FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2020

So reicht’s fürs Gericht Wer ohne Rechtsschutzversicherung eine Lebenspolice rück- abwickeln möchte, hat oft ein Problem. In diesem Fall können Vermittler ihre Kunden auf eine Prozessfinanzierung hinweisen. J obverlust, Trennung oder Krankheit: Das Leben bringt zuweilen Unwägbar- keiten mit sich, die eine zusätzliche Finanz- spritze erforderlich machen. So ist es auch bei Sabrina Köster, die gerade eine Schei- dung hinter sich hat und ihren echten Namen lieber nicht in der Presse lesen möchte. Da das Geld im Moment alles andere als locker sitzt, würde die pharma- zeutisch-technische Assistentin gern eine Lebensversicherung rückabwickeln, die sie im Jahr 1998 abgeschlossen hat. „Ich bin aber nicht sicher, ob die Vor- aussetzungen dafür erfüllt sind“, sagt sie. Prüfen müsste das ein Anwalt, ohne den sie im Ernstfall auch nicht vor Gericht ziehen könnte. „Weil ich aber keine Rechtsschutzversicherung habe, traue ich mich nicht“, erklärt sie. Denn für den Fall, dass sie den Prozess verlieren sollte, bliebe sie auf den Kosten sitzen. Vergütung für Vermittler Für Köster könnte es eine Idee sein, sich an einen Prozessfinanzierer zu wenden. Solche Unternehmen strecken sämtliche Kosten vor, die bei einer außergerichtlichen Eini- gung oder beim Gang vors Ge- richt anfallen.Nur im Erfolgsfall zwacken sie von der Summe, die dem Kunden zufließt, einen ge- wissen Teil ab. Für Vermittler kann es sich lohnen, ihre Klientel bei ei- ner gewünschten Policenrückab- wicklung auf die Möglichkeit einer Pro- zessfinanzierung hinzuweisen. Gelingt die „Rolle rückwärts“, stärkt das die Kunden- bindung. Oft winkt auch noch eine Vergü- tung seitens des Finanzierers. „Für eine Rückabwicklung kommen grundsätzlich Lebensversicherungen infra- ge, die zwischen dem 21. Juli 1994 und dem 31. Dezember 2007 abgeschlossen wurden“, sagt Hans-Peter Schwintowski, Professor am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels-, Wirtschafts- und Europa- recht an der Humboldt-Universität zu Berlin. Bei dem in diesem Zeitraum gän- gigen Policenmodell unterschrieb der Versicherungsnehmer in spe den Antrag für die Police, der Versicherer schickte ihm diese einige Zeit später zu – zusam- men mit der Widerrufsbelehrung. Dazu war er gemäß Paragraf 5a des alten Versicherungsvertragsgesetzes (VVG a.F.) verpflichtet. Auf immer und ewig „Es kam jedoch vor, dass Versicherer neuen Kun- den keine oder eine fehlerhafte Wider- rufsbelehrung zu- sandten“, erklärt Schwintowski. Nach der geltenden euro- päischen Recht- sprechung und eini- gen Grundsatzurteilen des Bundesgerichtshofs (BGH) ist für solche Fälle ein ewiges Widerspruchsrecht vorgesehen (siehe Kasten nächste Seite). Relativ einfach ist die Sache, wenn gar keine Widerrufsbeleh- » Rückabwicklungen kommen auch für schon abgelaufene Verträge in Betracht. « Hans-Peter Schwintowski, Humboldt-Universität zu Berlin FONDS & VERSICHERUNG Prozessfinanzierung FOTO: © JAGUARDO | STOCK.ADOBE.COM, HUMBOLDT-UNIVERSITÄT ZU BERLIN 242

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