FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 1/2020

Foto: © fotomek | stock.adobe.com I n wenigen Monaten ist es so weit: Im August tritt die überarbeitete Finanzanla- genvermittlungsverordnung (FinVermV) in Kraft. Mit ihr werden die Vorgaben der EU-Richtlinie Mifid II für Finanzanlagenver- mittler und Honorar-Finanzanlagenberater mit Erlaubnis gemäß Paragraf 34f und 34h Ge- werbeordnung (GewO) umgesetzt. FONDS professionell bat die beiden Fachanwälte Nor- man Wirth und Daniel Berger von der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte aus Berlin, ausgewählte Fragen rund um die neue Verordnung zu be- antworten, die sich Vermittler immer wieder stellen. Konkret geht es ums „Taping“, also die Pflicht, elektronische Kommunikation aufzu- zeichnen, Fragen zur neuen Kosteninformation, die Arbeit mit dem Zielmarkt und Änderun- gen mit Blick auf Dokumentationspflichten. Was sich in welchem Paragraf der FinVermV ändern wird, sehen Sie kurz zusammengefasst im Kasten auf der nächsten Seite.  Besteht die Aufzeichnungspflicht für al- le Telefonate? Aufzuzeichnen sind alle Telefonate, die „sich auf die Vermittlung von oder die Beratung zu Finanzanlagen beziehen“. Es kommt also da- rauf an, ob der Gesprächsinhalt rechtlich als Teil einer Vermittlung oder Beratung zu wer- ten ist. Dies ist im Grundsatz immer dann der Fall, wenn in dem Gespräch konkrete Kapi- talanlagen thematisiert werden. Hieraus folgt, dass Telefonate, die eine bestimmte Anlage zum Gegenstand haben, auch dann aufzu- zeichnen sind, wenn noch eine nachfolgende Face-to-Face-Beratung stattfindet, in welcher der Kunde das Geschäft erst abschließt. Um- gekehrt sind bloße Terminabsprachen oder all- gemeine Ausführungen zum Marktgeschehen nicht aufzeichnungspflichtig. Meistens hilft diese Erkenntnis aber wenig, da der Inhalt eines Telefonats im Voraus oft nicht feststeht.  Kann generell auf Telefonberatung ver- zichtet werden? Um ganz aus der Taping-Pflicht rauszukom- men, ist es möglich, generell auf eine telefo- nische Vermittlung oder Beratung zu verzich- ten. Dies muss dann aber konsequent durch- gehalten werden und sollte unbedingt in inter- nen Grundsätzen dokumentiert werden. Nach neuer Rechtslage müssen solche Grundsätze für das Taping ohnehin erstellt werden. Die Dokumentation dient als Nachweis für den Wirtschaftsprüfer beziehungsweise die Auf- sicht. Darin sollte auch aufgezeigt werden, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um das gewählte Vorgehen in der Praxis auch tatsäch- lich einzuhalten.  Muss auch aufgezeichnet werden, wenn der Kunden dies nicht möchte? Nein, der explizit erklärte Kunden- wille geht vor. Wer darin einen Weg sieht, das Taping zu umge- hen, etwa indem er sich eine entsprechende Erklärung des Kunden unterzeichnen lässt, muss aber enttäuscht wer- den: Bei einem Kunden- widerspruch sind Vermitt- lungs- oder Beratungsgesprä- che am Telefon verboten. Die Vermittlung oder Beratung kann nur noch in einem Face-to- Face-Gespräch erfolgen.  Welche Teile des Telefonats sind aufzeichnungspflichtig? Im Grundsatz gilt, dass das gesamte Telefonat von Anfang bis Ende aufzuzeichnen ist. Un- geklärt ist hingegen, was passiert, wenn auch Nicht-Anlageprodukte oder Privates bespro- chen werden. So besteht bei der Versiche- rungsvermittlung weiterhin keine Taping- Pflicht. Mehr noch: Im Zweifel ist eine Auf- nahme hier sogar aus datenschutzrechtlichen Gründen unzulässig. Leider haben sowohl der europäische Gesetzgeber der Mifid II als auch der deutsche Verordnungsgeber es versäumt, dieses Spannungsfeld hinreichend aufzulösen. Bis zu einer abschließenden Lösung kann Ver- mittlern nur geraten werden, auch in solchen Fällen das gesamte Gespräch aufzuzeichnen. Ein etwaiger Verstoß gegen das Datenschutz- recht stellt das kleinere Übel dar, aus dem sich wegen des bestehenden Spannungsverhältnis- ses ein schuldhaftes Fehlverhalten des Ver- mittlers kaum herleiten lassen wird. Ab August gelten wesentliche Vorgaben der Mifid II auch für gewerbliche Finanzberater. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur novellierten FinVermV. Neue Regeln voraus » Im Grundslatz gilt, dass das gesamte Telefonat von Anfang bis Ende aufzuzeichnen ist. Ungeklärt ist hingegen, was passiert, wenn auch Nicht-Anlageprodukte oder Privates besprochen werden. « Wirth Rechtsanwälte 424 www.fondsprofessionell.de | 1/2020 steuer & recht I finvermv

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