FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020

Foto: © Peter Thomas E in kleines Fachwerkhaus in der Mainzer Altstadt, hübsch bepflanzte Blumen- kästen vor den Fenstern im Erdge- schoss, eine knarzende Holztreppe, die in die erste Etage führt. Hier hat Lars Steinmann sei- ne Büroräume. Und hier bekommt jeder Gast erst einmal einen guten Kaffee. Der Mainzer Honorar-Finanzenanlagenberater kauft ihn in einem kleinen Geschäft, dessen Inhaber er persönlich gut kennt. Die Bohnen stammen aus fairem Handel. Fairer Handel, Klimaschutz, soziale Ge- rechtigkeit: Das sind Werte, die Steinmann in seinem Leben wichtig sind. „Ich ernähre mich schon seit vielen Jahren von wirklich biolo- gisch angebauten Lebensmitteln, kaufe lokal ein, nutze keine Onlinedienste, lebe TV-frei und unternehme keine Flugreisen“, berichtet Steinmann. Da kam es ihm sehr gelegen, als der Finanzvertrieb MLP 2010 eine neue Fondskategorie einführte. „Das waren etwa zehn Produkte, die von Scope, damals noch Feri, als nachhaltig geratet waren“, erinnert sich Steinmann, der zu dieser Zeit unter dem Haftungsdach von MLP tätig war. Er war sofort Feuer und Flamme. „Das war für mich die logische Überset- zung meiner Lebensanschauung in die Alters- vorsorge und die Geldanlage“, sagt Stein- mann. Gut zehn Jahre später ist er längst als freier Finanzberater tätig, freut sich darüber, dass die Auswahl an Nachhaltigkeitsfonds deutlich breiter geworden ist und das Interesse der Kunden daran stark zugenommen hat. 20 Prozent fragen von sich aus „Etwa 20 Prozent fragen mich inzwischen von sich aus nach nachhaltigen Investments“, berichtet Steinmann. Doch auch bei den 80 Prozent seiner Kunden, die er selbst auf das Thema anspricht, gibt es keinen, der nicht sagen würde: „Ausbeuterische Kinderarbeit? Rüstung und Klimawandel? Nein, das will ich nicht!“ „Es kommt nur darauf an, dass man die Dinge richtig und verständlich erklärt“, sagt Steinmann. Er legt seinen Kunden dafür die einzelnen Bereiche der ESG-Kriterien dar – Umwelt, Soziales und vernünftige, gerechte Unternehmensführung. Allerdings, so findet der Berater: „Zu 100 Prozent nachhaltig kann man überhaupt nicht investieren, das ist ein- fach nicht möglich.“ Wie für Lars Steinmann spielt das Thema nachhaltige Geldanlage heute für viele Hono- rar-Finanzanlagenberater, Finanzanlagenver- mittler und Versicherungsmakler eine wichtige Rolle. Mancher von ihnen hat schon Anfang der 1990er-Jahre seine Flyer für grüne Anla- geberatung in den nahegelegenen Bioläden ausgelegt, andere haben das Thema erst vor Kurzem für sich entdeckt. Aber eines verbin- det zumindest die Berater und Vermittler, mit denen FONDS professionell gesprochen hat: Nachhaltige Geldanlage und Altersvorsorge ist für sie alles andere als eine vorübergehende Modeerscheinung. Veränderte Sicht auf die Welt Bei Carmen Junker war es die Geburt ihres Sohnes im Jahr 2003, die sie zum Umdenken bewog. Drei Jahre war sie damals bereits als freie Finanzberaterin tätig. „Aber wenn man ein Kind bekommt, verändert das die Sicht auf die Welt, weil man erkennt, welche Ver- antwortung man für die künftigen Generatio- nen hat“, sagt Junker. Also begann sie, auch nachhaltige Investments in ihre Beratung mit aufzunehmen. Der Wendepunkt kam aber erst mit einer Protestaktion gegen genmanipulier- tes Saatgut, an der Junker zwei Jahre später teilnahm. „Wir haben eine stark wachsende Weltbevölkerung und den Klimawandel, da müsste mit Agrarrohstoffen doch eigentlich Rendite zu machen sein“, dachte sie sich. Doch in Fonds fanden sich meist auch Aktien von Konzernen, die ihrem Begriff von Nach- haltigkeit nicht entsprachen. Um sich auf wirklich nachhaltige Geld- anlage zu konzentrieren, gründete sie 2007 zusammen mit ihrem Ehemann Gerd die Finanzberatung Grünes Geld mit Sitz in Aschaffenburg. Etwas später folgte die Grünes Geld Vermögensmanagement. Wie der Name vermuten lässt, sind konventionelle Geldanlagen bei den beiden Unternehmen überhaupt nicht mehr zu finden. „Wir haben einen ganz stringenten Ansatz, dem die Überzeugung zugrunde liegt, dass Finanzströme sehr viel bewirken können“, erklärt Carmen Junker. Sie möchte, dass das Kapital ihrer Kunden in die richtige Richtung fließt, dazu beiträgt, globale Probleme zu Für Finanzberater gewinnt nachhaltige Geldanlage zunehmend an Bedeutung. Fünf von ihnen berichten, worauf es dabei für sie ankommt und wie sie vorgehen. Viel mehr als nur grün Lars Steinmann vor dem Haus in Mainz, das seine Büroräume beherbergt: Der Honorar-Finanzanlagenberater setzt nicht nur bei der Geldanlage auf Nachhaltigkeit, er lebt sie auch in seinem Alltag in den verschiedensten Bereichen. 342 www.fondsprofessionell.de | 2/2020 esg-spezial I finanzberater

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