FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2020

garantiefreie Produkte zu ersetzen. Den- noch muss ich einräumen, dass dieser Schritt uns nicht nur Vorteile gebracht hat. Was waren die Nachteile? Wir haben uns damit die Tür zur betrieb- lichen Altersvorsorge selbst zugemacht.Das war ein bedeutendes Geschäftsfeld, das uns seither natürlich fehlt. Dennoch war die grundsätzliche Entscheidung richtig. Wir haben viele Vertriebspartner davon über- zeugt und uns Stück für Stück in den Markt zurückgekämpft. Auch wenn – wie eingangs erwähnt – geringere Garantien im Neugeschäft schon heute eher die Re- gel als die Ausnahme sind: Der Anteil von Produkten, die wie unsere komplett auf entsprechende Absicherungen verzichten, liegt seit Jahren bei gerade einmal acht oder neun Prozent. Auch wenn der Anteil im dritten Quartal deutlich angestiegen ist, sagt mir das, dass die freie Kapitalanlage im Versicherungsmantel bei vielen Marktteil- nehmern noch nicht vorankommt. Wie lässt sich das ändern? Die Kommunikation von großen Versiche- rern wie Allianz und Ergo wird sicher in gewisser Weise den Weg ebnen, die Nach- teile von hohen Garantien aufzuzeigen. Es geht jetzt darum, Vertrauen zu gewinnen, und zwar sowohl das der Kunden als auch das der Vermittler. Es ist durchaus verständ- lich, dass Verbraucher die Sorge haben, dass ein Versicherungsprodukt ohne Garantie zu wenig Sicherheit bietet. Und es ist bis- her leider noch nicht auf breiter Basis ge- lungen, diese Sorgen zu zerstreuen. Da müssten Sie natürlich am ehesten bei Ihren Vermittlern ansetzen. Das tun wir auch. Wir liefern Argumente, die unsere Vertriebspartner in die Lage ver- setzen, durch eine gute Aufklärung auf die Sorgen und Nöte ihrer Kunden optimal zu reagieren. Die Basis dafür ist durchaus vor- handen, wie die Fondspolicen-Umfrage von FONDS professionell gezeigt hat. Dem- nach ist ein sehr hoher Anteil von rund 80 Prozent der freien Berater durchaus invest- mentaffin und sagt garantiefreien Produk- ten eine große Zukunft voraus. Wollen Sie sagen, dass Vermittler zwar die Sinnhaftigkeit von garantielosen Produkten verstanden haben, es aber im Kunden- kontakt noch nicht umsetzen? Wenn Sie so wollen. Ich würde das aber nicht als Vorwurf verstehen wollen, denn natürlich sollen sich Kunden mit der ge- wählten Lösung auch wohl fühlen. Den- noch ist es so, dass eine Umfrage des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung schon vor zwei Jahren ergeben hat, dass Berater zwar überwiegend Produkte mit Garantien verkaufen, in ihrem Verwandten- und Freundeskreis aber eher Produkte ohne Garantien empfehlen. Das Bewusst- sein dafür, dass der Garantie-Hemmschuh nicht in allen Situationen wirklich zielfüh- rend sein kann, ist also vorhanden. Viele wissen nur nicht, wie sie ihren Kunden erklären sollen, dass Volatilität oder Kapital- marktrisiken im Grunde einigermaßen beherrschbar sind, wenn man sie richtig einschätzt und lernt, damit umzugehen. Weil es nicht reicht, mit einigen simplen Grafiken zu zeigen, dass Risiken bei der Aktienanlage mit zunehmender Anlage- dauer immer stärker abnehmen? » Im Neugeschäft sind geringere Garantien schon heute eher die Regel als die Ausnahme. « Christian Nuschele, Standard Life fondsprofessionell.de 4/2020 225

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