FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2020

„Wir müssen präsent sein!“. Aber präsent sein heißt nicht, lediglich ein Schild aufzu- stellen. Präsent sein bedeutet, in der Region für unsere Mitglieder und Kunden zu agie- ren und dort auch zu beraten. In den letz- ten 20 Jahren ist den meisten Banken der Wille und das Können verloren gegangen, Kundengeschäft zu machen und Mitarbei- ter für den Vertrieb auszubilden. Wie erlebten Sie die unterschiedlichen Kulturen, als Sie von der Citibank zur Volks- bank gewechselt sind? Viele Kollegen von beiden Seiten meinten, dass der Wechsel nicht funktionieren kann: Ein amerikanisch geprägter Hardseller geht zur Schläfertruppe, den „Gummistiefelban- kern“. Aber ich wurde ja durch meine Spar- kassenzeit geprägt.Und ich nahm das Beste aus beiden Welten mit. Das war von der Citibank die sehr systematische Herange- hensweise im Vertrieb und von der Spar- kasse die Nähe zu den Menschen. Beides setzen wir hier in der Volksbank um. Für die älteren Mitarbeiter bedeutete dies sicherlich einen Kulturwandel, da gab es anfangs auch gewisse Sorgen und Vorbe- halte. Aber mittlerweile haben auch senio- rige Mitarbeiter Spaß daran, weil sie froh sind, dass ihnen jemand erklärt, wie man mit Freude auf Kunden zugehen kann. Hier im Haus coachen zwei Mitarbeiter den Filialvertrieb. Beide stammen aus unse- rem eigenen Vertrieb und unterstützen unsere Mitarbeiter bei der Kundenanspra- che – das ist authentisch. Ein externer Coach ist irgendwann wieder weg, dann verfällt der Berater nach drei Wochen wie- der auf alte Muster. Unsere Vertriebstrainer sind immer da und coachen unsere Mitar- beiter kontinuierlich. Sie setzen aufWachstum, auchwas die Be- legschaft anbelangt. Derzeit sucht Ihr Haus 25 neue Mitarbeiter, darunter acht Privat- kundenbetreuer. Bei gegenwärtig rund 315 Mitarbeitern bedeutet dies eine beachtliche Quote. Andere Häuser bauen eher Personal ab. Was müssen die neuen Kollegen mit- bringen? Ist eine Banklehre Vorausset- zung? Für den Service ist es tatsächlich manch- mal besser, wenn man keine Banklehre hat, sondern aus dem Einzelhandel, der Hotel- lerie oder der Gastronomie stammt.Natür- lich müssen die Bewerber schon ein ver- nünftiges Basisauftreten und -wissen besit- zen. Alle, die bei uns betriebsfremd im Ser- vice anfangen, erhalten eine Zusatzausbil- dung,mit der sie den Abschluss Bankkauf- frau oder -mann nachholen. Dies sieht auch das Wertpapierhandelsgesetz vor.Wir stellen neben Berufsanfängern aber bei- spielsweise auch die 58-jährige erfahrene Kassiererin ein, die bei einer Großbank ih- ren Job verloren hat. ImÜbrigen leben wir auch hinsichtlich der Beschäftigtenstruktur unser Motto: „Vielfalt ist unsere Heimat.“ Bei uns arbeiten Menschen aus 26 verschie- denen Nationen. Dies ist für eine Volks- bank ungewöhnlich – im positiven Sinn. Corona hat dieWelt imGriff. Zum Interview sind wir beide mit Masken erschienen, uns trennt eine Wand aus Plexiglas. Wie geht Ihr Haus mit der Pandemie um? Wir haben alle Mitarbeiter bereits ab dem 11. März auf die Filialen aufgeteilt, auch Backoffice-Mitarbeiter.Wenn ein Team aus- gefallen wäre,wären wir immer handlungs- fähig gewesen. Auch derzeit gibt es ein Team, das auf Abruf bereitsteht. Nach Reinigung der betroffenen Filiale könnte es bereits am nächsten Tag dort starten.Die Hygieneregeln halten wir sehr genau ein. Wir haben sehr früh auf den Spuckschutz im Kassenbereich gesetzt und frühzeitig für alle Mitarbeiter ausreichend Masken bestellt. Und wie stand es um Ihre Toilettenpapier- vorräte? Davon hatten wir auch genug. Unsere Mit- arbeiter waren froh, wenn sie mal eine Rol- le mit nach Hause nehmen konnten. Eine » Wir zählen zu den größten Vertriebs- partnern von Union Investment. « Rainer Mellis, Volksbank Düsseldorf Neuss BANK & FONDS Rainer Mellis | Volksbank Düsseldorf Neuss FOTO: © CORNELIS GOLLHARDT 372 fondsprofessionell.de 4/2020

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