FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020

Foto: © Creativa Images | stock.adobe.com, Grafik © FONDS professionell, Destatis D ie Rahmendaten sind so vielverspre- chend wie in sonst kaum einem Invest- mentmarkt: Durch den demografischen Wandel werden im Lauf der kommenden Jahre und Jahrzehnte viel mehr stationäre Pflegeplätze gebraucht als heute, und schon jetzt sind Pflegeplätze in einigen Gegenden rar. Der Anteil alter und pflegebedürftiger Menschen an der Bevölkerung wird stark zunehmen, wenn die geburtenstarken Jahr- gänge, die Babyboomer, ins Renten- und Pflegealter kommen. Ende 2017, das ist der jüngste Zeitpunkt, zu dem das Statistische Bundesamt verlässli- che Bevölkerungszahlen vorlegen kann, war jeder fünfte Bürger in Deutschland älter als 65 Jahre. Im Jahr 2040, so die aktuelle bun- desamtliche Prognose, wird es jeder vierte oder sogar dritte Bürger sein. „Damit wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2040 annähernd verdoppeln“, schätzt zum Beispiel Tim Sauer, Geschäftsführer von Magna Care. Der Hamburger Projektentwickler für Wohn- und Gewerbeimmobilien, Magna Real Estate, hat gerade die Tochtergesellschaft Magna Care gegründet, um in den Wachstumsmarkt der Pflegeimmobilien einzusteigen. Geschäfts- führer Sauer war bis vor Kurzem beim Emis- sionshaus Immac, dem mit großem Abstand marktführenden Anbieter von Publikumsfonds mit Healthcare-Immobilien, tätig. Dessen Re- searcherin und die Transaktionsmanagerin hat er gleich mitgenommen. Rückzug der Fonds Seit 1998 legt Immac geschlossene Immo- bilienfonds auf. Mehr als 100 Pflegeheime wurden so finanziert und Anlegern als Invest- ment angeboten. Seit einigen Jahren ist das Fondsgeschäft mit Pflegeimmobilien jedoch unwägbar geworden. Das Umfeld hat sich verändert: So sind nicht nur die Bau- und Grundstückskosten gestiegen, auch die Regu- lierung des Pflegemarktes hat zugenommen und Spielräume eingeengt. „Der Neubau einer Pflegeimmobilie ist schwieriger geworden, weil sich die Mieten – anders als die Geste- hungskosten – nicht verändert haben“, sagt Michael Held, Vorstand des auf Seniorenimmobilien spezialisierten Projektentwicklers Terragon. Immac oder auch INP, die Num- mer zwei im Markt der Pflegeheim- fonds, haben sich einstweilen zumindest aus dem Publikums- geschäft zurückgezogen. Dafür brummt seit einigen Jahren ein anderes Investmentmodell. Wer nach Anlagemöglichkeiten mit Pflege- immobilien sucht, bekommt haufen- weise Angebote. Aber anders als bei den Fondslösungen geht es nicht um den Erwerb und den Betrieb eines Gesamtobjekts, sondern um den Erwerb einzelner Apartments. Aufteilergeschäft brummt Die Anbieter kaufen ein Bestandsobjekt oder entwickeln eine neue Pflegeimmobilie und überführen es in Teileigentum gemäß dem deutschen Wohnungseigentum-Gesetz (WEG). Das regelt Rechte und Pflichten der Teileigentümer einer Immobilie und bildet die rechtliche Grundlage zur Bewirtschaftung einer gemeinschaftlich gehaltenen Wohn- immobilie. Mit Beträgen häufig in der Grö- ßenordnung zwischen 150.000 und 250.000 Euro erwerben Investoren ein einzelnes Apart- ment eines Pflegeheims als Sondereigentum zuzüglich Eigentum an den Gemeinschafts- flächen. Neben der Perspektive des demografischen Wandels sprechen auch die in der Regel sehr lang laufenden Pachtverträge mit einem Betreiber und steigende Auslastungszahlen von Heimen für diese Art von Pflegeinvest- ment. Aber es spricht auch eine ganze Reihe von Aspekten dagegen. Rechtlicher Rahmen Auch wenn Pflegeapartments unter das juristische Regime des WEG fallen, sind sie mit klassischem Wohneigentum nicht ver- gleichbar. Pflegeheime sind Betreiberimmo- bilien, die zur Umsetzung des Geschäfts- Seit ein paar Jahren brummt der Verkauf von Pflegeapartments als Kapitalanlage. Die Verkaufsstory ist aber nur vordergründig plausibel. Gar nicht apart » Die Einstiegspreise liegen oft 30 bis 40 Prozent über den Gestehungspreisen. « Jens Nagel, Hemsö 10 0 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Frauen 2018 2060 2060 Männer 2018 Die Zahl der Menschen, die 65 Jahre und älter sind, wird in den kommenden Jahrzehnten stark zunehmen – und mit ihr der Pflegebedarf. Da endet aber häufig auch schon der plausible Teil der Verkaufsstory von Pflegeapartments. 204 www.fondsprofessionell.de | 2/2020 sachwerte I pflegeimmobilien

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