FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 3/2020

Kunden halten ihrer Hausbank immer seltener die Treue . Denn digitale Ver- gleiche erleichtern die Suche nach Finanzprodukten. Zugleich lassen die Institute aber Chancen verstreichen, etwa im Fondsgeschäft. Offene Beziehung Die Erträge der Banken erodieren. Die Institute könnten imWert- papiergeschäft neue Einnahmequellen erschließen, tun sich damit bislang aber schwer. Zudem scheuen Kunden feste Bindungen. D ie Hemmschwelle sinkt. Immer mehr Banken erheben ein „Verwahrentgelt“ oder eine „Guthabengebühr“ für größere Summen, die auf Konten schlummern. Dass Banken zu diesem Schritt greifen, of- fenbart die Ertragsnot, in der Deutschlands Geldhäuser stecken. So versuchen die Insti- tute, Provisionseinnahmen zu steigern. Ne- ben den Verwahrentgelten kann ein Aus- bau des Wertpapiergeschäfts zusätzliche Einnahmen einspielen. Doch zugleich rin- gen die Geldhäuser mit einer grundlegen- den Veränderung des Marktes und des Kundenverhaltens: Sie gelten nicht mehr unangefochten als die erste Anlaufstelle in allen Finanzfragen. Eigentlich stehen die Chancen nicht schlecht für die Kreditinstitute, höhere Gebühren für ihre Dienste zu verlangen. Denn: „Die Preissensitivität insgesamt ist für Finanzdienstleistungen nicht gestiegen“, hält Oliver Mihm, Gründer und Vorstands- chef der Beratungsgesellschaft Investors Marketing, fest. „Aus Kundensicht wird alles teurer – in der Wahrnehmung auch Bankprodukte. Kunden haben akzeptiert, dass Bankdienstleitungen Geld kosten.“ Mihm stützt seine Aussagen auf die neueste Studie seines Hauses. Er und sein Team sondieren seit zehn Jahren regelmä- ßig die Stimmung unter Privatkunden von Finanzinstituten. Dazu befragten sie in der jüngsten Online-Erhebung im März 2020 deutschlandweit 2000 Menschen. Ein er- staunliches Ergebnis der Erhebung ist die Einstellung zur Kostenentwicklung. „Viele Kunden wären sogar mit weiteren Preis- erhöhungen einverstanden – sofern sie die dafür gebotene Leistung als gut wahrneh- men“, berichtet Mihm. „Deshalb gehen wir davon aus, dass Gebühren für Bankdienst- leistungen bis 2025 durchschnittlich um 30 Prozent erhöht werden können.“ Klientel abgewandert Die Analysten beobachteten zudem, dass die Gruppe der wohlhabenden, in Finanz- fragen gut informierten Kunden über die vergangenen zehn Jahre weitgehend zu Direktbanken gewechselt ist. „O ensicht- lich konnten Direktbanken die Bedarfe von Preisentscheidern sehr gut erfüllen und haben in den letzten Jahren Kunden dieses Segments gewinnen können“, erläu- tert Mihm. Genau diese Gruppe gehört laut Investors Marketing zu den preisemp- ndlichsten Kunden und macht rund 20 Prozent der Gesamtklientel aus. Dieser Anteil blieb über die vergangenen zehn Jahre allerdings gleich – ein grundlegender Trend zu immer mehr preissensiblen Selbstentscheidern sei also nicht absehbar. Allerdings erschüttert eine andere Ent- wicklung das Geschäftsmodell der Geld- häuser. Das Prinzip der Hausbank erodiert zusehends. „Lange Zeit galt für Banken und Sparkassen ein ausgeprägter Vertrau- ensvorschuss der Kunden. Andere Anbieter » Kunden haben akzeptiert, dass Bankdienstleitungen Geld kosten. « Oliver Mihm, Investors Marketing BANK & FONDS Wertpapiergeschäft FOTO: © UDRA11 | STOCK.ADOBE.COM 392 fondsprofessionell.de 3/2020

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