FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2020

marktsätze gebunden sind, berichtet der Moody’s-Mann. Der New Yorker Experte ist überzeugt, dass die immense Aufgabe zu stemmen ist. „Die Umstellung ist für mehrere Jahre angesetzt. Im Zuge dessen werden immer wieder Anreize gesetzt, um die Emission von Finanzprodukten anzu- regen, die auf neuen Benchmarks fußen“, so Kahandaliyanage. Schwerwiegende Manipulation Notwendig geworden war die Aus- tauschaktion wegen der schwerwiegenden Manipulationen, die seit 2011 ans Licht kamen. Zahlreiche Banken, die zur Fest- setzung der Referenzsätze beitragen, hatten falsche Daten gemeldet. Behörden weltweit verhängten daraufhin Bußgelder in Höhe von fast zehn Milliarden US-Dollar. Meh- rere Händler wurden zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt. Zudem beschlossen die Regulierer eine umfassende Reform. Neue Messlatten wie €STR für den Euroraum, SONIA für das britische Pfund, SOFR für den US-Dollar oder SARON für den Schweizer Franken sollen weniger anfällig für Manipulationen sein. Der Unterschied dieser Indizes zu ihren Vorläufern: Sie beruhen nicht mehr auf Meldungen einer relativ kleinen Zahl von Instituten, sondern auf echten Transaktio- nen verschiedener Akteure im Geldmarkt. Damit soll ein Betrug schwerer fallen. Fondsgesellschaften trifft die Umstellung der Leitsätze wie eingangs erwähnt auf verschie- denen Ebenen. Zum einen investieren ihre Portfoliomana- ger in Papiere, die sich auf die vor der Ablöse stehenden Sätze stützen. „Asset Manager kön- nen die Bedingungen der Wertpapiere prüfen, in die sie investieren. Dabei sollten sie sicherstellen, dass dort klar und entsprechend der Marktgepflo- genheiten geregelt ist, welche Ausweich- barometer in Kraft treten“, erläutert Kahan- daliyanage. Auf der anderen Seite kann sich mit der Umstellung auch der Vergleichs- index eines Fonds ändern. „Dies kann gegebenenfalls auch erfolgsabhängige Gebühren betreffen, die an das Übertreffen einer Benchmark geknüpft sind“, erläutert der Analyst. „Hier sollten die Asset Ma- nager natürlich ebenfalls Vorkehrungen treffen.“ Erhebliches Volumen Die Beratungsgesellschaft Oliver Wyman kalkulierte auf Basis von Morningstar-Da- ten, dass neben Geldmarkt- und Anleihen- fonds insbesondere Misch- und alternative Fonds einen der drei Leitsätze Libor, Eonia oder Euribor als Messlatte nutzen. So ist bei Geldmarktfonds ein verwaltetes Ver- mögen in Höhe von 451 Milliarden Dollar betroffen. Bei Anleihen sind es 255 Milliar- den Dollar, bei Mischfonds 182 Milliarden und bei alternativen Strategien 176 Milliar- den Dollar. Zudem fließen die Geldmarkt- sätze im Hintergrund in Risikomodelle oder Wertberechnungen ein. Außerdem nehmen Asset Manager selbst Geld über Anleihenemissionen auf, die an einen der Leitsätze gekoppelt sein können. „Zwar fallen in dieser Branche die Investitionsausgaben für gewöhnlich nicht sehr hoch aus“, erläutert Kahandaliyanage. „Dennoch stecken Fondsanbie- ter etwa ‚Seed Money‘ in neue Fonds, um diese zu testen, bevor sie breiter vertrieben werden.“Weiterhin könne ein Ausbau des Vertriebs oder eine Ausschüttung an die Eigner so finanziert werden. „Der Groß- teil der Einnahmen aus Anlei- henemissionen von Asset Ma- nagern dient aber zur Finanzie- rung von Übernahmen“, hält der Rating-Experte fest. So müssen die Fondsanbieter kräf- tig zupacken, damit all ihre be- troffenen Bereiche rechtzeitig den Umzug zu neuen Leitsät- zen abgeschlossen haben. SEBASTIAN ERTINGER FP Großer Fortschritt Wie weit die Finanzwelt bei der Libor-Umstellung ist* Banken, Versicherungen und Asset Manager sehen sich bei der Umstellung der Geldmarktsätze zu neuen Leitbarometern auf Kurs. *Umfragenunter75 (2019)und85 (2020)Finanzdienstleisternweltweit |Quelle:Moody’s InvestorsService 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 2020 2019 Libor-Umstellung im Plan Libor-Umstellung in Verzug 77 % 23 % 52 % 48 % » Asset Manager sollten sicherstellen, dass klar geregelt ist, welche Ausweichbarometer in Kraft treten. « Stefan Kahandaliyanage, Moody’s VERTRIEB & PRAXIS Libor-Ablöse FOTO: © MOODY’S 350 fondsprofessionell.de 4/2020

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