FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 2/2020

Foto: © Andrey Burmakin | stock.adobe.com, GPC Law D er Beruf eines Versicherungsvermitt- lers ist sicher alles andere als einfach. Wenn ein Kunde wegen einer Versi- cherung anfragt, müssen die freien und ge- bundenen Vermittler prüfen, welchen Schutz der Kunde genau benötigt. Vor allem die Überprüfung der einzelnen Risiken ist eine komplizierte Aufgabe. Die Berater müssen große Sorgfalt walten lassen und die Situation ihrer Kunden sorgfältig analysieren – sonst drohen Schadenersatzklagen. Der Gesetz- geber hat dazu in Paragraf 61 Versicherungs- vertragsgesetz (VVG) nur allgemeine Vorga- ben gemacht: „Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versiche- rung zu beurteilen, oder der Person des Ver- sicherungsnehmers und dessen Situation hier- für Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen (…).“ Die Details, auf die Vermittler hierbei achten müssen, liefern oftmals Gerichtsurteile. FONDS professionell hat sich daher bei Experten für das Versicherungs- und Vermitt- lerrecht (siehe Kasten) nach den ihrer Mei- nung nach wichtigsten Gerichtsentscheidun- gen erkundigt. Diese nannten knapp 30 Urtei- le rund um das Thema Beratungspflichten, aber auch zur Beratervergütung und anderen Punkten. Die Redaktion hat die Urteile aus- gewählt, die von mindestens zwei Juristen genannt wurden, ferner die Entscheide des Bundesgerichtshofs (BGH) sowie einige Urteile von Oberlandesgerichten (OLG). Das Ergebnis, die „Top Ten“, finden Sie hier in chronologischer Reihenfolge. Makler haben umfassende Pflichten – „Sachwalter-Urteil“ BGH, Urteil vom 22. 5. 1985, Az. IVa ZR 190/83 § Dieser Entscheid des BGH gilt als das Grundlagenurteil für die Pflichten von Versicherungsmaklern. In dem Streitfall hatte ein freier Vermittler unterlassen, das Wa- renlager eines Kunden gegen das Risiko des Einbruchsdiebstahls zu versichern. Den Auf- trag dazu hatte er Anfang des Jahres 1980 erhalten. Die Beschaffung einer endgültigen Deckungszusage verzögerte sich aber wegen einer Verlegung des Warenlagers, sodass der Makler lediglich einen vorläufigen Schutz vermittelte. Nachdem dieser mehrfach verlän- gert worden war, lehnte die Versicherung am 1. April 1980 die weitere Verlängerung ab – das Lager war nicht versichert. Hierüber in- formierte der Makler den Kunden aber nicht. Ein paar Wochen später brachen Unbekannte in das Lager ein, es entstand ein Schaden von rund 150.000 D-Mark, weshalb der Kunde den Makler auf Schadenersatz verklagte. Der BGH schlug sich auf seine Seite. „ Die Pflich- ten des Versicherungsmaklers gehen weit. Und so schreibt der BGH in seinem Urteil dem Versicherungsmakler einen weiten Tätig- keitsumfang in seinen Pflichtenkatalog“, sagt Rechtsanwalt Jens Reichow von Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. So muss der Versicherungsmakler von sich aus das Risiko untersuchen, das Objekt prüfen und den Ver- sicherungsnehmer als seinen Auftraggeber „ständig, unverzüglich und ungefragt über die für ihn wichtigen Zwischen- und Endergeb- nisse seiner Bemühungen, das aufgegebene Risiko zu platzieren, unterrichten. Wegen die- ser umfassenden Pflichten kann der Versiche- rungsmakler für den Bereich der Versiche- rungsverhältnisse des von ihm betreuten Ver- sicherungsnehmers als dessen treuhänderähn- licher Sachwalter bezeichnet werden“, heißt es wörtlich in der Urteilsbegründung. Ein weiter wichtiger Aspekt des Urteils betrifft die Beweislast: „Verletzt der Versicherungsmakler seine Aufklärungspflichten und Beratungs- pflichten, so muss er beweisen, dass der Schaden trotz Pflichterfüllung eingetreten wä- Versicherungsvermittler haben weitreichende Pflichten gegenüber ihren Mandanten – wie Gerichte immer wieder betonen. Die Redaktion stellt wichtige Urteile vor. Im Namen des Kunden Vor deutschen Gerichten werden wichtige Entscheidungen für den Arbeitsalltag von Versicherungsvermittlern gefällt. FONDS professionell stellt einschlägige Urteile des Bundesgerichtshofs und von Oberlandesgerichten vor. Die Anwälte Diese Juristen haben sich zu den im Artikel genannten Urteilen geäußert: • Björn Thorben Jöhnke und Jens Reichow, Kanzlei Jöhnke & Reichow, Hamburg, Tel.: 040/34 80 97 50, E-Mail: info@joehnke-reichow.de • Oliver Korn, GPC Law Rechtsanwaltsgesellschaft, Berlin, Tel.: 030/68 08 57 10, E-Mail: info@gpc-law.de • Matthias Kroll, Kanzlei Dr. Nietsch & Kroll, Hamburg, Tel.: 040/23 85 69 0, E-Mail: rechtsanwaelte@nkr-hamburg.de • Norman Wirth, Kanzlei Wirth Rechtsanwälte, Berlin, Tel.: 030/319 805 40, E-Mail: info@wirth-rae.de 412 www.fondsprofessionell.de | 2/2020 steuer & recht I ur teile

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