FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2020

Bitte? Sind diese Zeiten nicht längst vorbei? Nein. Keine Plattform ist heute schon voll- kommen digital. Corona hat aber immer- hin ein Umdenken bewirkt. Den Aus- schlag gab die Flut an Anträgen im zwei- ten Quartal. Nach dem Corona-Crash gab es bei einigen Depotbanken bis zu zehn- mal so viele Depoteröffnungen wie in nor- malen Zeiten. Trotz Sonderschichten ka- men die Mitarbeiter mit der Bearbeitung nicht mehr nach. Es hat mitunter sechs bis sieben Wochen gedauert, bis ein Depot er- öffnet war. Die Situation hat zu heftigen Beschwerden der Berater geführt, die keine Fondsplattform ein zweites Mal erleben möchte. Seitdem wird das Thema Digitali- sierung mit Nachdruck betrieben. Und dann wird die papierlose Beratung endlich Realität sein? Nein, der komplette Verzicht auf Papier wird so schnell nicht kommen. Die Frage ist ja auch, ob der Kunde das überhaupt möchte.Nach wie vor gibt es viele, die sich nicht irgendwo einloggen wollen, um einen Fondskauf zu bestätigen. Für diese Klientel wird es auch noch weiterhin Pa- pierformulare geben – und das ist auch völlig in Ordnung. Diese Kundengruppe wird früher oder später aber wohl bereit sein müssen, ein paar Euro je Transaktion zu bezahlen, während der digitale Weg zur Depoteröffnung kostenlos bleibt. Ziehen die Berater selbst denn bei der Digitalisierung mit? Sagen wir es so: Es ist mitunter mühsamer, als man denkt. Jeder arbeitet ja grundsätz- lich gern in gewohnten Abläufen, und jede Veränderung stößt auf Widerstand, weil man die eigene Komfortzone verlassen muss. Das ist in der Finanzberatung nicht anders. Wir sehen aber, dass jene Berater, die die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, deutlich effizienter und produkti- ver sind. Bei unserem digitalen Formular- center hat es gut drei Jahre gedauert, bis die Mehrheit unserer Partner die Veränderun- gen wirklich angenommen hat.Mittlerwei- le, so meine Wahrnehmung, ist die große Mehrheit glücklich über die Möglichkei- ten, die wir ihnen damit bieten.Man kann nicht in der Neuzeit ankommen wollen, ohne Veränderungen in Kauf zu nehmen und sich in seiner Arbeitswelt anzupassen. Das funktioniert nicht! Wir zwingen unse- re Partner nicht mit der Brechstange zur Digitalisierung, wir geben ihnen aber den- noch zunehmend deutlich zu verstehen, dass dieser Wandel nicht aufzuhalten ist. Wandel ist ein gutes Stichwort: Wandelt sich Fondsnet immer mehr vom klassi- schen Maklerpool zum Infrastrukturdienst- leister für Großkunden? Nein, wir sind in erster Linie ein Makler- pool und arbeiten für den Erfolg unserer Partner. Das ist nach wie vor unser Kernge- schäft und wird es auch bleiben.Wenn wir aber unsere IT-Expertise und unsere Soft- ware, die wir für unsere Berater entwickelt haben, anpassen und auch anderen Markt- teilnehmer zur Verfügung stellen, diversi- fizieren wir unsere Ertragsquellen. Diese Risikostreuung bringt uns Stabilität und unseren Partnern die Gewissheit, dass wir unseren Service in ihrem Sinne weiterent- wickeln können. Selbst wenn der Gesetz- geber morgen die Bestandsprovision ein- kassieren würde, sind wir in der Lage, gemeinsam mit unseren Partnern Alter- nativen zu finden und in neue Lösungen zu investieren. Allein darum geht es. Ich möchte, dass Fondsnet auch in den kom- menden 25 Jahren zu den führenden Ser- vicegesellschaften für unabhängige Berater und Finanzdienstleister im Markt zählt. Und dafür haben wir noch einiges vor. Vielen Dank für das Gespräch. BERND MIKOSCH FP » Wir zwingen unsere Partner nicht mit der Brechstange zur Digitalisierung. « Georg Kornmayer, Fondsnet KURZ-VITA: Georg Kornmayer Mit 17 Jahren gründete der „IT-Autodidakt“, wie er sich selbst bezeichnet, eine Softwarefirma. Über einen Auftrag für einen Vermittler lernte Georg Kornmayer dann Fondsnet kennen – und blieb bei dem Maklerpool hängen. Mittlerweile gehört der 39-Jährige fast 15 Jahre zur Geschäftsführung. VERTRIEB & PRAXIS Georg Kornmayer | Fondsnet FOTO: © CORNELIS GOLLHARDT 264 fondsprofessionell.de 4/2020

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