FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2020

Investitionen in Verkehrswege, Tele- kommunikation oder Anlagen der Wasserversorgung sind weitgehend unabhängig von Börsen- und Wirt- schaftszyklen. Deshalb können sie ein Portfolio stabilisieren. Systemrelevant anlegen Das Rückgrat einer Volkswirtschaft ist ihre Infrastruktur. Sie leidet aber weltweit unter Investitionsrückständen und fehlenden Geldmitteln. Das eröffnet interessante Investmentchancen. A nfang August dieses Jahres wurde nach zwei Jahren Bauzeit der Neubau der vormaligen Morandi-Brücke in Genua eingeweiht. ImAugust 2018 war die vielbe- fahrene Verkehrsachse eingestürzt, 43 Men- schen starben. Dass ihr kritischer Zustand schon Jahre vorher bekannt war, zeigt die Dimension des Dilemmas. Entweder es fehlt Geld oder der Wille – oder beides. Standortfaktor Eine Volkswirtschaft kann nur wachsen oder wenigstens ihren Status quo wahren, wenn ihre Versorgungsbahnen funktionie- ren: Verkehrswege, Energie- und Wasserver- sorgung – und ganz wesentlich: Kommu- nikationstechnologie (siehe die Übersichts- tabelle auf Seite 236). Eine funktionstüchti- ge Infrastruktur macht die Qualität eines Wirtschaftsstandorts aus. Beispielsweise konnte die deutsche Wirtschaft mit ihrer gut funktionierenden Infrastruktur Stand- ortnachteile wie ihr hohes Lohnniveau bis- her ganz gut kompensieren. Der Zustand der ö entlichen Infrastruk- tur ist seit vielen Jahren aber beständiges Thema der wirtschaftspolitischen Diskus- sion. „Es häufen sich Klagen über immer längere Staus auf den Autobahnen, über Funklöcher in der Netzabdeckung und den zu langsamen Aus- und Umbau der Energienetze“, sagt Klaus Schmidt, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Ludwig- Maximilians-Universität München. Er ist Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, der im Juli dieses Jahres ein Gutachten zum Reformbedarf der Infra- struktur in Deutschland vorgelegt hat. Seit Ende der 1990er-Jahre liegen die Investitionen des Bundes in Infrastruktur- anlagen unterhalb von 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Zuvor waren es deutlich über drei, in den 1980er-Jahren sogar mehr als vier Prozent. Entsprechend wächst der Investitionsrückstand. Für das Jahr 2019 hat ihn die Staatsbank KfW kürzlich auf 147 Milliarden Euro taxiert (siehe Gra k nächste Seite). „Es geht dringlich darum, die staatliche Investitionstätigkeit zu entfesseln“, fordert Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln. Er regt an, einen „Deutschlandfonds“mit 450 Milliar- den Euro auszustatten, um in den kom- menden Jahren der infrastrukturellen Her- ausforderung gerecht zu werden. Es ist allerdings kein allein deutsches Thema. Laut einer Schätzung der OECD wird der weltweite Infrastrukturbedarf bis 2030 auf 65 Billionen US-Dollar steigen. Strategische Allianzen Infrastrukturinvestments allein dem Staat zu überlassen, wird allerdings kaum einen Weg aus der Misere weisen. Denn die mas- » Steigende Schulden werden das Interesse der Staaten nach Public- Private-Partnership- Lösungen begünstigen. « Aaron Konrad, Scope SACHWERTE Infrastruktur FOTO: © KALYAKAN | STOCK.ADOBE.COM 232 fondsprofessionell.de 3/2020

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