FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2020

Die Leitzinssätze Libor, Eonia und Co. stehen vor der Ablöse. Daher hievt die Finanzbranche Anleihen, Kredite sowie Fonds und andere Papiere imWert von Hunderten Billionen US-Dollar auf neue Indizes um. Das große Umheben Nach den Manipulationen von Geldmarktsätzen werden die Indizes auf eine neue Basis gestellt. Bei der kniffligen Umstellung kommen Asset Manager, Banken und Versicherungen voran. D ie Aufgabe ist gewaltig: Ende 2021 steht die Ablöse der London Inter- bank Offered Rate, kurz Libor, durch neue Geldmarktsätze an. Neben dem Libor, der in fünf Währungen berechnet wird, steht auch der Euro-Geldmarktsatz Eonia vor dem Aus. Fallen diese Sätze als Referenz weg, wird den entsprechenden Wertpapie- ren die Basis entzogen.Dies betrifft Kredite, Anleihen oder Derivate. Finanzinstrumente mit einem nominal ausstehenden Volu- men von rund 370 Billionen US-Dollar müssen auf eine neue Basis gehoben wer- den, so eine Schätzung des Finanzstabili- tätsrats der Bank für Internationalen Zah- lungsausgleich. Auch Fondsgesellschaften sind von die- ser Reform betroffen. Denn die Portfolio- manager greifen auf Anleihen oder Finanz- derivate zurück, die an einen der Leitsätze gekoppelt sind. Oder die Fonds selbst mes- sen ihre Wertentwicklung anhand dieser Maßstäbe – und berechnen die erfolgs- abhängigen Gebühren danach. Libor und Eonia werden Zug um Zug durch neue Indizes ersetzt. Für den Euroraum gilt künftig etwa €STR (Euro Short-Term Rate) als neue Leitmarke. Bei dieser Herkulesaufgabe liegt der Großteil der Banken, Fondsgesellschaften und Versicherer im Plan. Dies ergab eine weltweite Umfrage der Ratinggesellschaft Moody’s unter 85 Finanzdienstleistern (sie- he Grafik folgende Seite). „Die Umstellung der Geldmarktsätze verläuft weitgehend nach Plan. Die Covid-19-Pandemie verur- sachte kaum Verzögerungen“, sagt Stefan Kahandaliyanage, Analyst der Ratinggesell- schaft Moody’s. Alle Unternehmen gaben bei der Abfrage zu Protokoll, zumindest ein Konzept entworfen zu haben. Bei einer ähnlichen Moody’s-Umfrage vor einem Jahr hatten nur zwei Drittel der Banken sowie lediglich ein Drittel der anderen Fi- nanzdienstleister einen Plan parat. Großer Altbestand In den Bürotürmen steht dennoch viel Arbeit an. Die Geldhäuser geben schritt- weise Schuldverschreibungen mit neuen Referenzen aus. „Der Großteil der Anlei- henemissionen, die sich auf die neuen Leit- sätze stützen, stammt aus dem Banken- bereich“, berichtet Kahandaliyanage. So haben der Umfrage zufolge bereits 60 Pro- zent der Banken Schuldverschreibungen mit variablem Zinssatz auf Basis der neuen Referenzen emittiert. Im vergangenen Jahr waren es lediglich 20 Prozent. „Nur wenige Vertreter aus dem Nicht-Banken-Teil der Finanzdienstleister wie Versicherer oder Asset Manager haben entsprechende Bonds emittiert. Ähnlich sieht das auch bei Finanzderivaten aus“, hält der Analyst fest. Dennoch würden sowohl Banken als auch Nicht-Banken immer noch erhebli- che Bestände an Wertpapieren aufweisen, die in irgendeiner Form an die alten Geld- » Die Umstellung der Geldmarktsätze verläuft weitgehend nach Plan. « Stefan Kahandaliyanage, Moody’s VERTRIEB & PRAXIS Libor-Ablöse FOTO: © FEDERICO ROSTAGNO | STOCK.ADOBE.COM 348 fondsprofessionell.de 4/2020

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