FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2020
die Unternehmensberatung McKinsey schon vor zwei Jahren, wenngleich noch mit einem recht visionären Unterton, dass eine neuartige Auswertung unkonventio- neller Daten immer relevanter würde, um Immobilienwerte und ihre Veränderungen nicht nur realistisch, sondern auch zeitnah einschätzen zu können. Qualitätsprofile von A bis Z Dazu zählten etwa Daten, die aus An- wohnerbefragungen gewonnen werden können, aus Signalen, die Mobiltelefone abgeben, oder von Internetportalen wie Yelp, die inzwischen längst nicht mehr nur Bewertungen von Restaurants sammeln, sondern Qualitätsprofile aller möglichen Dienstleistungen des täglichen Lebens, von der Autowerkstatt bis zum Zahnarzt. Sol- che Daten, heißt es in der Studie, würden bislang nicht als immobilienrelevant betrachtet. Führt man sie zielgerichtet zu- sammen, entstünden jedoch „hyperlokale Muster“, die Mikrostandorte einer Immobi- lie viel genauer darstellen und zum Beispiel Preissteigerungspotenziale recht genau vor- hersagen könnten. „Durch die systemati- sche Erfassung und Abbildung von kom- plexen Wechselwirkungen preisbeeinflus- sender Eigenschaften können wir zu ge- naueren Schätzungen künftiger Kaufpreise kommen als ein traditionelles Verfahren“, sagt Christian Crain, Geschäftsführer von Pricehubble, einem Anbieter von Big-Data- Analysen für Teilnehmer des Wohnimmo- bilienmarktes. Gutachten neuer Qualität „Künstliche Intelligenz kann der Immo- bilienwirtschaft Sicherheit inmitten der Unsicherheit geben“, beschreibt es Juri Ostaschov, Chief Data Scientist bei PREA, einem Anbieter digitaler Immobilienlösun- gen. Gebe es genügend Vergleichsobjekte, so wie an Deutschlands sieben großen Immobilienstandorten, seien auch her- kömmliche Gutachten sehr treffsicher. „Aber schon im Speckgürtel oder in Klein- städten wird es schwieriger, wenn es keine oder nur wenige ‚Comparables‘ und kaum Transaktionen gibt.“ Mit KI könnte man auch an solchen Standorten zumindest für Wohnimmobilien einen brauchbaren Überblick gewinnen, denn ihr Wert hänge erheblich von immobilienfremden – etwa sozioökonomischen – Daten ab. „Das gilt ähnlich auch für Gewerbeimmobilien.Der Mietpreis hängt sehr stark von den spezifi- schen Erfordernissen eines Unternehmens einerseits und seiner Finanzkraft anderer- seits ab“, sagt Ostaschov. PREA entwickle gerade ein KI-Instrument,mit demman zu belastbaren Bewertungen bestimmter Gewerbeimmobilien komme, ohne auf Objektdaten zurückgreifen zu müssen. Letztlich gehe es aber eigentlich nicht um die Frage, ob Gutachten immer noch genauer und „noch richtiger“ werden, schränkt Schenk ein. „Eine Abweichung zwischen einem gutachterlich ermittelten Verkehrswert und einem tatsächlich erziel- ten Kaufpreis wird es weiterhin auch mit noch so verfeinerten Methoden geben“, betont er. Der eigentliche Gewinn durch die technischen Möglichkeiten sei vielmehr darin zu sehen, dass sich Bewertungen viel schneller vornehmen lassen. „Eine Bank, die heute noch drei oder fünf Tage braucht, um ihre Finanzierungs- konditionen vorlegen zu können, ist nicht mehr wettbewerbsfähig, und Bewerter, die nicht entsprechend schnell ihre Gutachten zuliefern können, zunehmend auch“, ist Schenk überzeugt. Gleichwohl – und da- ran wird sich festmachen, ob sich mittels Big Data Analytics erstellte Gutachten durchsetzen – müssen die Ergebnisse be- lastbar sein, weil sie als Grundlage etwa von Finanzierungen oder Renditeberech- nungen taugen müssen. Neue Anforderungen Entsprechend ändern sich auch die Anforderungen an einen Gutachter. „Die Kernkompetenz des Gutachters der Zu- Susanne Hügel, CBRE: „Bei Datenanalysen mit KI geht es darum, Workflows zu vereinfachen und zu beschleunigen und somit die Effizienz zu steigern.“ Jochen Schenk, Real I.S.: „Eine Bank, die drei oder fünf Tage braucht, um ihre Finanzierungskonditionen vorzulegen, ist nicht mehr wettbewerbsfähig.“ » Wir erhöhen die Sicherheit im planerischen Umgang. « Christian Crain, Pricehubble SACHWERTE Immobilien FOTO: © CBRE, REAL I.S 204 fondsprofessionell.de 4/2020
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