FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2020

Günther, der den Einsatz von künstlicher Intelligenz als konsequente Evolution her- kömmlicher Strategiemodelle betrachtet. Der Trycon-Fonds, der bereits 2013 auf ein KI-basiertes Management umgestellt wurde, kann in insgesamt 60 Millionen hochliquiden Märkten handeln und unter- scheidet sich laut Günther von traditio- nellen systematischen Modellen wie etwa Trendfolgesystemen durch eine Reihe von Faktoren. „Während die Datenbasis älterer Quant-Systeme auf nur relativ wenigen Einflussfaktoren fußt, kommen bei unse- rem System Tausende Einflussfaktoren zum Einsatz, und zwar als strukturierte Daten statt exotischer Datenquellen“, so Günther. Außerdem sei QuantMatrix in der Lage, auf Basis neuer Daten ständig hinzuzulernen, und sei nicht abhängig von großen Trends. Während der Turbulenzen des Corona-Crashs in den Monaten Fe- bruar und März habe der Fonds nicht nur im Verhältnis zum Aktienmarkt, sondern auch im Vergleich zu seiner Peers im Be- reich Liquid Alternatives eine deutliche Outperformance ausweisen können. Die nächste Entwicklungsstufe Die künstliche Intelligenz als die nächste Entwicklungsstufe des computergestützten Investierens hat auch Acatis-Gründer Hendrik Leber früh erkannt. Sein Haus bietet inzwischen drei Fonds an, die ent- weder ganz auf den Fondsmanager aus Fleisch und Blut verzichten oder KI zumin- dest für die Vorauswahl der für einen Fonds investierbaren Aktien nutzen. Letzte- res gilt etwa für den Acatis Global Value Total Return. Bereits seit Oktober 2016 wird der Fonds nur mit Titeln bestückt, deren Vorauswahl auf den Ergebnissen eines neuronalen Netzwerks basiert. Die Vorgabe war, Aktien zu identifizie- ren, die kurz-, mittel- und langfristig eine Outperformance erzielen können. Als Basis für das Training des Programms fungierte die Fundamentaldatenbank von Acatis, die Finanzdaten zurück bis in das Jahr 1986 enthält. Heraus kamen 1.300 Aktienvor- schläge, auf die anschließend die klassi- schen Acatis-Value-Filter angewandt wur- den. Zum Schluss erfolgte eine manuelle Prüfung, aus der ein Portfolio mit 50 gleichgewichteten Titeln entstand. Leber beschreibt das so: „Im Acatis Global Value Total Return gibt Acatis die Fahrtstrecke vor, die künstliche Intelligenz sitzt auf dem Beifahrersitz.“ Beim Oddo BHF Artificial Intelligence kommt die künstliche Intelligenz gewisser- maßen gleich doppelt zum Einsatz. Zu- nächst werden mittels eines KI-basierten Modells die aussichtsreichsten globalen Aktien mit Bezug zur KI-Thematik heraus- gefiltert. Die Basis dafür bildet die tägliche Analyse von Millionen von Daten – ganz gleich, ob es sich dabei um große bör- sennotierte Unternehmen handelt oder aber um kleinere Firmen, die unter dem Radar der Analysten fliegen. Anschließend kommt das hauseigene quantitative Modell Algo 4 zum Einsatz, das die Titel anhand der vier Faktoren Bewertung, Qualität, Momentum und Marktkapitalisierung fil- tert. „Auf diese Weise lässt sich das Anla- geuniversum auf 60 Titel eingrenzen, die aus Finanz- und Risikosicht das interessan- teste Profil aufweisen“, so Brice Brunas, der gemeinsammit seinem Kollegen Maxence Adjabi für den Fonds verantwortlich zeich- net. „Vor unseren Augen vollzieht sich eine leise Revolution, die die Gesellschaft und die Wirtschaft in allen Bereichen verändern wird“, sind die beiden von der wegweisen- den Bedeutung von KI überzeugt. Dass der Einsatz von künstlicher Intelli- genz im Management von Investment- fonds nicht mehr vernachlässigt werden darf, haben längst auch die Dickschiffe im Fondsgeschäft erkannt. Allianz Global Investors ist mit dem Allianz Global Arti- ficial Intelligence bereits im August 2017 auf das Thema aufgesprungen. Mit einem seitdem erreichten Fondsvolumen von rund 3,5 Milliarden Euro ist der Fonds mittlerweile zum Dickschiff der KI-Fonds in Deutschland avanciert. Verstärkung aus Großbritannien So viel Volumen hat die DWS mit dem 2018 aufgelegten und bisher knapp 560 Millionen Euro schweren DWS Invest Artificial Intelligence noch nicht erreicht. Vielleicht ist das einer der Gründe dafür, dass sich Deutschlands größte Fondsge- sellschaft vor Kurzem Verstärkung fürs KI- Thema ins Haus geholt hat. Die Fonds- gesellschaft hat eine Minderheitsbeteili- gung in Höhe von 24,9 Prozent an Ara- besque AI Ltd. erworben. Das britische Unternehmen fokussiert sich auf künst- liche Intelligenz, um mit der eigenen KI- Einheit die Entwicklung von Aktienkursen vorherzusagen. Mit dieser strategischen Partnerschaft will das Investmenthaus nach eigenen Angaben anspruchsvolle Anlage- lösungen entwickeln, die auf künstlicher Intelligenz basieren. HANS HEUSER FP » Die künstliche Intelligenz sitzt beim Acatis Global Value Total Return auf dem Beifahrersitz. « Hendrik Leber, Acatis MARKT & STRATEGIE KI-Fonds 154 fondsprofessionell.de 3/2020 FOTO: © AXEL GAUBE

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