FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2020

rend der diese Vorschüsse zurückgezahlt werden müssen, wenn der Kunde vorzeitig kündigt. Ansprüche auf die Erteilung eines Buchauszugs gemäß Paragraf 87c Absatz 2 HGB verjähren nach drei Jahren. Bei stren- ger Anwendung der Verjährungsvorschrift, so der Jurist, wäre der Anspruch auf Buch- auszug also verjährt, ohne dass der An- spruch auf die Provision im Hinblick auf die Haftungszeit überhaupt entstanden wäre. Der BGH hat aber klar geregelt, dass die Verjährung erst beginnt, wenn letztma- lig über die Provision abgerechnet wurde. „Dies dürfte in den meisten Fällen erst mit Ende der Haftungszeit sein. Bei einer fünf- jährigen Haftungszeit würde dann der Buchauszug über acht Jahre zu erteilen sein“, argumentiert Behrens. Kein pauschaler Einbehalt der Stornoreserve OLG Karlsruhe, 13. 9. 2017 Az. 15 U 7/17 Auch in diesem Streitfall ging es um die Durchsetzung von Ansprüchen auf Provisionen: Eine Handelsvertre- terin war für einen Finanzvertrieb tätig ge- wesen. Von den erzielten Provisionen wur- den ihr 90 Prozent ausbezahlt, die restli- chen zehn Prozent wurden einbehalten und auf ein Stornoreservekonto gebucht. Das Geld wurde, wie der Name des Kon- tos ahnen lässt, zur Rückzahlung von Pro- visionen bei stornierten Policen verwendet. Zum Schluss war die Summe dort fünfstel- lig. Nach ihrer Kündigung wollte die Ver- mittlerin sie ausbezahlt haben.Der Vertrieb weigerte sich. Es ging vor Gericht – und das OLG gab ihr recht. „Nach der Beendi- gung eines Handelsvertretervertrags kön- nen Unternehmen die Stornoreserve nicht pauschal einbehalten, sondern müssen die Gründe konkret darlegen“, kommentiert Rechtsanwalt Tim Banerjee aus Mönchen- gladbach das Urteil. „Das bedeutet, es trägt die Beweislast und muss für jeden einzel- nen Rückforderungsanspruch die konkre- ten Gründe darlegen und sie gegebenen- falls auch beweisen können. Die Darle- gungslast gilt imGrundsatz für alle Positio- nen ab Vertragsbeginn.“ Unkorrekte Kündigung des Handelsvertretervertrags OLG München, 26. 10. 2017, Az. 23 U 1036/17 Der Fall ist kurios: Ein Handelsver- treter schickte eine E-Mail an den Geschäftsführer der Vertriebsgesell- schaft, für die er tätig war. In dieser erklärte er, aus Altersgründen das aktive Tagesge- schäft für Neuvermittlungen einstellen, je- doch seine bestehenden Kunden weiterhin betreuen zu wollen. Die Gesellschaft fasste das als Kündigung auf. Im Rahmen einer Klage des Vermittlers auf Zahlung von Pro- visionen entschied das OLG dann, dass aus der bloßen Einstellung der Tätigkeit keine Beendigung des Handelsvertretervertrags geschlussfolgert werden könne. Das Han- delsvertreterverhältnis bestand unverändert fort. „Vielmehr bedarf es auch in einem sol- chen Fall einer ausdrücklichen Kündigung einer Partei“, erklärt Jens Reichow. Vertreter trägt Darlegungslast für Relevanz bestimmter Daten OLG Hamm, 14. 5. 2018, Az. 18 U 85/17 Erneut geht es um Buchauszüge: Nach Beendigung einer Zusammen- arbeit klagte ein Handelsvertreter auf Bucheinsicht zur Feststellung von Zah- lungsansprüchen. Das OLG gab dem statt, die Gesellschaft musste ihm eine Reihe an Daten liefern. Allerdings stellte das OLG auch fest, dass der Vertreter darlegen muss, warum er einzelne Informationen braucht – er trägt laut Banerjee die Darlegungslast für deren Provisionsrelevanz. „Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm ist für freie Handelsvertreter zwar ungünstig, aber von großer Relevanz und in seiner praktischen Bedeutung nicht zu unterschätzen“, betont der Anwalt aus Mönchengladbach. Provisionsansprüche bei dynamischen Lebenspolicen BGH, 20. 12. 2018, Az. VII ZR 69/18 Der BGH musste sich mit der Frage befassen, welche Provisionsansprü- che ein Vertreter gegen seinen frühe- ren Auftraggeber geltend machen kann, für den er „dynamische“Lebensversicherungen vermittelt hatte, also Policen, deren Versi- cherungssumme sich in regelmäßigen Zeit- abständen erhöht – und so auch die Provi- sionen. Das Urteil ist Banerjee zufolge han- delsvertreterfreundlich ausgefallen. Vermitt- le ein Vertreter solche Policen, gehen die Erhöhungen auf die Vermittlungstätigkeit bei Abschluss des Versicherungsvertrags zu- rück. Sie sind gemäß Paragraf 92 Absatz 2, Absatz 3 Satz 1 und Paragraf 87 Absatz 1 Satz 1 HGB im Zweifel provisionspflichtig. „Der BGH hat in dem Zusammenhang auch für Recht erkannt, dass ein Versiche- rungsvertreter auch nach seinem Ausschei- den Anspruch auf diese Dynamikprovisio- nen hat“, so der Jurist. JENS BREDENBALS FP » Der BGH stellte klar, über welchen zeitlichen Umfang der Vertreter Anspruch auf einen Buchauszug hat. « Kai Behrens, Kanzlei Behrens fondsprofessionell.de 4/2020 417

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