FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020

Auch Richard Schmidt, Leiter Absolute Re- turn beim Vermögensverwalter DJE Kapital, ist davon überzeugt, dass der Finanzmarkt ein effektives Mittel ist, um Konzerne respektive ihre Manager zum Umdenken zu bewegen. „Unternehmen, die sich nicht anpassen, kom- men schwieriger an Kapital und bezahlen deutlich höhere Fremdkapitalkosten als grüne Unternehmen“, sagt er. Multiplikatoreffekt Alexander Mozer, Investmentchef beim Nachhaltigkeitspionier Ökoworld, ergänzt die- sen Aspekt: „Asset Manager, die auf ethische und ökologische sowie soziale Aspekte hohen Wert legen und die in Frage kommenden Un- ternehmen umfangreich analysieren, signali- sieren durch ein Investment die hohe Qualität des Unternehmens“, meint er. In der Folge könnten die Konzerne einfacher Geld am Kapitalmarkt aufnehmen. „Unternehmen, die den sich verschärfenden Umweltregulierun- gen nicht Rechnung tragen, setzen sich zudem zunehmend höheren finanziellen und operati- ven Risiken aus.“ Auch dies führe zu höheren Finanzierungskosten. Ein weiterer wichtiger Punkt sei die Imagebildung, argumentiert Mozer: Ein Unternehmen, das ESG-Investo- ren überzeugen könne, erhöhe schlussend- lich seine Absatzchancen und habe Vor- teile bei der Rekrutierung neuer Mitarbei- ter. „Das zwingt auch andere Unterneh- men, diesen Weg einzuschlagen.“ Silvio Schmidt, Nachhaltigkeitsanalyst bei Ökoworld, spricht einen weiteren Punkt an: „Wir machen die Erfahrung, dass ein Investment in nachhaltige Fonds auch etwas mit demAnleger selbst macht – es schafft beziehungsweise stärkt sein Bewusstsein für die nichtfinanziellen Erfolgs- faktoren eines Unternehmens.“ Er achte also verstärkt auf diese Aspekte bei Unternehmen. „Zudem spricht er darüber und steckt als Multiplikator weitere Anleger an, nachhaltig zu investieren“, meint der Analyst. Das ver- stärke die Nachfrage nach nachhaltig ausge- richteten Fonds und erhöhe dementsprechend den Druck der Finanzindustrie auf die Unter- nehmen, sich in diese Richtung zu bewegen. Gespräche als Hebel DJE-Fondsmanager Schmidt nennt einen weiteren Hebel, den die Investoren ansetzen können: Sie sollten ESG-Schwächen im direk- ten Gespräch mit dem Vorstand thematisieren. „Dieses Engagement kann viel direkter einen Veränderungsimpuls bei Unternehmen bewir- ken als beispielsweise das bloße Anwenden von Ausschlusskriterien“, meint er. Christopher Kaminker, Leiter Nachhaltig- keits-Research und -Strategie bei Lombard Odier, plädiert aus diesem Grund sogar dafür, Eisen- und Stahlunternehmen in ESG-Port- folios aufzunehmen. „Wer dazu beitragen will, die globalen Kohlendioxidemissionen zu reduzieren, muss in CO 2 -intensive Branchen investieren“, sagt er. „Denn wer diese in sei- nem Portfolio meidet, kann zwar den Fußab- druck seiner eigenen Investitionen reduzieren, schließt dabei aber genau die Branchen aus, die Hauptverursacher von Emissionen sind und deshalb Teil der Lösung sein müssen.“ Seine Forderung: Ein ESG-Fonds sollte „dort aktiver Eigentümer werden, wo es notwendig ist, und seine Stimmrechte für mehr Nachhaltigkeit einsetzen“. Fazit Offensichtlich haben ESG-Investoren tatsächlich manche Möglichkeit, etwas Gutes zu bewirken. Irreführende Aussagen wie die, der Kauf eines Nachhaltigkeits- fonds sei bis zu 23 Mal effizienter als der Verzicht aufs Auto, hat die Branche gar nicht nötig. BERND MIKOSCH | FP Aktive Investoren Wie wirken die Fondsanbieter bei den Unternehmen in ihren Portfolios auf Veränderungen hin? FONDS professionell dokumentiert einige aktuelle Fälle. Contra Exxon Legal & General Investment Management (LGIM) hat öffentlich angekündigt, auf der Hauptversammlung des Ölmultis Exxon Ende Mai (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) gegen die Wiederwahl des Board-Vorsitzenden zu stimmen – ein ungewöhnlicher Schritt. „Der mangeln- de strategische Ehrgeiz von Exxon in Bezug auf den Klima- wandel bereitet uns Sorgen“, sagt LGIM-Nachhaltigkeits- chefin Meryam Omi. „Wir beobachten, dass viele Exxon- Konkurrenten ihre Ambitionen zur Nachhaltigkeit auch unter den derzeitigen schwierigen Bedingungen intensi- vieren. Die Welt und auch die Investoren von Exxon kön- nen es sich nicht leisten, dass das Unternehmen ins Hin- tertreffen gerät.“ LGIM wird auch einen Aktionärsantrag für mehr Transparenz bei der Lobbyarbeit unterstützen. Pro Hyundai Der norwegische Asset Manager Skagen investierte nicht in die Hyundai-Aktie, weil der südkoreanische Autobauer unter anderem gegen Vorgaben der Internationalen Arbeits- organisation ILO und Standards des UN Global Compact verstieß. „Wir haben dem Unternehmen klar mitgeteilt, was sich ändern muss“, sagt Skagen-Chefanlagestrategin Alexandra Morris. Hyundai lenkte tatsächlich ein – auch auf anderen Gebieten. Nachhaltigkeit soll bis 2025 zentral in der Geschäftstätigkeit verankert werden, der Erfolg des Vorstandschefs wird fortan auch an ESG-Fortschritten gemessen. „Hyundai ist aus unserer Sicht das Unterneh- men, das 2019 die größten ESG-Fortschritte gemacht hat“, sagt Morris. Nun dürfen die Skagen-Fonds wieder in die Hyundai-Aktie investieren. Dialog Die Beispiele sind keine Einzelfälle. Der US-Vermögens- verwalter Blackrock trat allein im ersten Quartal dieses Jahres im Rahmen seiner „Investment Stewardship“-Akti- vitäten weltweit mit rund 700 Unternehmen in den Dialog. Bei über 30 Prozent der Aktionärstreffen stimmten Black- rock-Vertreter gegen mindestens eine Empfehlung des Managements, zudem votierten sie gegen mehr als 500 Aufsichtsratsmitglieder. Allianz Global Investors suchte 2019 rund 450 Mal den „kritischen Dialog“, wie das Unternehmen berichtet – ein Plus von 31 Prozent zum Vorjahr. Zahlreiche weitere Asset Manager versuchen ähn- lich aktiv, die Unternehmen in ihren Fonds in die richtige Richtung zu treiben (lesen Sie hierzu auch das Interview mit DWS-Vertriebsmanager Simon Klein ab Seite 364). Silvio Schmidt, Ökoworld: „Ein Investment in nachhaltige Fonds macht auch etwas mit dem Anleger selbst.“ » Wer dazu beitragen will, die globalen Kohlendioxidemissionen zu reduzieren, muss in CO 2 - intensive Branchen investieren. « Christopher Kaminker, Lombard Odier Foto: © Ökoworld | Andreas Endermann 370 www.fondsprofessionell.de | 2/2020 esg-spezial I nachhaltigkeitswirkung

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