gingen viele Jobs verloren. Die Zahl der Analysten, die sich beispielsweise um indo- nesische oder philippinische Aktien kümmern, ist deutlich gesunken. Hinzu kommt, dass die Broker früher kostenfreie Treffen zwischen Investoren und Unternehmen organisiert ha- ben. Auch das muss heute bezahlt werden. Kurz: Die Sekundäranalyse schrumpft, und das verbliebene Research ist deutlich teurer geworden. Möchte ein Investor wissen, was die großen Investmentbanken und die lokalen Broker von einer Aktie aus einem Schwellen- land halten, muss er dafür viel Geld bezahlen. Wer dagegen über Primäranalyse verfügt, ist klar im Vorteil. Uns kommt zugute, dass das Schwellenländern nehmen zu“ » Dass die Korrelation der großen Schwellenländer zur Wall Street so groß ist, liegt an dem vielen passiven Geld, das dort investiert ist. « Stefan Böttcher, Fiera Capital www.fondsprofessionell.de | 1/2020 203

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