FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2020

Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) ist der Spitzenverband der Immobilienwirtschaft. Vizepräsident Ulrich Höller zieht eine Pandemie-Zwischenbilanz und zeigt das Potenzial sowohl der Digitalisierung für die Immobilie als auch der Immobilie fürs Klima. D er ZIA bündelt die Interessen von 28 Verbänden und 37.000 Mitglieds- unternehmen. Der Immobilienwirtschaft kommt eine Schlüsselrolle in der deut- schen Volkswirtschaft zu. 2019 erbrachte sie ein Fünftel der Bruttowertschöpfung, weit mehr als der Automobilbau. ZIA-Vizeprä- sident Ulrich Höller ist aber alles andere als ein Funktionär oder Bürokrat. Er ist ein pragmatischer Vollblutunternehmer mit der Fähigkeit zu kritischer Re exion seiner Branche, wie die Redaktion von FONDS professionell in einem exklusiven Gespräch feststellen konnte. Herr Höller, wie hat sich die Immobilie aus Investorenperspektive in der Coronakrise denn bisher so geschlagen? Ulrich Höller: Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Transaktionsaktivität wieder aufge- nommen wurde, und man kann feststellen, dass erstklassige Produkte preislich mindes- tens so gut laufen wie vor Corona. Prime- Produkte sind jetzt sogar noch begehrter als zuvor. International betrachtet ist natür- lich eine große Verunsicherung zu spüren. Wie wirkt sich Corona auf die einzelnen Nutzungsarten aus? Die Büromärkte erweisen sich in der Breite grundsätzlich als recht stabil, die Vermie- tungsaktivitäten sind allerdings deutlich zurückgegangen. Das hat mit der enormen Unsicherheit zu tun, sowohl was die Aus- sicht der allgemeinen wirtschaftlichen Ent- wicklung in naher Zukunft betri t als auch imHinblick auf Abstandsregelungen oder Homeo ce und dadurch gegebenen- falls erhöhten oder verringerten Flächen- bedarf. Viele Vermietungsaktivitäten im Büromarkt wurden wegen der großen Unsicherheit verschoben. Und wie sieht es bei der Nutzungsart Woh- nen aus? Wohn äche gibt es nach wie vor viel zu wenig, und die Nachfrage ist größer als das Angebot. Die Preise für Wohnraum in den Ballungs- zentren sind laut StatistischemBundesamt gerade noch mal gestiegen. Ja, aber die Zahlen muss man schon objek- tivieren.Die Angaben beziehen sich immer auf das Vergleichsquartal des Vorjahres. Aber bis zum ersten Quartal dieses Jahres haben wir immer so deutliche Steigerun- gen gesehen, dass ein sinnvoller Vergleich eigentlich erst auf Basis der Zahlen in einem Jahr möglich ist. Dass jetzt noch Steigerun- gen gezeigt werden, hat ja logischerweise auch mit den enormen Steigerungen in der Vergangenheit zu tun. Dennoch: Woh- nen ist ein stabiler Markt. Ich erwarte da keine Einbrüche, rate aber dazu, Wachs- tumszahlen sehr bewusst zu analysieren. Es gibt aber auch Bereichemit großen Pro- blemen, den Einzelhandel zum Beispiel. Bei Einzelhandelsimmobilien halten sich Investoren derzeit komplett zurück. Der Bereich ist von allen am stärksten betro en. Da tri t natürlich auch vieles aufeinander: Die Corona-Restriktionen einerseits und die zunehmende Bedeutung des Handels übers Internet andererseits. „Corona als Chance für die Innenstädte begreifen“ » Die Immobilie hat seit der Finanzkrise 2008 in ihrer Bedeutung dramatisch zugenommen. « Ulrich Höller, ZIA SACHWERTE Ulrich Höller | ZIA FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH 204 fondsprofessionell.de 3/2020

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