FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2020

Anekdote: Eine ältere Kundin beklagte in einem Vermögensberatungstermin, dass sie kein Toilettenpapier mehr hätte und auch alle Supermärkte ausverkauft seien. Darauf- hin gab ihr der Berater drei Rollen aus Bankbeständen mit. Die Kundin lief mit dem Toilettenpapier freudestrahlend über die Königsallee und zeigte es stolz. Im Nachhinein empfahl sie uns drei neue Kunden! Wie wirkt sich die Pandemie auf Ihre Wachstumspläne aus? Im letzten Jahr ist beispielsweise Ihr Provisionsergebnis um sieben Prozent gestiegen. Wir sind eine der ganz wenigen Banken, die selbst während des Lockdowns alle Filialen mit Vollbesetzung geöffnet hatten. Mitarbeiter, die sich Sorgen machen oder zu einer Risikogruppe gehören, können von zu Hause aus arbeiten. Viele Mitbe- werber schlossen ihre Filialen. In dieser Zeit gewannen wir neue Kunden und ge- nerierten neues Geschäft. Unser Geschäfts- modell als Hausbank mit der Präsenz vor Ort brachte uns auch während Corona Wachstum. Im Kreditbuch hatten wir bereits im Oktober das Ergebnis des ge- samten Vorjahres übertroffen. Die Kunden honorieren, dass wir da waren und sind. Zum Investmentgeschäft: Vertreiben Sie ausschließlich Fonds von Union Investment? Oder bieten Sie eine offene Produktpalette? Aktiv vertreiben wir ausschließlich Fonds von unserem Partner Union Investment. Wenn wir Kundendepots einziehen, verwal- ten und beobachten wir die Fremdfonds über die Attrax-Plattform. Auf ausdrückli- chen Kundenwunsch kaufen wir aber auch Fonds von anderen Gesellschaften. Wenn wir es versicherungstechnisch betrachten würden, wären wir Alleinvermittler. Auch bei „Mein-Invest“, dem Robo-Advisor aus dem genossenschaftlichen Verbund, ma- chen wir nicht mit.Wir bieten imÜbrigen das günstigste Onlinedepot einer Filialbank in Deutschland an: Wir nehmen 9,90 Euro pro Trade, egal was Sie kaufen. Damit wer- ben wir aber nicht, weil wir ja Filialbank sind.Das läuft nebenbei,weil diese Kunden uns ja nicht brauchen. Bei uns steht die persönliche, bedarfsgerechte Beratung im Vordergrund, und wir fahren damit seit Jahren sehr erfolgreich. Wir zählen zu den größten Vertriebspartnern von Union Investment, obwohl wir von der Größe der Bank nur um Platz 150 der Volks- und Raiffeisenbanken-Rangliste liegen. Welche Dividende möchten Sie Ihren Mit- gliedern für dieses Jahr ausschütten? Das wird derzeit heiß diskutiert. In Vor-Co- rona-Zeiten schütteten wir drei Prozent aus. Aufgrund der Bafin-Empfehlung erwogen wir zunächst, keine Dividende auszukeh- ren, jetzt schlagen wir zwei Prozent vor. Dies können wir im Hinblick auf unseren Geschäftsverlauf und die von der Bafin auf- gestellten Regularien auch in Zeiten von Corona gut vertreten. Bei zwei Prozent können weder die Aufsicht noch unsere Vertreter meckern. Die Aufsichtsbehörde argumentiert, dass wir als genossenschaft- liche Banken unter anderem nicht aus- schütten sollen, damit andere Institute nicht stigmatisiert werden. Das ist für mich ein klarer Eingriff in unser Geschäftsmo- dell. Dabei betont die Aufsicht immer, dass sie sich nicht in die Geschäftsmodelle der Banken einmischen will. Die Bafin sollte sich mal ein wenig an die eigene Nase fas- sen, warum ihre Mitarbeiter bemerkens- werterweise mit Wirecard gezockt haben. Dafür habe ich keinerlei Verständnis. Vielen Dank für das Gespräch. MARCUS HIPPLER FP » Wir hatten selbst während des Lockdowns alle Filialen mit Voll- besetzung geöffnet. « Rainer Mellis, Volksbank Düsseldorf Neuss KURZ-VITA: Rainer Mellis Rainer Mellis begann seine Karriere bei der Stadtsparkasse Oberhausen. Danach wechselte er zur Citibank, wo er Füh- rungsverantwortung im Vertrieb übernahm. Im Jahr 2002 startete er als Generalbevollmächtigter bei der Volksbank Düsseldorf Neuss, 2004 wurde er in den Vorstand berufen. Seit 2011 führt er das Institut als Sprecher des Vorstands. BANK & FONDS Rainer Mellis | Volksbank Düsseldorf Neuss FOTO: © CORNELIS GOLLHARDT 374 fondsprofessionell.de 4/2020

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