FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020

Foto: © Günter Menzl E nde 2018 hat die US-Gesellschaft Invesco den in New York ansässi- gen Asset Manager Oppenheimer Funds übernommen. Damit hat sich Invesco mit einem Schlag in den Billio- nen-Dollar-Club der weltweit tätigen Investmentgesellschaften katapultiert, das insgesamt verwaltete Fondsvermögen erreichte zeitweise mehr als 1,2 Billionen US-Dollar. Aber auch Invesco hat die Coronakrise zugesetzt, wenn auch die ver- walteten Assets mit insgesamt 1,1 Bil- lionen US-Dollar nach wie vor 13-stellig sind. Bereits 2019 war Invesco in schwe- ren Fahrwassern, in erster Linie aufgrund von Absatzproblemen in den USA und Großbritannien, zwei für Invesco sehr wichtigen Märkten. Trotz ermutigender Mittelzuwächse in Europa und China sowie einem Rekordjahr in Bezug auf die Zuflüsse ins europäische ETF-Geschäft, ergriff Invesco die Flucht nach vorn und ver- passte sich vor allem in EMEA eine neue Struktur. Auch im Geschäft mit deutschspra- chigen Kunden hat das Unternehmen sich neu aufgestellt. Im Interview erklärt Thomas Kraus, seit Januar für den Vertrieb sowohl an institutionelle Investoren als auch im Retail- Geschäft in der gesamten DACH-Region verantwortlich, wie seine Gesellschaft sich für die Märkte in Deutschland, Österreich und der Schweiz inzwischen neu ausgerichtet hat, um ambitionierte Ziele zu verfolgen. Herr Kraus, wie kommt einAnbieter wie Invesco durch die Coronakrise? Thomas Kraus: Von einem rein operativen Standpunkt aus betrachtet erstaunlich gut. Als die Krise hierzulande im März so richtig ins Rollen kam, hat der Konzern früh entschie- den, alle unsere 8.000 Mitarbeiter weltweit ins Homeoffice zu schicken. Damals habe ich nicht im Traum daran gedacht, wie reibungs- los alles weiterfunktionieren würde. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass die Coro- nakrise uns bei gewissen Themen näher an unsere Ziele gebracht hat. Wie meinen Sie das? Wir hatten uns als Asset Manager schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie als Ziel ge- setzt: Wir wollen unsere Kunden und deren Bedürfnisse noch besser kennenlernen, noch besser verstehen, was sie wirklich brauchen, um entsprechend bedarfsgerecht liefern zu können. Uns war bewusst, dass das ein durch- aus ambitioniertes Ziel ist, aber wir hatten uns vorgenommen, die kundenorientierteste Firma der Welt zu werden. Die Coronakrise wurde dann zu genau jenem Katalysator, der uns näher an dieses Ziel bringt. Denn in der aktu- ellen Situation ist es extrem wichtig, so nah wie nur irgend möglich am Kunden zu sein. Ich kann mich an keine krisenhafte Situation erinnern, in der Asset Manager und ihre Kun- den eindeutiger in einem gemeinsamen Boot gesessen hätten. Fast schon paradox daran ist: Wir waren zwar räumlich mehr denn je von unseren Kunden getrennt und waren ihnen dennoch wesentlich näher als früher, vor allem weil wir es geschafft haben, blitzschnell neue Kommunikationskanäle und Informationstools aufzubauen und bereitzustellen. Zur kundenorientiertesten Asset-Ma- nagement-Firma der Welt zu werden, das ist schon ein hoher Anspruch, den Sie da formulieren. Was genau wollen Sie bieten? Zugegeben, die Zielsetzung ist ohne Zweifel hoch, aber aus meiner Sicht durchaus erreichbar. Wenn ich in dieser Corona-Zeit eines gelernt habe, dann ist es die fundamental wichtige Bedeutung, in einer solchen Krise ständig erreichbar zu sein für den Kunden. Wir haben in Windeseile Webinare, Telefonkonferenzen sowie Skype-Calls mit unseren Fonds- managern organisiert und eine spezielle Informations-Website für unsere Investo- ren ins Leben gerufen. So konnten wir die Kunden zu jeder Zeit mit den neuesten Updates unserer Marktstrategen, Fonds- manager und Makroökonomen versorgen. Die Krise erforderte einfach sehr schnelles und extrem kundenzentriertes Handeln, ohne dabei die Möglichkeit des persönlichen Kon- takts zu haben. Und es ist genau diese Fokus- sierung auf den Kunden, die wir uns auch nach dem Abklingen der akuten Krise un- bedingt erhalten wollen. Das führt uns zum Aspekt Digitalisie- rung, schon geraume Zeit vor Corona ein wichtiges Thema in der Fondsbran- che. Was hat sich im bisherigen Verlauf der Krise in dieser Hinsicht getan? Die Digitalisierung spielt auch bei Invesco schon seit einigen Jahren eine immer größere Rolle. Deshalb haben wir sehr viel Energie in den Aufbau einer „Digital first“-Initiative gesteckt, aber erst die Krise hat das sozusagen voll zur Entfaltung gebracht. Man muss sich das vielleicht wie Schwimmübungen auf dem Trockenen vorstellen. Erst wenn man dann wirklich ins Wasser springt, zeigt sich, wie gut die Vorbereitung auf das Schwimmen im Wasser tatsächlich gewesen ist. Im Grunde wurde uns erst mitten in diesem Sturm wirk- lich bewusst, wie sinnvoll es im Rückblick gewesen ist, so viele Mittel in die Weiter- entwicklung unserer Technologie investiert zu haben. Denn das machte es uns in der jüngs- Anfang dieses Jahres hat Thomas Kraus die Gesamtverantwortung für den Vertrieb von Invesco in der DACH- Region übernommen. Im Interview erklärt der Österreicher, wie seine Gesellschaft in Bezug auf die tatsächlichen Bedürfnisse von Kunden punkten will und was er unter der „dritten Säule des Investierens“ versteht. „Wir wollen die kundenorientier » Wir wollen unsere Kunden und ihre Bedürfnisse noch besser kennenlernen, noch besser verstehen, was sie wirklich brauchen, um bedarfsgerecht liefern zu können. « Thomas Kraus, Invesco vertrieb & praxis I thomas kraus | invesco 290 www.fondsprofessionell.de | 2/2020

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