FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

Foto: © Jonas Glaubitz | stock.adobe.com T homas Richter vertritt die Interessen der deutschen Asset-Management-Branche durchaus selbstbewusst. „Bei der Zukunftssicherung der Bevölkerung und der Verbreitung nachhaltiger Anlagen geht schon heute an der Fondswirtschaft kein Weg vor- bei“, sagte der BVI-Hauptgeschäftsführer im Februar auf der Jahrespressekonferenz des Verbands in Frankfurt. „Wir könnten noch mehr tun. Aber dafür müssten die Gesetzgeber in Deutschland und der EU die richtigen Wei- chen stellen.“ Die EU müsse globaler denken und neben Verbraucherschutz und Finanz- marktstabilität auch die Wett- zur Stärkung des Fondsstandorts Deutsch- land“ überschrieben ist. „Die Formu- lierung ‚Stärkung des Fondsstand- orts‘ lässt natürlich aufhorchen“, sagt Rechtsanwalt Conrad Ruppel aus dem Frankfurter Büro der Kanzlei Hengeler Mueller. „Es ist das erste Mal seit vielen Jahren, dass es bei der Re- gulierung schwer- punktmäßig um die Wettbewerbsfähigkeit der As- set-Management-Branche geht“, lobt er. Wobei es streng genommen weniger um die Schaffung eines Wettbewerbsvorteils geht, sondern eher um die Beseitigung eines Nach- teils: Das Gesetz erlaubt in Deutschland auf- gelegten Wertpapier-Publikumsfonds (OGAW) und gemischten Investmentvermögen den Einsatz von Instrumenten wie „Swing Pri- cing“ oder „Redemption Gates“, die an inter- nationalen Fondsstandorten, etwa in Luxem- burg, längst üblich sind. Auch Standardsetzer wie der Zusammenschluss der Wertpapier- aufsichtsbehörden IOSCO oder der Finanz- stabilitätsrat FSB empfehlen sie, um Liquidi- tätsrisiken im Fall hoher Mittelabflüsse zu verringern. „Swing Pricing“ Die für offene Publikumsfonds im Alltag wohl wichtigste Änderung ist die Option, den Nettoinventarwert (NAV) „schwingen“ zu las- sen. „Swing Pricing ermöglicht eine verursa- chergerechte Belastung der einzelnen Anleger beim Ein- und Ausstieg“, heißt es in der Beschlussempfehlung des Gesetzes. Konkret passt die Fondsgesellschaft den NAV etwas nach oben an, wenn an einem Tag mehr Anleger Fondsanteile kaufen als zurückgeben. Ziel ist, dass die neuen Anleger die Kosten übernehmen, die durch ihren Einstieg im Fonds anfallen – schließlich muss der Port- foliomanager das frische Geld investieren, was Transaktionskosten verursacht. Über- wiegen die Anteilsrückgaben, wird der NAV entsprechend nach unten angepasst. Es wird auch möglich sein, die Preise erst dann „schwingen“ zu lassen, wenn bestimmte Schwellenwerte bei den Käufen oder Verkäufen überschrit- ten wurden. Konsequent angewandt sorgt Swing Pricing dafür, dass die Performance für treue Anleger nicht zu stark durch hohe Transaktions- kosten verwässert wird (siehe zu den Vor- und Nachteilen des Swing Pricing auch FONDS professionell 2/2017, Seite 234). Die Tatsache, dass diese Handelskosten bislang vom Fonds statt von den Anlegern direkt ge- tragen werden, ist übrigens auch mitverant- wortlich dafür, dass herkömmliche Publikums- fonds ihrer ETF-Konkurrenz oft hinterher- hinken (siehe Kasten nächste Seite: „Transak- tionskosten: Warum ETFs im Vorteil sind“). Rückgabefristen Neu sind weitere Maßnahmen, die direkt dazu dienen, die Liquidität eines Publikums- fonds besser steuern zu können. So kann eine Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) künf- tig eine Rückgabefrist einführen, die bis zu Der Bundestag hat ein Gesetz „zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland“ beschlossen. Es erlaubt neue Instrumente zur Liquiditätssteuerung wie „Swing Pricing“ und „Redemption Gates“. Auf zu neuen Kräften Mit Power ins neue Jahr: Die Änderungen, die der Bundes- tag im Februar beschlossen hat, geben den Fonds- häusern einige Werkzeuge an die Hand, mit denen sie im Wettbewerb mit internationalen Anbietern besser bestehen können. bewerbsfähigkeit der euro- päischen Finanzindustrie als Regulierungsziel ver- ankern. „Die Branche ruft weder nach Schutz noch nach Förderung. Sie wünscht sich schlicht eine ausgewogene Regulierung, die sie im globalen Wettbewerb nicht behin- dert“, so Richter. Richters Ruf, so scheint es, wurde schon erhört – nicht unbedingt in Brüssel, aber im- merhin in Berlin. Denn gerade mal zwei Tage nach der Jahrespresse- konferenz verabschiedete der Bundestag das „Gesetz zur Einführung von Sonder- vorschriften für die Sanierung und Abwicklung von zentralen Gegenparteien“. Und inmitten dieses Regelwerks mit seinem sperrigen Namen findet sich eine Passage, die mit „Änderung des Kapitalanlagegesetzbuchs - - i k » Die Branche ruft weder nach Schutz noch nach Förderung. Sie wünscht sich schlicht eine ausgewogene Regulierung, die sie im globalen Wettbewerb nicht behindert. « Thomas Richter, BVI 410 www.fondsprofessionell.de | 1/2020 steuer & recht I kapitalanlagegesetzbuch

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