FONDS professionell Deutschland, Ausgabe 4/2020

W ährend Europa auf einen düsteren Winter zumarschiert und trotz der Nachrichten über einen möglicherweise funktionierenden Impfstoff keine Verbesserung der Corona-Pande- mie in Sicht ist, erfährt man, dass in Fernost eines der größten Wirtschaftsabkommen der Welt ge- schlossen wurde. Mit der Regional Comprehen- sive Economic Partnership wird etwa ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung erfasst, wobei sich der Vertrag vom Handel über Investitionen bis zu Urheberrechtsregelungen erstreckt. China bindet damit die größten Asean-Staaten sowie Japan, Australien und Neuseeland enger an sich. Der europäische Handelsraum ist in etwa gleich groß wie der neue asiatische Wirtschaftsraum; was die Dynamik betrifft, spielt Asien aber in einer anderen Liga. Ein Beispiel dafür ist die E-Commerce-Plattform Pinduoduo, die erst fünf Jahre alt ist. 2015 gegründet, liegt ihr Umsatz mittlerweile bei rund fünf Milliarden US-Dollar und die Börsenbewertung schon bei mehr als 100 Milliarden US-Dollar.Das Erfolgsgeheimnis des Firmengründers Colin Huang, der in den USA studierte und danach bei Google arbeitete, besteht darin, dass sich Konsumenten über eine Smartphone-App zu Käufergruppen zusammenschließen, um auf diese Weise bessere Preise zu bekommen. Das System ermöglicht auch kleineren Händlern die Teilnahme beziehungswei- se bindet Erzeuger direkt an, wodurch der Handel ausgeschaltet wird.Das Konzept folgt nicht dem üblichen E-Commerce-Schema, wie man es etwa von Amazon kennt, sondern beinhaltet eine Viel- zahl spielerischer und sozialer Elemente,wodurch die Anwender die App häufiger und länger nutzen. Und das funktioniert so gut, dass Pinduoduo monatlich mehr als 500 Millionen User hat. Europas erfolgreichste E-Commerce-Plattform ist? Richtig: Amazon. Auch das Scheitern des Börsengangs der Ant Group gibt zu denken. Anfang November wurde das IPO des chinesischen Zahlungsdienstleisters abgesagt, wobei die Begründung – „Änderungen im aufsichtsrechtlichen Umfeld“ – wenig Infor- mation über die tatsächliche Ursache lieferte. Nach Einschätzung von Fachleuten war es die Größe dieses neuen Unternehmens, die Chinas Politik auf den Plan rief, denn das geplante Volu- men des Börsengangs lag bei mehr als 34 Mil- liarden US-Dollar, was einer Marktkapitalisierung von mehr als 300 Milliarden US-Dollar entsprochen hätte – in etwa der Wert von J.P. Morgan. Und dass das IPO abgesagt wurde, heißt nicht, dass es nie stattfinden wird. Gemessen am Umsatz ha- ben laut Fortune-Liste 200 der 500 größten Unternehmen der Welt ihren Sitz in Ostasien, die USA und Europa stellen je 138. Ange- sichts dieser Zahlen erscheint es vernünftig, die Gewichtung von Aktienportfolios zu überprüfen und für den Fall, dass Asien darin kaum oder nicht vorkommt, über Anpassungen nachzudenken. Ray Dalio, der den größten Hedgefonds der Welt lenkt, tut derzeit übrigens genau das. Er kündigte jüngst an, „einen bedeutenden Teil“ des Bridgewater-Portfolios in China investieren zu wollen. Über geeignete Produkte und Strategien können Sie sich am 10. und 11. Mai am 20. FONDS professionell KONGRESS in Mannheim informieren. FP Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi Gerhard Führing, Mamdouh El-Morsi Das Gewicht Asiens Wer Asien und hier vor allem China in den Kundenportfolios nicht oder kaum berücksichtigt, sollte über eine Neugewich- tung nachdenken. MEINUNG Brief der Herausgeber 4 fondsprofessionell.de 4/2020 FOTO: © MARLENE FRÖHLICH | LUXUNDLUMEN

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