FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2020

Hat der Einzelhandel da was verschlafen? Oder warum hat ihn die Krise so viel stär- ker gebeutelt als andere Bereiche? Corona und die damit verbundenen Re- striktionen, das muss man fairerweise sa- gen, waren nicht vorherzusehen. Aber die Entwicklung beispielsweise der Warenhäu- ser kränkelte vorher schon. Der Einzelhan- del steht vor einer vollkommenen Transfor- mation. Das hat weitreichende Konsequen- zen bis in die Stadtplanung hinein. Er- schwerend kam dann noch ein dramati- scher Anstieg der Mieten in ganz besonde- ren Lagen hinzu. Wir müssen die Corona- Auswirkungen auf den Handel und die an- gekündigten Schließungen der Warenhäu- ser als Chance für die Innenstädte begrei- fen. In der ö entlichen Diskussion und in der Politik muss ergebniso en über neue Wege und Konzepte der Innenstadtgestal- tung und Immobiliennutzung nachge- dacht werden.Welche Zukunft haben zum Beispiel Fußgängerzonen, sind sie noch zeitgemäß? Dazu gehört unter anderem, die Monostruktur des Konsums aufzubre- chen – neben dem Handel muss es Platz für Wohnen, Kultur, Freizeit, Gastronomie und Büro ächen geben. Werden Hotels wieder da anschließen kön- nen, wo sie Anfang des Jahres standen? Sicher nicht. Hotels, die sich überwiegend auf Geschäftsreisende und Messen speziali- siert haben, waren in vielen Städten die maßgeblichen Treiber des Hotelgesche- hens. Sie werden weiterhin erheblich lei- den, und es wird Preisrückgänge und gege- benenfalls auch Schließungen geben. Ho- tels der Zukunft müssen wesentlich breiter aufgestellt sein. Durch den jahrelangen Boom im Hotelmarkt kam es zu einer Überbauung und in der Folge zu einem harten Preiskampf. Ein paar Player werden sich wohl zurückziehen. Welchen Erfolg haben die Corona-Gesetze zu Kündigungsschutz und Stundungsmög- lichkeiten? Das Moratorium war zwar grundsätzlich eine nachvollziehbare und richtige Ent- scheidung. Der ZIA hat sich aber gegen eine Verlängerung ausgesprochen, weil die- se die Wiederbelebung der Wirtschaft ver- hindert hätte. Es gibt keine Kündigungen imWohnungsbereich, weil sich die Immo- bilienunternehmen vorbildlich verhalten. Es wäre also nicht mehr ausgewogen gewe- sen, diesen größten Eingri in die Privatau- tonomie beizubehalten. Unsere Mitglieder verhandeln mit ihren Mietern eigeninitiativ und direkt, und sie nden auch Lösungen, häu g Kombinationen aus Mietaussetzun- gen,Mietsenkungen und nicht selten auch Mietverzichte. In der Breite stellen wir fest, dass es zwischen Mietern und Vermietern eine gute, belastbare Kommunikationsbasis gibt. Was das Moratorium nicht berück- » Die Digitalisierung hat einen so großen Stellen- wert, dass sie über ein eigenes Ministerium gestaltet werden sollte. « Ulrich Höller, ZIA fondsprofessionell.de 3/2020 205

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