FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020

lösen, statt neue zu schaffen. Dabei bedeutet „grünes Geld“ für die Junkers keineswegs nur Investments im Bereich Ökologie und Um- weltschutz. „Unser Begriff von Nachhaltigkeit umfasst etwa erneuerbare Energien ebenso wie Bil- dung und soziale Gerechtigkeit“, sagt Carmen Junker. Fonds, die zu diesem Nachhaltigkeits- verständnis passen, findet sie durch Recher- chen in Onlinedatenbanken. Auch bei Anbie- tern von Themenfonds wird sie fündig. Und nicht zuletzt nutzt Junker auch Nachhaltig- keitssiegel und -ratings bei der Produktaus- wahl (siehe Artikel ab Seite 352). Anbieter direkt ansprechen „Es gibt ja ungefähr zwei Dutzend Siegel, bei uns kommen aber nur die des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) und von Ecoreporter zum Einsatz“, sagt Junker. Diese helfen bei der Orientierung. Darüber hinaus nimmt die Beraterin die Portfolios interes- santer Fonds aber sehr genau selbst unter die Lupe, liest Jahres- und Halbjahresberichte und geht auch auf die Kapitalverwaltungsge- sellschaften zu, wenn sie Zweifel an bestimm- ten Titeln hat. „Dafür sind Veranstaltungen wie der FONDS professionell KONGRESS für uns sehr wichtig, denn dort hat man die Gelegenheit, mit den Anbietern direkt zu spre- chen“, berichtet Junker. Dass der aktuelle Hype um nachhaltige Geldanlage, auf den große Investmentgesell- schaften und Vertriebe aufspringen, kleineren Anbietern und spezialisierten Beratern gefähr- lich werden könnte, glaubt Junker eigentlich nicht. „Natürlich kann es schwieriger werden, wenn nach und nach alle Sparkassen auch nachhaltige Fonds im Programm haben“, überlegt sie. Andererseits stelle sich immer auch die Frage nach der Glaubwürdigkeit. „Wirklich überzeugte Anleger werden sich vermutlich auch weiterhin an Spezialbera- tungen wenden“, sagt sie. Außerdem gebe es bei nachhaltigen Geldanlagen ja noch viel Luft nach oben. In der Tat: Laut FNG-Markt- bericht 2019 lag der Anteil der nachhaltigen Fonds und Mandate in Deutschland zuletzt bei lediglich 4,5 Prozent. Pionier im Bioladen Im Jahr 1995 konnte von einem „Anteil“ noch gar keine Rede sein. Der Gründer der Beratung Ökologische Finanzdienstleistungen, Ingo Scheulen aus Bad Salzuflen, kann die Bedeutung, die nachhaltige Investmentfonds vor 25 Jahren für Privatanleger in Deutsch- land hatten, mit einer Zahl konkret beziffern. „Es gab genau fünf Umweltfonds, das war’s“, weiß Scheulen noch. Er war es, der 1995 bei den Bioläden in seiner Nähe anklopfte, um dort die Flyer für seine soeben gegründete Beratung für nach- haltige Geldanlage auszulegen. „Damals war man ein Exot und wurde belächelt“, erinnert sich der Pionier. Rendite sollte ein Investment bringen, kaum ein Anleger interessierte sich dafür, ob sie aus einer Anlage in Unternehmen kam, die nachhaltig wirtschafteten oder nicht. Aber Scheulen trieb das Thema voran, hob mit Gleichgesinnten 2003 das Netzwerk Öko- finanz-21 aus der Taufe (siehe Kasten unten auf der Seite). „Heute hat sich der Wind natürlich kom- plett gedreht“, sagt Scheulen. Kunden, die zu ihm kommen, erwarteten nicht bloß, dass er bei der Anlage ihres Geldes ganz selbstver- ständlich bestimmte Ausschlusskriterien berücksichtigt. „Sie fragen zum Teil viel ge- nauer, schauen auch auf einzelne Papiere, die in einem Fonds liegen“, berichtet Scheulen. Das mache für Berater eine detailliertere Be- schäftigung mit Einzeltiteln erforderlich. „Wenn man sich beispielsweise die Aktie des weltgrößten Nahrungsmittelkonzerns Nestlé Ökofinanz-21: Ein Verein für nachhaltig orientierte Finanzberater Freie Finanz- und Versicherungsvermittler, die sich auf die Beratung über nachhaltige Produkte konzentrieren möchten und oder sich hier bereits positioniert haben, können sich dem bundesweiten Netzwerk Ökofinanz-21 (Internet: oekofinanz-21.de ) anschließen. Der Verein Mit vollem Namen heißt der Verein „Ökofinanz-21, Netz- werk für nachhaltige Vermögensberatung“. Er wurde im Juni 2003 von Beratern gegründet, die sich auf einer Tagung zum Thema Ethik und Nachhaltigkeit in der Finanzwirtschaft kennengelernt hatten und beschlossen, sich regelmäßig auszutauschen. Inzwischen hat der Verein 55 aktive Mitglieder. Zudem wird Ökofinanz-21 von Fördermitgliedern, darunter Banken und Fondsgesell- schaften, finanziell unterstützt. Ziele und Aufgaben Ökofinanz-21 unterstützt seine Mitglieder darin, im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft in der Vermögens- und Vorsorgeberatung tätig zu sein. Der Verein will Grundsätze einer sozialen, ökologischen und kulturellen Verantwortung als Qualitätskriterien einer verantwortlichen Beratungstätigkeit weiterentwickeln und verbreiten. Er setzt sich dafür ein, dass echte nachhaltige Finanzprodukte zunehmend vermittelt werden, und möch- te in der Gesellschaft das Bewusstsein für die Wirkung von sinnvoll angelegtem Vermögen stärken. Austausch Der Verein versteht sich auch als Diskussions- und Arbeitsforum. Ökofinanz-21 veranstaltet daher zweimal im Jahr Tagungen rund um das Thema Nachhaltigkeit. Zudem stehen auch die Mitglieder untereinander in einem regen Austausch. Mitglieder Die Mitglieder von Ökofinanz-21 sind ausschließlich freie Berater, die unabhängig arbeiten und nicht an einzelne Produktanbieter gebunden sind. Sie verpflichten sich, Kunden in Beratungen außer nach ihren Zielen, Wün- schen, der Risikoneigung sowie Einkommens- und Vermögensverhältnissen immer auch nach ihren Anfor- derungen an die Nachhaltigkeit von Finanz- und Versi- cherungsprodukten zu fragen. Weiterhin verpflichten sie sich dazu, in allen Bereichen ihrer Arbeit und in der Unter- nehmensführung Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksich- tigen und zu thematisieren. Lobbyarbeit Ökofinanz-21 versteht sich als Lobby für Nachhaltigkeit an der Schnittstelle zwischen Verbrauchern und Produkt- gebern. Der Verein fordert, dass Fragen nach ethischen, ökologischen und sozialen Kriterien zum obligatorischen Bestandteil des Beratungsprozesses werden. Die Mit- glieder des Netzwerkes beteiligen sich daher an Veran- staltungen und in Medienbeiträgen an der Debatte um ethische Werte, Ökologie und soziale Verantwortung. Ökofinanz-21 gab unter anderem im Jahr 2010 beim Fachverband Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) den Impuls für den Aufbau einer frei zugänglichen Datenbank für nachhaltige Investmentfonds. Quelle: oekofinanz-21.de | Redaktion: FONDS professionell Carmen Junker, Grünes Geld: „Unser Ansatz beruht auf der Überzeugung, dass Finanzströme viel bewirken.“ Foto: © Grünes Geld GmbH 344 www.fondsprofessionell.de | 2/2020 esg-spezial I finanzberater

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