FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020

die Kapazitäten ihrer Handelsabteilungen beschnitten. In der heißen Phase fielen somit die Intermediäre aus, die ein geschmeidiges Geschäft sichern. Die Spannen zwischen Geld- und Briefkurs klafften immer weiter auseinander, und der Handel mit festverzins- ten Papieren fror zunehmend ein. „Deshalb mussten die Zentralbanken eingreifen und die Risiken in ihre Bilanzen aufnehmen“, so die Vanguard-Expertin. Nach deren Eingriff entspannte sich die Lage deutlich. Die fieberhafte Suche nach Bargeld fraß sich auch durch das gesamte Spek- trum der Anleihenfonds. Zunächst zogen Anleger vorwiegend aus den liqui- den Segmenten und jenen mit positiven Ergebnissen Mittel ab. Dann erfasste die Fluchtwelle auch die weniger liquiden Kate- gorien. Die massiven Abflüsse, gepaart mit der Tatsache, dass sich für zahlreiche Wertpapiere keine verlässlichen Kurse mehr feststel- len ließen, brachten einige Vehikel in Bedrängnis. Rücknahme ausgesetzt Zeitweilig setzten 76 Publi- kumsfonds in Europa die Rück- nahme von Anteilen aus, zählte die Ratinggesellschaft Fitch. Dies betraf Anlegergelder in Höhe von 40 Milliarden US-Dollar, kal- kulierten die Fitch-Analysten. Die Agentur zählte jedoch nur die öffentlich angezeigten Fälle. Das wahre Ausmaß ist größer. Der Europäischen Wertpapieraufsichts- behörde ESMA zufolge bezifferte sich das Vermögen in Fonds, die zusperrten oder andere Liquiditätsmaßnahmen ergriffen, auf 100 Milliarden Euro. Auffällig bei den von Fitch erhobenen Daten sind zwei Punkte: Zum einen setzten in erster Linie britische Gewerbeimmobilien- fonds die Rücknahme aus, aber auch viele Rentenfonds. Weiterhin scheinen vor allem nordische, allen voran dänische Anbieter die Tore geschlossen zu haben. „Dies kann jedoch auch mit den strengeren Veröffentlichungs- pflichten dieser Länder begründet werden“, sagt Alastair Sewell, der bei Fitch die Fonds- und Asset-Manager-Ratings für die Regionen Europa und Asien verantwortet. Die Aussetzung von Rücknahmen sieht Sewell als Warnsignal. „Diese Fonds- schließungen zeigen, wie verwundbar offene Bondfonds gegenüber Stressphasen am Markt sind.“ Die Vernetzung inner- halb der Finanzmärkte könne dazu führen, Foto: © Axel Gaube, Michael Molloy » Die Bilanzen sind schlicht nicht groß genug für all diese Risiken, auch nicht vorübergehend. « Sara Devereux, Vanguard Stephan Kuhnke, Bantleon: „Das war die größte Liquiditätskrise aller Zeiten. Ich habe den Handel nie so eingefroren erlebt.“ Alastair Sewell, Fitch: „Ich glaube nicht, dass die Flut an Fonds- schließungen eine Bedrohung für das Finanzsystem darstellt.“ Bondmärkte in Europa ebenso … Entwicklung im Vergleich in Prozent Wichtige Rentenbarometer des Euroraums, dargestellt anhand entsprechender Index- fonds, zeigen das Stressniveau an den Märkten. Quelle: Bloomberg 2019 2020 -25 % -20 % -15 % -10 % -5 % 0 % 5 % 10 % iBoxx Euro High Yield Corporate Bond ETF iBoxx Eurozone Government Bond ETF Euro Investment Grade Corporate Bond ETF … im Stress wie in Amerika Entwicklung im Vergleich in Prozent Auch in den USA verzeichneten die Bondmärkte einen herben Einbruch. Nur US-Staatsanleihen fingen sich rasch wieder. Quelle: Bloomberg -25 % -20 % -15 % -10 % -5 % 0 % 5 % 10 % 15 % 2019 2020 iBoxx US-Dollar Inv. Grade Corp. Bond ETF US-Treasury Bond ETF iBoxx US High Yield Corporate Bond ETF 134 www.fondsprofessionell.de | 2/2020 markt & strategie I liquidität

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